Obwohl Wladimir Putin immer die Stärke seiner eigenen Armee anpreist, stellt sich im Ukraine-Krieg heraus, dass die russische Armee mehr marode als intakt ist und die Durchschlagskraft der Streitmacht nur begrenzt funktioniert. Veraltetes Material, schlecht gelaunte und unterbezahlte Soldaten, logistische Probleme bei Versorgung und Materialnachschub, begrenzte Zielgenauigkeit und schlecht ausgerüstete Kampfpanzer: die russische Übermacht stellt sich mehr und mehr als wankender Riese da. Der Mythos der Unbesiegbarkeit bröckelt und im eigenen Land formieren sich Widerstände gegen den russischen Imperialismus. Das alles untergräbt die Moral und führt zu Frustration und Hoffnungslosigkeit.
Ein angeschossenes, wildes Tier ist am gefährlichsten, heißt es nicht umsonst unter Jägern, denn dann sind sie unberechenbar in ihrer Verzweiflung. Das gilt auch für den Zustand des russischen Militärs, das im Ukraine-Konflikt und im Eroberungsfeldzug viele Defizite offenbart. Während des Vormarsches bleiben viele Fahrzeuge einfach liegen, waren zu schlecht gewartet oder mit minderwertigen chinesischen Ersatzteilen ausgerüstet. Auch Treibstoff ist nicht genügend vorhanden, die Versorgung der Truppen ist nicht logistisch ausgereift und führt zu Engpässen. Dadurch können ukrainische Truppen zurückschlagen und den Feind zurückdrängen. Die vollmundigen Sätze Putins: „Niemand wird gegen uns kämpfen wollen,“ wie er es in der Vergangenheit des Öfteren posaunt hat, verklingen ungehört und sind ohne Substanz. Die offensiven Waffensysteme, „wie sie die Welt noch nicht gesehen habe, und die Moskau besitze“, sind offenbar Produkte der Fantasie. Atomwaffen und modernste Waffen sind zwar vorhanden, aber der Kreml offenbart überall Probleme, die Systeme geordnet einzusetzen und im großen Stil aufzubieten. Man darf nicht vergessen, das ehemalige Zarenreich ist wirtschaftlich geschwächt, die Bevölkerung auf dem Land hungert und nur in den Großstädten kann man von normalem Leben sprechen. Da bleibt zu wenig Potenzial, um gleichzeitig einen geordneten Angriffskrieg zu führen. Die Defizite versucht die Armee durch Brutalität und durch die Dezimierung der Zivilbevölkerung in der Ukraine auszugleichen. Erbärmlich und planlos, denn auch die russischen Panzer sind zum Großteil marode, werden notdürftig aufgerüstet und sind dennoch machtlos gegen die modernen Panzer-Abwehrwaffen, die die Verbündeten an die Ukraine liefern.
Die Armee besteht hauptsächlich aus Berufssoldaten und Soldaten, die eine 12-monatige Wehrpflicht ableisten. Die meisten Wehrtauglichen, die eigentlich in der Armee Dienst tun müssten, haben sich freigekauft, denn das Land am Don soll komplett korrupt sein. Ein Problem der Armut. Wer Geld hat, kauft sich vom Wehrdienst frei. Trotz alledem steht Putin mit dem Rücken zur Wand und verrennt sich weiter in die fixe Idee, dass er die Ukraine einnimmt und sein Reich vergrößern kann, während der Rest der Welt tatenlos zusehen muss. Die vielen Sanktionen werden ihre Wirkung zeigen und dann muss man sehen, ob der Despot seine Niederlage akzeptieren kann, oder ob er noch ein letztes AS im Ärmel hat. Denn die Russen haben längst gemerkt, dass die Ukraine über Topp-Waffensysteme verfügt, modern und vom Westen geliefert, und dass die Moral der Truppe viel besser ist als die der Russen. Außerdem, so sagt es das „International Institute of Strategic Studies“, hat sich der Verteidigungshaushalt der Ukraine zwischen 2018 und 2020 von 2,5 auf über 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erhöht. Und auch bei der Truppenstärke wurde massiv nachgebessert. Nun sind 196.000 Soldaten sowie 102.000 Truppen der Nationalgarde im Einsatz. Dazu warten 900.000 Reservisten auf einen möglichen Dienst. Und viele Menschen aus der Zivilbevölkerung wurden als Freiwillige mit Waffen zur Verteidigung des Landes ausgestattet. Damit hatte der Kreml nicht gerechnet, und aus dem „Spaziergang“ eines Einmarsches wurde ein zäher Kampf Mann gegen Mann – wie in schlimmsten Zeiten des 2. Weltkriegs, als Deutschland in Russland einmarschierte und sich im Häuserkampf aufgerieben hatte. Schon 2014 waren die Russen in die Ost-Ukraine einmarschiert und hatten sich nicht um Deeskalation oder Waffenruhe gekümmert. Daher muss man auch jetzt, oder gerade jetzt, darauf achten, dass sich der verwundete russische Bär nicht in eine Verzweiflungstat flüchtet. Nur mit Diplomatie und Entgegenkommen scheint da etwas machbar zu sein, um Putin nicht wie den totalen Verlierer aussehen zu lassen.