Aufgrund der russischen Invasion verlassen mehrere Hunderttausend Menschen die Ukraine. Auch in Deutschland suchen sie Schutz. Doch warum müssen sie kein Asylverfahren durchlaufen – und wer soll die Kosten überhaupt stämmen?
Laut der UN-Flüchtlingshilfsorganisation UNHCR sind es mittlerweile fast zwei Millionen Menschen, die in die Nachbarländer der Ukraine flüchteten. Nach Angaben von Migrationsforscher Gerald Knaus, sei es die „am schnellsten wachsende Flüchtlingskrise in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg“. Dieser behauptet, dass die Zahl der Flüchtenden womöglich auf zehn Millionen ansteigen wird. Zwar hält sich das deutsche Bundesministerium mit Prognosen zurück, doch Schätzungen zufolge könnten 225.000 Menschen in Deutschland Schutz suchen.
Mittlerweile sollen es schon ca. 50.000 Kriegsflüchtlinge sein, die in Deutschland registriert sind – verlässliche Zahlen gibt es aber nicht. Aber weil keine Grenzkontrollen stattfinden, wird die eigentliche Zahl sehr viel höher sein. Bürgermeisterin Giffey warnt aber vor dem Menschenzufluss in Berlin: „Berlin schafft das nicht allein“. Letztlich waren es täglich 10.000 Menschen, die in Berlin eintrafen. Da Männer zwischen 18 und 60 Jahren die Heimat nicht verlassen dürfen, sind es vorrangig Mütter mit Kindern, die in Deutschland eintreffen.
Welche Kontrolle gibt es?
Große Sorgen haben bereits die mangelnden Kontrollen bei der Registrierung von Flüchtlingen 2015 bereitet. Bislang dürfen Staatsbürger der Ukraine visafrei in die EU einreisen. Reguläre Grenzkontrollen gibt es noch nicht, laut Innenministerium kontrolliert die Bundespolizei aber verstärkt die östlichen Binnengrenzen. Faeser begründet die Kontrolllosigkeit mit „einer völlig anderen Situation als 2015“. Bei den Registrierungen an der Grenze gibt es bis jetzt noch kein einheitliches System. Deshalb fordert die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPoIG) mehr reguläre Kontrollen an deutschen Grenzen zu Polen und Tschechien.
Flüchtlingsverteilung in der EU
Ein Ergebnis über einen Verteilungsschlüssel gibt es laut Faeser bis heute nicht. Die Verteilung der Flüchtlinge in der EU scheint also kein drängendes Problem zu sein. „Wenn die Aufnahme so funktioniert“, so Faeser, dann sei der Verteilungsschlüssel einfach nicht notwendig. In welchen EU-Staat die Ukrainer Zuflucht suchen, können sie bisher selbst entscheiden. „Ich glaube, dass jetzt innerhalb der Europäischen Union die Menschen aus der Ukraine vor allem dorthin gehen, wo sie viele Freunde, Verwandte und Bekannte haben“, sagte Faeser.
Diesen Schutz erhalten Flüchtlinge in Deutschland
Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine müssen nicht wie in den vorigen Flüchtlingskrisen ihre Schutzbedürftigkeit beweisen. Als Lehre aus dem Jugoslawienkrieg 1990 wurde eine EU-Richtlinie beschlossen, die für den Fall eines Zustroms von Vertriebenen gedacht war. Sie soll verhindern, dass Asylbehörden belastet werden. Diese Richtlinie gilt also nun statt des klassischem „Dublin-Verfahren“, welches festlegte, dass Menschen in dem Land einen Antrag auf Schutz stellen müssen, das sie als erstes betreten haben.
Der Schutz in Deutschland gilt zunächst für ein Jahr, kann aber zwei weitere Jahre verlängert werden.
Wer soll die Kosten übernehmen?
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund erwartet, dass Bund und jeweilige Länder komplett für die Versorgung der Flüchtlinge bezahlen und dringt auf schnelle Hilfen. In Gemeinschaftseinrichtungen und Wohnungen kümmern sich Kommunen darum, dass Unterbringungsmöglichkeiten geboten werden. Zusätzlich prüft der Bund, ob weitere Immobilien kostenfrei als Flüchtlingsunterkünfte fungieren könnten. Darüber hinaus schlug Landsberg vor, dass die Geflüchteten in das System der Grundsicherung aufgenommen werden: „Dann erhalten sie Sozialhilfe, Krankenversicherung, Hilfen für Kitas und Schulen sowie für die Arbeitsmarktintegration.“ Die Kosten für die Grundsicherung soll großteilig der Bund tragen. Denkbar sei auch eine Verteilung nach dem Königsteiner Schlüssel – hier werden die finanziellen Lasten unter den Bundesländern geregelt.