Waffenlieferungen an die Ukraine sollte es nicht geben, stellte Kanzler Scholz (SPD) während der Eskalation durch Russland heraus. Die deutschen Verteidigungspolitiker haben aber klare Vorstellungen, wenn sich die westlichen Staaten mehrheitlich anders entscheiden sollten.
Fast schon unrealistisch schien der drohende Konflikt einige Stunden vor der Rede von Wladimir Putin. Auf die Frage, was mit den 5000 versprochenen Helmen sei, antwortete der Sprecher des Verteidigungsministeriums am Montagmittag in der Bundeskonferenz beinahe lakonisch: „Die Helme stehen schon seit mehreren Tagen zur Abholung bereit. Wir warten auf ein Zeichen der ukrainischen Regierung, wohin sie die Helme geliefert haben möchten.“
Die Lage verschärfte sich aber rasant. Nun ist die Wahrscheinlichkeit für einen Einmarsch russischer Truppen so hoch wie nie zuvor. So wird auch die Debatte über Waffenlieferungen in Deutschland erneut befeuert. Die 5000 versprochenen Helme sind bisher noch nicht beim Adressaten angelangt. Dabei macht der Einmarsch Russlands die Lieferung nicht wahrscheinlicher, sondern unwahrscheinlicher.
Kanzler Scholz lehnt die Waffenlieferungen ab
„Jeder ist gefragt, nach seinen Fähigkeiten seinen Beitrag zu leisten. Deutschlands Rolle ist dabei nicht die Lieferung von Waffen. Das könnte der russischen Propaganda nur ungewollt Nahrung bieten“, so Ulrich Lechte, außenpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion. Es wird klar, dass bei der Abwägung nicht die militärischen Interessen der Ukraine, sondern die Bedrohungsängste der Russen im Vordergrund stehen. Bereits in den vergangenen Wochen hatten die Erwägungen eine wichtige Rolle gespielt. Bisher wurden die Waffenlieferungen mit dem Hinweis abgelehnt, dass man keine Waffen in Krisengebiete schicke, wenn es heißt, dass der Minsker Friedensprozess auf diese Weise gefährdet werden könnte. Ein zentrales Argument gegen die Waffenlieferung entfällt aber in Anbetracht, dass Putin den Minsk-Prozess durch die Anerkennung der Separatistenregionen aufkündigte.
Olaf Scholz sträubt sich aber weiterhin. „Das, was wir machen, ist die ökonomische und wirtschaftliche Resilienz der Ukraine zu stärken, indem wir unverändert der größte finanzielle Stabilisator der Ukraine sind. Und das werden wir auch bleiben“, sagte er.
Daraufhin äußerte sich Sara Nanni, Sprecherin für Sicherheit, Frieden und Abrüstung der Grünen-Fraktion im Interview mit der WELT: „Wichtig ist, weiter mit großer Geschlossenheit und Entschlossenheit gemeinsam zu agieren. Wir können mit skalierten Sanktionen zeigen, dass das russische völkerrechtswidrige Verhalten Konsequenzen hat. Eine neue unnötige Debatte über Waffenlieferungen durch Deutschland steht nicht an.“
Von der größten Oppositionspartei kommt dabei kein Widerspruch. „Die Union als Opposition wird die Bundesregierung unterstützen, sowohl bei der Erarbeitung einer geeinten Position der europäischen Staaten zusammen mit Großbritannien und den USA, wie auch bei der Umsetzung des gestuften Sanktionsplans“, sagte der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter.
Was könnte die Bundeswehr liefern?
Großbritannien und die USA sind weniger reserviert, wenn es um die Vereinbarung geht, Waffen zu liefern. Das deutsche Nein zu diesen Lieferungen ist ein großer Haken an der Beschwörung der Einheit des Westens. Medienberichten zufolge forderte die Ukraine bereits defensive Waffensysteme in Berlin an. Dazu sollen unter anderem Flugabwehr-Raketensysteme, Anti-Drohnen-Gewehre, elektronische Ortungssysteme, Überwachungskameras und Munition gehören.
Auch wenn ihre Vertreter die Debatte über die Waffenlieferungen für höchst unangebracht halten, wird sie die Diskussion nicht loslassen. Denn ob eine Waffe potenziell tödliche Folgen hat oder nicht, wird nicht nur in der Schlacht, sondern auch in der Politik entschieden. Zusätzlich ist die Bundeswehr nicht in der Lage die Forderungen zu erfüllen. Die Munitionsdepots der Bundeswehr sind nur knapp befüllt und die Bestände der von der Ukraine angeforderten Panzerabwehrraketen sind auch erschöpft. Darüber hinaus ergibt die Lieferung von einigen Systemen schlichtweg keinen Sinn. In der Bedienung dieser, müssten die ukrainische Soldaten geschult werden.
Es hatte also Gründe, warum die ukrainische Anfrage zur Lieferung von Waffen einzig und allein mit dem Angebot von 5000 Helmen beantwortet wurde.