Eine Analyse von Forschern bestätigt, wie problematisch die soziale Plattform Instagram für junge Nutzer sein kann. Dabei soll es scheinbar nur ein Fake-Account auf Instagram brauchen und ein paar Fotos einer dürren Frau, um Hunderte Follower zu generieren.
Zählbare Rippen und abgemagerte Körper – viele Frauen, weit unter Normalgewicht, präsentieren sich mit diesen Fotos auf Instagram. Durch das Hochladen der Bilder glorifizieren sie den radikalen Gewichtsverlust, der am Ende sogar in einer Magersucht enden kann. Eine genaue Analyse der Organisation Reset.tech zeigt, dass Instagram die problematischen Körperbilder noch vorantreibe. Reset.tech ist eine Initiative, die sich vor allem für eine strikte Überprüfung der großen Technologie-Konzernen einsetzt.
Mit einem vorab angelegten Testprofil haben Datenanalysten herausgestellt, dass Nutzern verstärkt Profile angezeigt werden, die Essstörungen und Magersucht idealisieren. Dafür erstellten die Analysten ein besonderes Profil – eine extrem dünne fiktive Nutzerin. Über die Biografie wurde angegeben, dass die Nutzerin auf der Suche nach „Thinspiration“ sei. Gemeint ist die Inspiration um Dünner zu werden.
Das Ergebnis der Analyse zeigt, dass selbst nachdem die fiktive Nutzerin einzig und allein einem Profil aus diesem Bereich gefolgt hatte, Instagram trotzdem automatisiert weitere, ähnliche Profile angezeigte.
Essstörungen könnten mehr werden
Schon ohne viel Aktivität auf dem Profil, konnte der Testaccount nach wenigen Wochen Hunderte Abonnenten aus demselben Bereich verbuchen. Am Ende der Testphase hatte sich die Followerschaft sogar versiebenfacht. Dieses Phänomen interpretierten die Analysten als Hinweis, dass Instagram den Account pro-aktiv anderen Nutzern vorschlage.
Auch der sogenannte Discovery Tab, also die Seite auf denen Nutzer und Nutzerinnen neue Inhalte ansehen können, hat sich auf dem Testaccount stark gewandelt. Hier konnten die Analysten ebenfalls Inhalte sehen, die Magersucht idealisieren.
Folgen von Essstörungen sind nicht harmlos
Laut Experten ist die Magersucht eine der tödlichsten psychischen Krankheiten. Etwa zehn bis 15 Prozent der Erkrankten sterben an den Folgen der Essstörung. Dabei fanden Experten heraus, dass überwiegend junge Mädchen in der frühen Pubertät betroffen sind. Zusätzlich sinke der Altersdurchschnitt aber immer weiter. Obwohl die Plattform Instagram einige Schutzmechanismen eingebaut hat, vermehren sich die Inhalte über Essstörungen radikal. Seit neustem können in der Szene beliebte Hashtags, wie #proana – pro Magersucht, oder #probulemia – also pro Ess-Brechsucht nicht ohne weiteres mehr gesucht werden.
Die Magersucht muss dabei nicht durch Social Media, oder von Instagram ausgelöst werden – die Bilder könnten bei extrem jungen Frauen, die ohnehin an einer Essstörung leiden, die Symptome verstärken.
„Pro Ana Coaches“
Der Testaccount wurde nach einiger Zeit von einem selbsternannten „Pro Ana Coach“ angeschrieben. Dabei handelt es sich um „Pro Magersucht Coaches“, die vorgeben beim weiteren Abnehmen zu helfen. Es sind vor allem Männer, die dabei im Gegenzug Nacktbilder von den Nutzerinnen verlangen. Instagram meldete sich zu Wort und gibt an, gegen diese Coaches vorzugehen. Viele solcher Accounts wurden dabei gemeldet – eine Reaktion daraufhin gab es allerdings nicht.
Bemühungen seitens Instagram
Das Unternehmen Instagram teilte auf Anfrage mit, dass sie zwischen Juli und September diesen Jahres schon gegen 3,5 Millionen Inhalte in Bezug auf Suizid, Selbstverletzung und Essstörungen vorgegangen sind. Davon sind 97 Prozent der Beiträge pro-aktiv von Instagram gefunden worden, bevor sie jemand anderes gemeldet hat.
„Wir nehmen die Themen mentale Gesundheit und Essstörungen sehr ernst. Deshalb haben wir unsere Gemeinschaftsrichtlinien in Zusammenarbeit mit ausgewiesenen Experten zu diesen Themen aus der ganzen Welt entwickelt.“, so Instagram-Sprecher Alexander Kleist
Instagram-Chef muss sich vor dem US-Kongress verantworten
Whistleblowerin Frances Haugen thematisierte erneut, ob und inwiefern Instagram Kindern und Teenagern schadet. Jetzt muss sich Instagram-Chef Adam Mosseri vor dem US-Kongress verantworten.
Der Kongress untersucht derzeit, wie sich das soziale Netzwerk auf die Gesundheit von jungen Nutzerinnen auswirkt. In einem Post kündigt der Konzern eine Liste von Maßnahmen an, die Instagram weniger anfällig machen soll. Darunter zum Beispiel eine Funktion für Eltern, um die Zeit, die ihre Kinder auf Instagram verbringen, zu begrenzen.