Die Corona-Wirtschaftshilfen sollen verlängert werden, so lautet die Forderung des FDP-Generalsekretärs Volker Wissing. Auch die Bundesregierung plant eine Verlängerung der Hilfen. Doch Ökonomen warnen vor möglichen Auswirkungen.
Die aktuellen Corona-Hilfen gehen bis Ende September 2021. Eine Verlängerung wird vielerseits gefordert. Solange es für die Wirtschaft Corona-Auflagen gebe, brauche es auch Überbrückungsgelder, sagte Wissing im Deutschlandfunk. Bisher gibt es Kurzarbeitergeld, direkte Zahlungen, Überbrückungsgelder, Neustarthilfe, Neustarthilfe plus und Überbrückungshilfe plus. Unternehmen erhalten inzwischen bis zu 10 Millionen Euro monatlich, wenn sie durch die Pandemie Umsatzeinbußen verzeichnen. Hinzu kommt die Kostenübernahme des Staates für Personal, wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus der Kurzarbeit zurückgeholt oder neu eingestellt werden. Selbständige erhalten inzwischen monatliche Zuschüsse in Höhe von 1500 Euro und somit 250 Euro mehr als ursprünglich anberaumt war.
Sowohl Finanzminister Olaf Scholz (SPD) als auch Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) haben sich für eine Verlängerung der Corona-Wirtschaftshilfen ausgesprochen, um den Mittelständlern weiterhin unter die Arme zu greifen. Auch Wissing beteuert, dass Unternehmen der Lage „in dieser eingeschränkten Situation“ nicht allein Herr werden könnten. Doch nicht nur Unternehmens-, sondern auch Aufbauhilfen für die von der Flutkatastrophe betroffenen Gebiete sollten durch umfangreiche Hilfen aufgefangen werden. Hier seien enorme Hilfen notwendig. Um diese unbürokratisch zu organisieren, müssten gesetzliche Regelungen angepasst werden. Seine Forderung: Eine Sondersitzung des Bundestags. „Ich habe null Verständnis dafür, dass man jetzt wieder anfängt, die Sachen in einer Ministerpräsidentenkonferenz zu diskutieren, die letztlich ja gar keine Gesetzgebungskompetenz hat. Der Bundestag ist der richtige Ort, um hier zu sagen, das ist eine Katastrophe nationalen Ausmaßes, wir helfen mit einer sicheren gesetzlichen Regelung“, so Wissing in dem Interview mit Deutschlandfunk.
Doch nicht alle sind für eine Verlängerung der Corona-Hilfsprogramme. Für Ökonomen ist klar, dass die Politik den Mittelstand unterstützt, wenn der Betrieb Corona-bedingt eingeschränkt ist. Allerdings waren die Hilfen nur als Übergangsplan vorgesehen. Nach rund eineinhalb Jahren Pandemie und Lockdown handelt es sich jedoch keinesfalls mehr um eine temporäre Lösung. Hinzu kommt außerdem, dass sich das Konsumverhalten der Menschen im letzten Jahr stark gewandelt hat. Produkte werden inzwischen überwiegend online bestellt und auch ohne Lockdown und Testpflicht im Einzelhandel, kaufen die meisten Verbraucher lieber im Internet ein. Geschäftsreisen werden durch Zoom-Meetings ersetzt, was sich stark auf die Flug-, Hotel- und Eventbranche auswirkt. Bei vielen Unternehmen und Geschäftsmodellen ist nun fraglich, ob sie nach der Pandemie überhaupt noch gebraucht werden. Ökonomen warnen davor, „dass wir Unternehmen am Leben erhalten, die wegen des Strukturwandels eigentlich nicht mehr überlebensfähig sind“, erklärte Timo Wollmershäuser, Leiter Konjunkturforschung am Münchener Ifo-Institut und fügte hinzu: „Wir verhindern, dass die Ressourcen – Kapital wie Mitarbeiter – in zukunftsträchtigen Bereichen eingesetzt werden können.“ Für die Volkswirtschaft sei dies laut Wollmerhäuser keine gute Entwicklung.
Es wird befürchtet, dass immer mehr Zombies entstehen. Dabei handelt es sich um Unternehmen, die sich aus unterschiedlichen Gründen noch am Markt halten, obwohl ihre Einnahmen über einen längeren Zeitraum niedriger sind als die Zinskosten, die sie für ihre Kredite bezahlen müssen. Die Wirtschaftsauskunftei Creditreform schätzte, dass etwa jedes sechste Unternehmen in Deutschland ein solcher Zombie werden könnte. Doch „durch die massiven staatlichen Hilfen kann sich die Zahl der gefährdeten Unternehmen nochmals um 50.000 bis 100.000 Unternehmen erhöhen“, teilte Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter Wirtschaftsforschung von Creditreform, mit. Der Grund laut Hantzsch: „Die Politik überschwemmt den Markt gerade mit Liquidität. Mit ökonomischer Rationalität hat das nichts mehr zu tun.“
Seit Beginn der Corona-Pandemie sind über 114 Milliarden Euro in Corona-Hilfsprogramme investiert worden, wovon 48 Milliarden Euro nicht zurückgezahlt werden müssen. Obwohl der Mittelstand mit Betriebsstopps zu kämpfen hat, ist die Zahl der Insolvenzanmeldung in Relation zum Vorjahr sogar zurückgegangen. „Statt der knapp 16.000 Insolvenzen im vergangenen Jahr hätten es eigentlich rund 20.500 sein müssen“, so Wollmershäuser. Der Grund dafür sind die zahlreichen Corona-Hilfen, die die Unternehmen auffangen.
Wissing sieht als einzigen Ausweg eine schnelle Durchimpfung. „Wir brauchen so schnell wie möglich eine Herdenimmunität, damit die Auflagen aufgehoben werden können und die Wirtschaft sich wieder dem Wettbewerb stellen muss“, erklärte Wissing im Deutschlandfunk.