Die Regierung will Solaranlagen auf Hausdächern verpflichtend machen und die Dämmvorschriften weiter verschärfen. Im Rahmen des Sofortprogramms zur Erhöhung der Klimaschutzanstrengungen in Deutschland plant die Bundesregierung die Einführung einer Pflicht für eine PV- oder Solarthermieanlage.
Die Bundesregierung diskutiert darüber, eine Pflicht für Solardächer bei Neubauten und Dachrenovierungen einzuführen. Ziel ist es, die Standards für Neubauten deutlich zu verschärfen, wie aus dem Entwurf des „Klimaschutz-Sofortprogramms 2022“ hervorging. Aktuell befindet sich der Plan noch in der Ressortabstimmung.
Der Entwurf sieht konkret vor, dass auf allen Neubauten Solarmodule verbaut werden müssen. Auch wer sein Dach umfassend saniert, soll eine Photovoltaikanlage installieren müssen, hieß es weiter. Das Sofortprogramm sieht zudem vor, dass neue Häuser mehr Energie sparen müssen. Das sogenannte Effizienzhaus 55 (EH-55-Standard) würde demnach von 2023 an zum Neubaustandard für alle Gebäude werden. Zwei Jahre später solle dann der EH-40 -Standard folgen. Ein Neubau dürfte dann nur noch 40 Prozent der Primärenergie eines Referenzhauses verbrauchen. Das Erreichen dieses Standards war den Hausbauern bislang immer freigestellt – nun nicht mehr. Zu Bestandsgebäuden hieß es in dem Entwurf, dass aus den Förderprogrammen der Bundesrepublik ab 2023 keine fossilen Heizungen mehr eine Förderung erhalten. Der EE-Mindestanteil geförderter Hybridlösungen erhöhe sich hingegen ab 2025 auf mindestens 55 Prozent.
Teil des Klimaschutz-Entwurfs sind auch Änderungen für die Förderung effizienter Wärmenetze. So sollen die bisher vorgesehenen Finanzmittel des mit dem Klimaschutzprogramm 2030 beschlossenen neuen Förderprogramms BEW zur Transformation fossiler Wärmenetze zwischen 2022 und 2027 aufgestockt werden. In den geförderten Wärmenetzen soll die Wärme zu mindestens 50% aus nachhaltigen erneuerbaren Energien kommen oder Abwärme nutzen. Die Aufstockung der Mittel diene der Vergrößerung der Reichweite des Programms und reize weitere CO2-einsparende Transformationsmaßnahmen an.
Die Bundesregierung plant ferner auch die Offshore-Produktion von grünem Wasserstoff zu fördern. Dieser soll laut des Sofortprogramms insbesondere der Chemie-Industrie zugutekommen und den fossilen Wasserstoff ersetzen. Bisher gebe es noch keine Wasserstofferzeugung auf See, deshalb weise die Maßnahme einen stark innovativen Charakter auf. Im Fokus stehe die Technologieförderung und damit die mittelfristige Erschließung dringend notwendiger Erzeugungspotenziale bei den Erneuerbaren Energien für eine perspektivisch klimaneutrale Industrieproduktion. Die Förderung soll voraussichtlich bis 2027 laufen. Erste Flächenausschreibungen sollen 2021/22 stattfinden. Für die Realisierung der bewilligten Projekte ist ein Zeitraum von mindestens fünf Jahren einzuplanen. Die Förderung soll an die Erzeugungsmengen gekoppelt sein.
Der Präsident des Verbands Haus & Grund, Kai Warnecke, kritisierte in der „Bild“-Zeitung, der Entwurf zum Klimaschutz-Sofortprogramm sei ein „unkoordinierter Schnellschuss“, der Bauen und Wohnen dramatisch verteuere. „Es sei lächerlich, eine Solardachpflicht einzuführen, ohne endlich den Verkauf des produzierten Stromes an die Bewohner des Hauses zu erlauben“.
Das Sofortprogramm umfasst insgesamt ein Budget von rund 7,8 Milliarden Euro. Davon fließen rund 2,5 Milliarden in die Aufstockung der Mittel für die Gebäudesanierung für das kommende Jahr und weitere zwei Milliarden Euro sind für 2023 geplant. 1,8 Milliarden Euro sind für die E-Auto-Kaufprämien vorgesehen, wo mit einer stärker als geplanten Nachfrage gerechnet wird
Das Programm soll am 23. Juni in seiner endgültigen Fassung vom Kabinett beschlossen werden. Dass der jetzige Bundestag aber noch vor Ende der Legislaturperiode darüber beraten wird, gilt als unwahrscheinlich.
Das Sofortprogramm ist eine Reaktion auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes, die mittelfristigen Klimaschutzaktivitäten zu verstärken. Corona rückt damit zwar nicht den Hintergrund der politischen Agenda, muss sich jedoch den ersten Platz inzwischen mit dem Klimaschutz teilen. Plan ist bereits 2045 und nicht erst 2050 klimaneutral in Deutschland zu werden, so hatte es die große Koalition Mitte Mai 2021 vereinbart. Doch dieses Ziel lässt sich nicht einfach dadurch erreichen, indem man entsprechende Gesetze entwirft und beschließt. Die Menschen müssen ihr Verhalten ändern. Dies will die Politik sowohl durch Ordnungsrecht im Sinne einer Solaranlagenpflicht durchsetzen als auch durch die stärkere Bepreisung von fossilen Energieträgern wie Öl und Gas.