Die G7-Einigung auf eine Mindeststeuer für Unternehmen wird als historisches Ereignis gefeiert. Doch bis zum möglichen Inkrafttreten müssen noch etliche Hürden überwunden werden. Vorbehalte gibt es vor allem in Ländern, die von ihrem Ruf als Steueroase am meisten Profit machen.
Am vergangenen Wochenende einigten sich die Finanzminister der sieben führenden westlichen Industriestaaten (G7) auf die Einführung einer globalen Mindeststeuer für Unternehmen. Sie soll weltweit mindestens 15 Prozent betragen und damit das Steuer-Dumping vieler Ländern verhindern. Zudem sollen Unternehmen künftig nicht nur dort steuerpflichtig sein, wo sie ihren Firmensitz haben – sondern überall, wo sie ihre Waren oder Dienstleistungen vertreiben.
Ein Beispiel für eine bisherige Steueroase sind die Bahamas. Die 700 Inseln am Rande der Karibik sind für viele ein wahres Paradies – besonders auch in Steuerangelegenheiten. Einkommens- und Körperschaftssteuer gibt es dort nicht und Steuerhinterziehung wird nicht strafrechtlich geahndet. Doch der Status als Steuerparadies könnte ihnen bald aberkannt werden, denn die Bahamas gehören zu den 139 Staaten, die sich dem BEPS-Projekt unter dem Dach der OECD verpflichtet haben. BEPS (Base Erosion and Profit Shifting) will gegen Steuerflucht vorgehen und die Verlagerung von Gewinnen durch multinationale Konzerne ins Ausland verhindern. Das Projekt bildet die Basis, aufgrund derer der Beschluss für eine globale Mindeststeuer in der vergangenen Woche bedeutend vorangetrieben wurde.
In einem Gastbeitrag für die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) erklären die Finanzminister Deutschlands, Mexikos, Amerikas, Indonesiens und Südafrikas, warum die Mindeststeuer so wichtig ist. „Jeder Staat muss den Ungerechtigkeiten begegnen, die sich aus dem tiefgreifenden technologischen Wandel, der wachsenden Marktmacht großer Unternehmen und dem starken Wettbewerbsdruck infolge der Mobilität des Kapitals ergeben“, erklärten die Finanzminister. Dazu gehöre, sich der Herausforderung der Verlagerung von Kapitalerträgen in globale Niedrigsteuergebiete zu stellen. „Konzerne mit den höchsten Gewinnen verringern ihre Steuerlast geschickt, sodass mehr für ihre Anteilseigner, aber weniger für dringende fiskalische Aufgaben übrigbleibt“, erklärten sie weiter. Bislang hatten die Regierungen die Befürchtung, dass die Konzerne bei einer zu hohen Besteuerung ihre Geschäfte ins Ausland verlagern und somit Arbeitsplätze mitnehmen. Doch die Folge dieser Logik: „Eine Dynamik, die sich im vergangenen halben Jahrhundert entwickelt hat und im klassischen wirtschaftlichen Sinne ein Unterbietungswettbewerb bei den Unternehmenssteuersätzen darstellt.“
Eine globale Mindeststeuer soll dem nun Einhalt gebieten. Damit sollen Großkonzerne wie Amazon, Google oder Facebook, die rund um den Globus Milliardengewinne verzeichnen und beim Zahlen von Steuern zahlreiche Schlupflöcher ausnutzen können, nun zur Zahlung verpflichtet werden. „Egal wo ein Unternehmen ansässig ist und wo es Tochtergesellschaften hat, es zahlt immer zumindest diesen Mindeststeuersatz“, so die Finanzwissenschaftlerin Dominika Langenmayr von der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. Doch das bedeute auch, dass mehr Steuern „vor allem in den USA, nicht in Deutschland“ gezahlt werden, so die Ökonomin. Denn auch nach der Mindestbesteuerung von 15 Prozent ist kein Land dazu verpflichtet, diesen Satz auch anzuwenden. Allerdings kann das Mutterland der Gesellschaft dann die Differenz zu den 15 Prozent zusätzlich eintreiben. Beispielsweise würde bei den zahlreichen US-Unternehmen diese zusätzliche Abschöpfung dann in die Staaten fließen.
Bundesfinanzminister Olaf Scholz sprach dennoch nach der Ministerrunde in London von einer „Steuerrevolution“. Der britische Ressortchef Rishi Sunak nannte die Einigung „historisch“, US-Finanzministerin Janet Yellen strich sie als „beispiellosen Schritt“ heraus.
Doch mit der G7-Entscheidung ist nur die erste Hürde zu einer globalen Steuerreform überwunden. So will die britische Regierung offenbar sicherstellen, dass große Banken nicht unter die neue Digitalsteuer fallen. „Unsere Position ist, dass wir Finanzunternehmen von der Regel ausnehmen wollen“, sagte ein Regierungsvertreter der „Financial Times“ (FT). Im Juli treffen sich dann die Finanzminister der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenstaaten (G20) in Venedig, wo sie der Einigung zustimmen sollen. Das dürfte deutlich schwieriger werden. Während die Europäer – also Deutsche, Franzosen, Briten und Italiener –, und Amerikaner, Kanadier und Japaner im G7-Gremium ähnliche Interessen haben, sind die Präferenzen im Kreis der G20, zu der unter anderen auch China, Brasilien und Russland gehören, tendenziell abweichend. Ob sie sich am Ende einigen werden, ist unklar. Schließlich müssten dann auch noch alle 139 BEPS-Staaten unter dem OECD-Dach der Vorlage zustimmen.