Laut einer neuen Untersuchung „Zum Abschminken – Plastik in Kosmetik“ der NGO Greenpeace ist in zahlreichen kosmetischen Produkten Plastik und anderer Kunststoff enthalten. Dafür hat die Umweltorganisation Inhaltsstoffe von 664 Artikeln analysiert und herausgefunden, dass in 502 davon Mikroplastik enthalten war. Als Mikroplastik werden alle Plastikpartikel bezeichnet, die kleiner als 5 Millimeter sind. Die freiwillige Selbstverpflichtung der einzelnen Unternehmen auf Plastik zu verzichten hält Greenpeace daher für unzureichend.
Besonders in Kosmetikprodukten für Augen und Lippen sollen sich laut der Studie Plastikanteile befinden. Die Untersuchungen wurden bei elf Marken durchgeführt und laut der Ergebnisse konnten in drei Viertel der Fälle Kunststoffe nachgewiesen werden. Rund ein Viertel davon enthielten Mikroplastik, also feste winzige Plastikpartikel. Der Rest enthält „flüssiges, halbfestes oder lösliches Plastik“, so der Spiegel. Für die Untersuchung nutzte die NGO (nichtstaatliche Organisation) zuerst die Angaben über die Inhaltsstoffe auf den jeweiligen Webseiten der Kosmetik-Unternehmen. Anschließend betrachteten sie die einzelnen Stoffe aus insgesamt elf Produkten im Labor genauer. „Die Ergebnisse zeigen, dass Plastik-Inhaltsstoffe ausgerechnet in den Produkten, die mit sensiblen Körperteilen wie Augen und Lippen in Kontakt kommen, häufig enthalten sind und so von Verbraucher*innen eingeatmet oder verschluckt werden können“, so der Bericht. Kosmetika für die Augen, Lippenstifte und Lipgloss hatten im Vergleich die höchste Konzentration an Kunststoffen. Oft enthalten sogar Produkte Plastik, die sich selber als „mikroplastikfrei“ beschreiben: „Denn die von vielen Herstellern bevorzugte Definition schließt keine suspendierten, flüssigen, wachs- oder gelartigen Kunststoffe ein“, so der Report. Am meisten betroffen war die Marke Maybelline, gefolgt von Deborah und Sephora.
Bisher standen die Kosmetikfirmen unter einer Selbstkontrolle was die Überwachung und letztendlich die Verbannung von Plastik angeht. Doch spätestens seit dem Bericht von Greenpeace ist klar: ohne Vorschriften funktioniert es nicht. „Sieben Jahre Dialog sind vorbei und die ungeschminkte Wahrheit ist jedoch, dass wir uns weiterhin regelmäßig Plastik ins Gesicht schmieren. Sei es in Form von Make-up, Puder oder Lippenstift“, so Viola Wohlgemuth, die Expertin für Konsum und Chemie bei Greenpeace. Sie beschreibt die Verwendung von Kunststoffen als „Verbrauchertäuschung“. Die NGO fordert von der Bundesregierung ein eindeutiges Verbot von Kunststoffen in kosmetischen Produkten: „Umweltministerin Svenja Schulze von der SPD muss ein klares Verbot von Plastik jeder Konsistenz in Kosmetik vorantreiben – auf deutscher und EU-Ebene“, so ebenfalls Wohlgemuth.
Doch mit einem Verbot und der Kritik an der Selbstkontrolle ist vor allem die Kosmetikindustrie nicht einverstanden. Ein Sprecher der Marke L’Oréal erklärt: „Wir engagieren uns seit Jahren dafür, Mikroplastik in den Produkten aller unserer Marken zu eliminieren oder zu reduzieren“. Der IKW, der Industrieverband für Körperpflege- und Waschmittel, erklärt, dass es bereits behördliche Untersuchungen gegeben hat, bei denen keine Gefahr durch Mikroplastik festgestellt werden konnte. Das Umweltbundesamt sieht ebenfalls kein großes Problem in der Verwendung von Mikroplastik in einigen Artikeln, da der Eingang der Partikel in Gewässer und Umwelt verglichen mit anderen Quellen sehr gering ist. Das Gesundheitsrisiko bei der direkten Nutzung der Kosmetika hält das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) für minimal. Demnach ist es sehr unwahrscheinlich, dass Partikel über die Haut aufgenommen werden oder beispielsweise beim Gebrauch von Zahnpasta verschluckt werden. Die einzelnen Teilchen sollen größer als ein Mikrometer seien und daher hält es das BfR für unwahrscheinlich, dass sie über die Haut oder die Schleimhäute in den Körper eindringen. Um mehr Gewissheit darüber zu erlangen, muss aber noch mehr geforscht werden.
Mikroplastik kann laut Greenpeace bereits fast überall gefunden werden. „In der Atemluft, in Getränken, Obst, Fischen – und sogar schon in menschlichem Blut und Gewebe“, wie der Tagesspiegel schreibt. Die winzigen Partikel gelangen durch die Zerlegung von größeren Plastikteilen ins Abwasser. Auch Kläranlagen können die Teilchen nicht herausfiltern, da sie zu klein sind und so gelangen sie in Flüsse und Meere und schließlich auch in den Menschen. Ob die Aufnahme über Kosmetika vergleichsweise wirklich so gesundheits- und umweltschädlich ist, bleibt fraglich, jedoch fest steht, dass Mikroplastik zu einem Problem erklärt werden muss – auch auf Regierungsebene.