Nach jahrelangen Verhandlungen konnten sich die EU und China doch noch einigen und einen Investitionspakt beschließen. Dabei ging es vor allem um einen fairen Wettbewerb und Rechtssicherheit für europäische Unternehmen auf dem chinesischen Markt.
Das Jahr endete ereignisreich. Kurz vor knapp einigten sich Brüssel und London auf einen Brexit-Deal, der einen harten Bruch mit der EU verhindert und die wirtschaftlichen Beziehungen stabil halten soll.
Für die EU bedeutet ein Deal mit Großbritannien endlich ein Schlussstrich unter dem Brexit-Kapitel. „Unsere Zukunft liegt in Europa“, sagte EU-Kommissionspräsidentin, Ursula von der Leyen. Via Twitter erklärte sie, dass das Abkommen mit dem Vereinigten Königreich fair und ausgewogen sei. „Dieses Abkommen wird Geschichte schreiben“, so die Kommissionspräsidentin während einer Pressekonferenz.
Doch damit noch nicht genug. Unmittelbar danach wurde ein jahrelang heftig umstrittener Investitionspakt zwischen der EU und China beschlossen, der einen fairen Wettbewerb und Rechtssicherheit europäischer Unternehmen auf dem chinesischen Markt gewährleisten soll. Die Erarbeitung des Abkommens dauerte sieben Jahre und der bislang umfassendste Versuch das Verhältnis zwischen der EU und der weltweit zweitgrößten Wirtschaftsmacht China von Grund auf neugestalten. Ziel sei es unter anderem europäischen Unternehmen einen besseren Zugang zum chinesischen Markt mit 1,4 Milliarden Menschen zu ermöglichen. Konkret bedeutet das für EU-Unternehmen einen besseren Zugang in den Bereichen Finanzen, Computer, Transportdienste zur See oder in der Luft, Forschung und Entwicklung, Fahrzeuge mit alternativen Antrieben, Telekommunikation und vieles mehr. China habe zudem zugestimmt, staatliche Subventionen transparent zu machen und Investitionen zu vereinfachen. Dazu gehört beispielsweise, dass europäische Unternehmen nicht mehr gezwungen werden können, Gemeinschaftsunternehmen mit chinesischen Partnern zu gründen.
Bislang waren die Zugangsmöglichkeiten auf beiden Seiten nicht ausgeglichen. Der europäische Markt ist für chinesische Unternehmen offener als der chinesische für EU-Firmen. Für die EU würde ein verbesserter Zugang neue Geschäftsmöglichkeiten eröffnen, die die europäische Wirtschaft ankurbeln und eine Erholung von der Pandemie unterstützen können. „Die Welt nach der Pandemie braucht eine starke Beziehung zwischen der EU und China“, teilte von der Leyen via Twitter. „Aber das setzt Zusammenarbeit und Vertrauen voraus – auch bei Handel und Investitionen.“ Die EU legt „Wert auf Gegenseitigkeit und fairen Wettbewerb.“ Chinas Präsident sagte, das Abkommen demonstriere „Chinas Entschlossenheit zu einer weiteren Öffnung“.
Zwischendurch waren die Verhandlungen mitunter wegen eines Streits über mögliche Zwangsarbeit in China unterbrochen worden, doch die Probleme konnte anscheinend behoben werden. China sprach bereits am 29. Dezember 2020 von „großen Fortschritten“ und auch in Brüssel hieß es, die Verhandlungen auf Expertenebene seien beendet. China habe die nötigen „substantiellen Zusagen“ in drei zentralen Punkten gemacht: Marktzugang, fairer Wettbewerb und nachhaltige Entwicklung. Dazu zählten „Unternehmensstandards für soziale Verantwortung und Arbeit“. EU-Kommissionsvizechef Valdis Dombrovski habe nach Abschluss der Verhandlungen einen politische Grundsatzeinigung mit der Führung in Peking empfohlen, hieß es aus EU-Kreisen.
China habe außerdem zugesagt, „dauerhafte und nachhaltige Anstrengungen“ zur Ratifizierung der Konvention der internationalen Arbeitsorganisation ILO zur Zwangsarbeit zu unternehmen. Das geht aus einer internen Unterrichtung an die EU-Mitgliedstaaten hervor, die der dpa vorliegt. Kritiker sahen allerdings nur ein „oberflächliches Lippenbekenntnis“. Die EU werde zudem unabhängig weitere Strategien im Kampf gegen Zwangsarbeit entwickeln. Doch selbst nach einer politischen Grundsatzeinigung gäbe es weiterhin Klärungsbedarf im Detail. In EU-Kreisen hieß es, dies wäre nur der erste Schritt hin zu einer Annahme und Ratifizierung des Abkommens. Es bleibe noch viel Zeit für politische Erwägungen und eine öffentliche Debatte.
Seitens der EU gibt es Widerstand gegen das Abkommen. Grund dafür ist unter anderem die schlechte Menschenrechtslage in der Volksrepublik. Kritiker sehen in dem Vorhaben „dauerhafte und nachhaltige Anstrengungen zu unternehmen“ nur ein „oberflächliches Lippenbekenntnis“. Seitens der Vereinigten Staaten wird eine engere Abstimmung im Umgang mit China gefordert. Es gibt Bedenken, dass Brüssel vorschnell und ohne weitere Konsultation mit der neuen US-Regierung vorgeht. Der zukünftige Präsident Joe Biden verlangt einen harten Kurs gegenüber Peking.
Für die EU ist der Investitionspakt eine Grundvoraussetzung für die Aufnahme von Gesprächen über ein Freihandelsabkommen. Die EU-Kommission rechnet mit einem endgültigen Abschluss des Abkommens erst „Anfang 2022“. Das Abkommen sei jedoch nur ein einzelnes Instrument, aber „nicht eine Wunderwaffe zur Lösung aller Probleme und Herausforderungen in Bezug auf China“.