Ja, die ganzen Diskussionen, Gesprächsrunden, Verbote und Anfeindungen rund um die Corona-Debatte haben der Kanzlerin zugesetzt: Sie ist müde und ausgezerrt, man sieht es und man hört es. Doch bei allem Mitgefühl: Wenn die Bundeskanzlerin früher das Amt abgegeben hätte, wäre ihr vieles erspart geblieben. Nun fällt ihr erneut ein einstiger Mitstreiter in den Rücken: Ralph Brinkhaus, Parteikollege und Fraktionschef aus der CDU nagelt gegen Merkel und kritisiert ihren Corona-Kurs massiv. Gerade Brinkhaus, der auch für die Kanzlerin-Nachfolge seinerzeit gehandelt wurde, ging auf die wohlbekannte zögerliche Verfahrensweise von Merkel und den anderen Länderchefs los. Seiner Meinung nach wird zu viel rumgeeiert, zu wenig konsequent durchgesetzt.
Angela Merkel braucht eine Erholungspause, sie hat Mühe wie am Donnerstag beim Vortrag einer Regierungserklärung, als sie fahrig und unkonzentriert wirkt, als sie erschöpft und gequält eine weitere Corona-Runde von mehreren Stunden durchmachen muss. Sie macht den Anschein ein bißchen wie Jogi Löw beim verpatzten Länderspiel gegen die Spanier, als Löw wie ein Häufchen Elend auf der Bank kauerte. Ähnlich sieht es bei der Kanzlerin aus, die am Ende ihrer Weisheit und Durchsetzungskraft scheint. Der politische Alltag ist ermüdend und kräfteraubend, aber Corona ist eine nationale Herausforderung, der man sich stellen muss. Gerade die Politiker und Merkel, Spahn, Söder oder Laschet: Diese Entscheider stehen in der Pflicht, den Weg durch die Pandemie vorzugeben. Da kann es nur gut sein, dass BioNtech oder Curevac oder auch Astra Zeneca in Kürze mit einem Impfstoff um die Ecke kommen, der bald millionenfach eingesetzt werden kann. Doch bis dahin bleibt Zeit, um Maßnahmen zu planen und anzukündigen. Die Kanzlerin allerdings ist froh über jeden, der statt ihrer die Rede hält und die Diskussion führt. Markus Söder beispielsweise hält zu ihr, unterstützt wo er kann. Die Kanzlerin nimmts dankbar entgegen.
Schon einmal war die Bundeskanzlerin am Rande der Aufgabe: Vor wenigen Wochen ließ sie verlauten, dass sie bald keine Lust mehr habe, gegen alles und jeden sich durchsetzen zu müssen. Sie wollte eigentliche härtere Regeln, erst als sie murrte, wurde nachgeschärft. Aber nichts läuft wie von alleine, überall regt sich politische Gegenwehr. Das schlaucht, das macht mürbe. Das dicke Fell der Kanzlerin ist dünn geworden, sie ist gezeichnet von zu wenig Schlaf und zu viel Programm. 7 Tage die Woche in Bereitschaft, gedanklich ohne Ruhepausen, da kann man sich denken, dass das einem zusetzen kann. Zu allem Überfluss bekommt Brinkhaus auch noch Unterstützung von anderen Abgeordneten wie Christop Ploß, der es richtig findet, dass Brinkhaus den Finger in die Wunde legt. Merkel weiß, dass nach ihr andere bereits mit den Hufen scharren, um sie zu beerben und viele Sachen anders zu machen. Die COVID-19 Pandemie wird zeigen, ob Merkel daran zerbricht oder ob ein geeigneter Impfstoff rechtzeitig kommt, um die Wogen zu glätten. Viele politische Gefährten finden die Maßnahmen der Bundesregierung zu schwach, zu spät, zu zögerlich. Trotzdem steht die Meinung der vielen unzufriedenen Bürger dagegen, die sich gegängelt und eingesperrt fühlen. Kein leichter Job in Zeiten von Corona.