Während die meisten Länder unter einer zweiten Welle des Coronavirus leiden, beendet Melbourne seinen strikten Lockdown, der insgesamt vier Monate, genauer 112 Tage, angedauert hat. Die fünf Millionen Einwohner und Einwohnerinnen der Metropole mussten die strengsten Ausgangssperren und Reglungen der Welt aushalten. Doch das Hausharren scheint sich gelohnt zu haben. Melbourne verzeichnet nur noch zwei Corona-Fälle, drei Monate zuvor waren es noch 700. Jetzt wurde zum ersten Mal seit Juni keine Neuinfektion registriert und seit sieben Tagen gab es keinen Corona-Todesfall.
Die Gastronomie und der Einzelhandel dürfen wieder für eine begrenzte Besucheranzahl öffnen. Zuvor durften sich die Bewohner*innen der Stadt auch „nur bis zu fünf Kilometer weit von ihrem Wohnsitz entfernen“, die Sperre wurde nun auf 25 Kilometer erweitert, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet. In Melbourne wurden rund 90 Prozent der gesamten Corona-Infektionen im Land verzeichnet. Die Australier*innen aus dem Bundesstaat Victoria wurden am Anfang des zweiten Lockdowns dazu angehalten sich sechs Wochen lang nur zuhause aufzuhalten, „lediglich notwendige Arbeitswege, Dienstleistungen, Wege zum Arzt oder zur Schule“ waren erlaubt, wie n-tv schreibt. In Victorias Hauptstadt Melbourne wurde zusätzlich eine nächtliche Ausgangssperre verhängt, der Großteil der Schulen, Handel und gastronomischen Betriebe mussten schließen. Insgesamt gab es in Australien 27.5000 Infektionen und 905 Tote bei 25 Millionen Einwohner*innen. Damit ist das Land vergleichsweise mild durch die Pandemie gekommen. Am 8. November sollen auch die restlichen Reglungen in Melbourne aufgehoben werden. Premierminister von Victoria, Daniel Andrews, ist sichtlich froh über das Ende des Lockdowns und verkündete danach, dass er stolz „auf jeden einzelnen“ sei, der die Reglungen gezwungenermaßen ausgehalten hat. Er gibt aber auch zu, dass es sich um ein „sehr schwieriges Jahr“ für Melbournes Einwohner*innen handelt. Ende Oktober gab es einige Proteste in der Stadt, welche die Beendigung des Lockdowns forderten. Bei den Demonstrationen gab es auch einige Auseinandersetzungen mit der Polizei, die zahlreiche Protestierende festnahm. Auch die australische Regierung in Canberra hat die harten Reglungen des Bundestaates scharf kritisiert. Doch Daniel Andrews hielt an seinem Kurs fest und plädierte auf Zusammenhalt: „Tatsächlich ist es absolut egoistisch, da draußen zu sein und zu protestieren. Der einzige Kampf, den wir derzeit führen sollten, ist der gegen das Virus. Lasst uns nichts tun, dass diese Strategie gefährdet. Nicht, das dazu führt, dass die Zahl der Corona-Erkrankungen weiter ansteigt, statt zu sinken.“
Um Punkt null Uhr am 28. Oktober wurde die Ausgangsperre dann doch endlich aufgehoben, nachdem das erste Mal seit Juni keine einzige Neuinfektion registriert wurde. Wie die Welt berichtet füllten sich schon kurz danach die Bars mit Gästen, die ihre neu gewonnene Freiheit feierten. Doch nach feiern war nicht allen zumute: Durch den Lockdown musste der Bundestaat rund 71 Millionen US-Dollar an Einnahmen pro Tag einbüßen. Laut dem Finanzministerium verloren außerdem 1200 Menschen täglich ihren Arbeitsplatz. Das Nachrichtenmagazin n-tv schreibt: „Australische Wirtschaftsexperten warnen, dass es Jahre dauern könnte, bis sich die heimische Konjunktur von diesem strikten Lockdown erholt hat.“ Einige Geschäfte, Cafés und Bars werden in Melbourne wohl nie wieder öffnen, da die viermonatige Ausgangsperre sie in die Pleite getrieben hat.
Das Virus scheint zumindest in Melbourne besiegt zu sein, doch die Folgen dafür sind immens und für einige Bewohner*innen verheerend. Um der erneuten Ausbreitung des Coronavirus entgegen zu wirken sollen Australiens Grenzen vermutlich bis Ende nächsten Jahres geschlossen bleiben. Der australische Finanzminister Josh Frydenberg erklärt: „Internationale Reisen zu touristischen- oder Studienzwecken sind bis Ende 2021 sehr unwahrscheinlich.“ Auch die Nachbarinsel Neuseeland unterliegt weiterhin einem Einreiseverbot von ausländischen Reisenden. Das Land hat bei einer Einwohnerzahl von knapp 5 Millionen nur 25 Corona-Tote zu verzeichnen. Die Premierministern Lacinda Ardern bekam die Verbreitung des Virus schnell mit strengen Maßnahmen unter Kontrolle und konnte seit Oktober alle Corona-Reglungen aufheben.