Am 3. Oktober 2020 wurden einige Kunstobjekte auf der Berliner Museumsinsel mutwillig zerstört. Die Täter*innen bespritzten die Werke mit einer öligen Flüssigkeit, wie die Polizei erst Ende Oktober bestätigte. Rund 70 Artefakte, unter anderem ägyptische Sarkophage, antike Gemälde und Skulpturen wurden von der Flüssigkeit beschmutzt. Bei diesem Angriff handelt es sich um die umfangreichste Attacke auf Kunstwerke „in der Geschichte Nachkriegsdeutschlands“, wie der Deutschlandfunk berichtet. Die Täter*innen sind bislang unbekannt.
Die Sammlungen für Vorderasien, der Antike und für den Islam sind im Berliner Pergamonmuseum betroffen und beschädigt worden. Auch auf einigen Werken im Neuen Museum und in der Alten Nationalgalerie sind Öl-Flecken zu finden. Der Fall wurde vorerst nicht von der Berliner Polizei, nicht vom Kulturstaatsministerium und auch nicht von der verantwortlichen Stiftung Preußischen Kulturbesitz (SPK) veröffentlicht. Andere Museen, die möglicherweise einer Gefahr ausgesetzt waren, wurden ebenfalls nicht über die Tat unterrichtet. Nur auf Nachfrage der „Zeit“ und des „Deutschlandfunks“ wurden die Angriffe vom Landeskriminalamt Berlin (LKA) bestätigt. Bisher gibt es aber von den Täter*innen noch keine Informationen, es ist nicht einmal klar, ob hier ein*e Einzeltäter*in am Werk war, oder es sich um eine Gruppe handelt. Auch das Motiv ist bislang unklar. Verschiedene Spuren führen allerdings zu dem rechtsradikalen Verschwörungstheoretiker und Koch Attila Hildmann, der in den vergangenen Monaten in seiner Telegram-Gruppe gegen das Berliner Pergamonmuseum gehetzt hat. Er erklärte seiner Gefolgschaft, dass sich dort „der Thron des Satans“ befinde und es sich hierbei um das Zentrum der „globalen Satanisten-Szene und Corona Verbrecher“ handle. Außerdem schrieb er: „Hier machen sie nachts ihre Menschenopfer und schänden Kinder!“ Ein Besucherverbot für Hildmann konnte seitens der Museen nicht ausgesprochen werden, denn „Meinungs- und Versammlungsfreiheit wurden in diesen Fällen höher bewertet als das Hausrecht der Museen“, wie es in einer Stellungnahme des Alten Museums heißt. Ob Attila Hildmann und seine Anhänger wirklich mit dieser Tat in Verbindung gebracht werden müssen, bleibt erst einmal unklar. Carsten Pfohl, der Dezernatsleiter im Landeskriminalamt Berlin (LKA) erklärte auf einer Pressekonferenz, dass sie sich an „derlei Spekulationen“ erstmal „nicht beteiligen“ wollen. Es könnte sich bei dem Täter oder der Täterin auch um eine „verrückte“ oder psychisch erkrankte Person handeln.
Pfohl erklärte außerdem: „Wir können bis heute nicht eingrenzen, wann die Sachbeschädigungen erfolgten, wir gehen davon aus, dass sie am 3.Oktober in den Öffnungszeiten von 10 bis 18 Uhr passiert sind.“ Ob der Tag der Deutschen Einheit absichtlich als Zeitpunkt gewählt wurde ist auch ungeklärt. Das Material aus den Überwachungskameras gab nur wenig Aufschluss über den Tathergang. Die benutzte Flüssigkeit soll farblos und somit nicht unbedingt zu erkennen gewesen sein. Laut dem LKA könnte eine Wasserpistole, eine Spritzflasche oder sogar eine Clown-Blume verwendet worden sein, um die Flüssigkeit auf die Artefakte zu spritzen.
Die Berliner Museumsinsel gehört seit Ende der 90er Jahren zum Unesco-Weltkulturerbe. Das Pergamonmuseum ist im Oktober 90 Jahre alt geworden und nach seinem bekanntesten Artefakt, aus dem 2. Jahrhundert vor Christus, dem Pergamonaltar benannt.
Die Trägerin der Museen, die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, steht stark in der Kritik. Wie der Deutschlandfunk schreibt, sind nur in einigen „Museumsräumen offen sichtbare Überwachungskameras installiert.“ Außerdem wurden die anderen Besucher*innen der Museen, die wegen der Corona-Hygienereglungen online ihre Tickets erwerben und dabei ihre Adresse hinterlassen mussten, erst Wochen nach dem Angriff kontaktiert und nach möglichen Zeug*innen geforscht. Warum der Fall erst so spät veröffentlicht wurde hat vielschichte Gründe. Die Polizeiarbeit sollte ungestört stattfinden und Leihgeber von Artfakten sollten nicht aus den Medien erfahren, dass ihr Besitz beschädigt wurde. Der Deutschlandfunk schreibt außerdem, dass afrikanische Länder und einstige Kolonien Deutschlands, die ihre Werke von der Bundesrepublik zurückfordern, oft mit dem Argument abgespeist werden, ihre Sicherheitsvorkehrungen Vorort seien nicht ausreichend. Doch auch in Berlin wurde offenbar nicht genug auf Sicherheit und Schutz der Werke geachtet.