Am 19. September wurden 2.297 neue Corona-Infektionen in Deutschland registriert. Damit wurde der höchste Wert seit April erreicht. In einigen großen Städten wurden außerdem der Grenzwert von 50 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner und Einwohnerinnen überstiegen. Wird es also einen zweiten Lockdown in Deutschland geben, um die Corona-Pandemie weiter einzudämmen oder wird es so weit gar nicht erst kommen? Norbert Röttgen, Anwärter auf den Vorsitz der CDU, hält eine Verschärfung nicht für ausgeschlossen. Er erklärt in der RTL-Sendung „Guten Morgen Deutschland“: „Den ersten Lockdown haben wir ja nicht aus Jux und Dollerei gemacht. Sondern er war das notwendige Instrument, die Ausbreitung des Virus zu begrenzen. Es war ein letztes Mittel, um das Virus unter Kontrolle zu bekommen. Jetzt zu sagen ‘Das geht nicht mehr‘ – das kann man nicht so einfach sagen.“ Er möchte verhindern, dass ein Lockdown als mögliche Maßnahme von vornherein ausgeschlossen wird. Karl Lauterbach, SPD-Gesundheitspolitiker, hingegen ist sich sicher, dass eine derartige Maßnahme nicht mehr nötig sein werden: „Die Wahrscheinlichkeit, noch einmal so einen Lockdown wie vor ein paar Monaten zu erleben, halte ich für gleich null.“ Die Bürger und Bürgerinnen sind selber dazu fähig, auf die notwendigen Abstandsreglungen und Hygienekonzepte zu achten.
Das Meinungsfeld im Umgang mit den steigenden Corona-Infektionszahlen ist breit gefächert. Christian Drosten, der Virologe, auf den seit Ausbruch der Pandemie ganz Deutschland zu hören scheint, geht aber nicht von einem zweiten Lockdown aus, so die ZEIT. Die künftigen Beschränkungen sollen dieses Mal gezielter erfolgen. Laut der Nachrichtenagentur dpa erklärte Drosten: „Es ist natürlich so, dass man nicht immer gleich einen deutschlandweiten oder regionalen Lockdown braucht, weil man jetzt schon ein paar Sachen besser weiß.“ Im Frühjahr dieses Jahres wusste man noch nicht ganz genau, wie man mit der Situation umgehen soll und ist auf Nummer Sicher gegangen, so Drosten. Jetzt habe man „mehr Orientierung in den Maßnahmen“. Er rechnet allerdings weiterhin mit einer Zunahme der Corona-Infektionen. Jens Spahn, Bundesgesundheitsminister, sieht die Lage ähnlich wie Drosten. Auch er geht seit Anfang September davon aus, dass es keinen weiteren Lockdown geben werde. Geschäfte und Friseure müssen nicht mehr geschlossen werden, wie er der Bild-Zeitung mitteilte.
In einigen Städten Deutschlands gibt es aber bereits wieder einige weitere Einschränkungen und zusätzliche Hygienereglungen. In München herrscht eine Maskenpflicht auf verschiedenen öffentlichen Plätzen und es gelten Einschränkungen bei der Anzahl sich treffender Personen. Auch in Nordrhein-Westfalen und Berlin wird über weitere Beschränkungen nachgedacht. Besonders auffällig ist der Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, in welchem der Wert der Neuinfektionen über der Sieben Tage-Inzidenz liegt. Da „der Senat Berlin in der Pandemie die Situation als Ganzes bewerten will“, kann der Bezirk vorerst nichts selber ändern, so der Tagesspiegel. In Berlin liegt der Grund für die hohen Infektionszahlen vor allem bei den jüngeren Teilen der Bevölkerung. Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt bei mehr als 48 unter allen 20 bis 29-Jährigen. Bei allen 70 bis 89-Jährigen liegt der Wert bei sieben, so ebenfalls der Tagesspiegel. Die Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci erklärt, es sei nur „eine Frage der Zeit“, bis das Virus die älteren Gruppen wieder vermehrt erreicht. Viele Menschen stecken sich bei privaten Feiern an, die seitdem das Wetter schlechter geworden ist, vermehrt drinnen stattfinden. Am Standrand von Berlin sieht die Situation viel besser aus, denn dort liegt der Infektionswert deutlich niedriger, was aber auch daran liegt, dass die Bevölkerung dort im Allgemeinen älter ist und die Gebiete dünner bewohnt sind.
Einen erneuten deutschlandweiten Lockdown wird es wohl eher nicht geben. Christian Drosten geht auch davon aus, dass der erste Lockdown im Frühjahr mit dem Wissen von heute nicht unbedingt notwendig gewesen wäre. Im Laufe des Jahres ist es allerdings möglich, dass einzelne Städte und Regionen ihre Hygienekonzepte verschärfen und weitere Absatzreglungen erlassen, um weiter gegen das Corona-Virus anzukämpfen.