Seit 1991, nach dem Ende der Sowjetunion, herrscht zwischen Armenien und Aserbaidschan ein Konflikt um die Region Bergkarabach im Südkaukasus. Dieser Konflikt droht nun zu eskalieren, da Armeniens Regierungschef Nikol Paschinjan nach langanhaltenden Kämpfen den Kriegszustand für das gesamte Land ausgerufen hat. Er kündigte außerdem die Generalmobilmachung an und fordert, dass die Bürger und Bürgerinnen Armeniens sich zu Verteidigung des „heiligen Vaterlandes“ bereit machen.
Am Berg Karabach gibt es „schwere Kämpfe zwischen Armenien und Aserbaidschan“, so die tagesschau. Die lokalen Sicherheitsbehörden riefen in der Hauptstadt Bergkarabachs Stepanakert ebenfalls den Kriegszustand aus und teilten den Einwohner*innen mit, dass sie sich in Sicherheit bringen sollen. Auch Araik Harutjunjan, Präsident von Bergkarabach, rief zu einer Waffenmobilisierung aller Volljährigen auf, wie er in einer Krisensitzung des Regionalparlaments mitteilte.
Bis jetzt ist von einigen Verletzten und von rund zehn getöteten Soldaten die Rede. Die Schuld für die Kämpfe geben sich beide Länder gegenseitig, so das ZDF. Schuschan Stepanjan, eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums aus Armenien erklärte, die Gefechte hätten am 27. September mit einem Angriff von Aserbaidschan begonnen. Diese behaupten, dass gegnerische Truppen aus der armenischen Hauptstadt Eriwan zwei Hubschrauber und Kampfdrohnen abgeschossen hätten. Aserbaidschan hingegen bestreitet diese Aussage und behauptet, der Angriff kam von armenischer Seite. Ilham Alijew, Präsident von Aserbaidschan, erklärte, dass es „Verluste unter den aserbaidschanischen Truppen und der Zivilbevölkerung als Ergebnis des armenischen Bombardements“ gegeben habe. Aserbaidschan habe lediglich auf den Angriff von Armenien reagiert und „Schläge gegen die militärischen Stellungen des Gegners“ ausgeführt, so Alijew.
Auch die Nachbarländer Russland und die Türkei mischen sich in den Konflikt ein. Die Türkei schlägt sich auf die Seite von Aserbaidschan und verurteilt den Angriff als „armenische Provokation“, wie das ZDF berichtet. Ömer Celik, der Sprecher der türkischen Regierungspartei AKP, twitterte: „Armenien spielt mit dem Feuer und gefährdet den regionalen Frieden.“ Außerdem werde die Türkei Aserbaidschan beistehen, denn „mit einem Angriff auf zivile Siedlungen“ habe Armenien den Waffenstillstand verletzt, so Ibrahim Kalin, der türkische Präsidentensprecher. Russland hingegen rief nach Angaben der tagesschau zu einer „sofortigen Waffenruhe in der Region auf“. Der Außenminister Sergej Lawrow führt, laut Angaben aus Moskau, „intensive Gespräche“, um die Parteien zu einer Waffenruhe zu bewegen, wie die WELT schreibt. Die Europäische Union sprach sich ebenfalls für eine Beendigung der Gefechte aus und EU-Ratspräsident Charles Michel erklärte, dass die Konfliktparteien „umgehend an den Verhandlungstisch zurückkehren müssen.“ Auch Bundesaußenminister Heiko Maas spricht sich für eine Waffenruhe aus und forderte: „Ich rufe beide Konfliktparteien dazu auf, sämtliche Kampfhandlungen und insbesondere den Beschuss von Dörfern und Städten umgehend einzustellen.“ Er beteuert, dass die einzige Lösung für den Konflikt eine friedliche Verhandlung mithilfe der sogenannten Minsk-Gruppe der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa sein kann.
Der Streit um das Gebiet Bergkarabach dauert bereits seit fast 30 Jahren an. Das Gebiet ist hauptsächlich von Armeniern bewohnt und befindet sich auch seit 1994 in der Kontrolle der armenischen Regierung. Völkerrechtlich gesehen gehört die Region allerdings „zum islamisch geprägten Aserbaidschan“, so die tagesschau. Im Jahr 1992 brach ein Krieg um das Gebiet aus, welches vorher als eine autonome Region der UdSSR betrachtet wurde. Aserbaidschan verlor während des Krieges die Kontrolle über das Gebiet. Nach zwei Jahren Gefechten wurden 30.000 Menschen getötet und Hunderttausende wurden vertrieben. Kurz darauf wurde eine Waffenruhe vereinbart, die aber immer wieder gebrochen wird. Beide Länder haben Militär rund um das Gebiet aufgebaut. Armenien setzt außerdem auf Russland als Beschützer, da auch Putins Truppen rund um die Region stationiert sind. Es bleibt zu hoffen, dass die beiden Länder auf das Verhandlungsangebot der Minsk-Gruppe eingehen oder untereinander den Konflikt so schnell wie möglich auf eine friedliche Art und Weise lösen. Doch nach einer fast 30jährigen gewalttätigen Konfliktgeschichte bleibt das wohl eher ein Wunsch als die Realität.