Kopfhörer sind bald out – wie das gehen soll, erklärt das Startup Neuralink von Visionär Elon Musk
Kopfhörer könnten bald der Vergangenheit angehören, wenn Elon Musk wirklich hält, was er versprochen hat. Über Twitter beantwortete der eklektische Unternehmer die Frage, ob man auch Musik ins Hirn streamen könnte mit „Yes“. Musk ist bekannt dafür, ungelösten Problemen der Menschheit auf den Grund zu gehen mit Unternehmen wie Boring Company, SpaceX, Tesla oder Hyperloop.
Elon Musk baut an einer Gehirn-Computer-Schnittstelle (Brain Computer Interface, BCI), welche auf einem 8mm großen Chip ins Hirn implantiert werden soll. Mehr Details werden ab dem 28. August bekannt gegeben. Dieser Chip ist mit Fäden verbunden, welche so groß wie eine Nervenzelle sind. Diese wiederum sind mit Elektroden befestigt und stellen die Kommunikation mit den Nervenzellen sicher. So können die Elektroden die Signale der Nervenzellen interpretieren und andersherum können die Elektroden auch die Nervenzellen mittels elektrischer Impulse stimulieren. Der Sender des Chips hängt hinter dem Ohr seines Trägers – wie es heutzutage Hörgeräte tun.
Wie innovativ ist dieses Projekt? Es passt in eine Reihe neuerer Versuche, welche gesprochene Sprache analysieren, die aus dem auditiven Cortex (Hörzentrum zur Verarbeitung akustischer Reize) kommt. Doch erste Versuche der Wissenschaft mit Implantaten von BCIs sind sehr gut verlaufen. So gelang es im Februar 2012, der amerikanischen Patientin Jan Scheuermann mit einem Team aus Neurobiologen, Bioingenieuren und Ärzten um Andrew Schwartz von der Universität Pittsburgh in Pennsylvania ein 1,6 Quadratzentimeter großes Silikonplättchen mit je 96 haarfeinen Elektroden ins Gehirn einzupflanzen. Somit konnte die kopfabwärts gelähmte Frau endlich wieder per eigener Gedanken einen Roboterarm steuern und somit von einer Tafel Schokolade abbeißen. Das Implantat war an der Stelle im Gehirn eingepflanzt, welches für räumliche Orientierung zuständig ist.
Das Problem dieses Ansatzes ist jedoch die Bildung von Narbengewebe rund um das Implantat. So geschieht es, dass eine Abstoßungsreaktion stattfindet, welche die Elektroden mit der Zeit von den Nervenzellen abkapselt. Dadurch wird die Signalübertragung immer schlechter. Im Falle von Jan Schauermann funktionierte das Implantat nur bis zum Jahr 2014, auch mit Affen wurden ähnliche Beobachtungen gemacht. So wäre in Zukunft ein anderer Ansatz vielversprechend: So wird das BCI nur oberflächig auf das Hirngewebe aufgebracht, direkt unter die Schädeldecke. Der Vorteil: damit findet keine Abstoßungsreaktion statt und zudem ist auch das Infektionsrisiko gering.
Es gibt auch Forschungsansätze, bei denen gar keine Implantate ins Hirn eingepflanzt werden, sondern es wird eine von außen aufgesetzte Badekappe genutzt. Mit dieser werden die Hirnströme geleitet. Hier liegt der Nachteil jedoch in der unpraktischen Handhabung, was es nicht alltagstauglich werden lässt. So braucht es mehr als 30 Minuten, bis die Kappe richtig sitzt und die Elektroden müssen mit Gel eingeschmiert werden, damit die elektrischen Ströme gut fließen.
Welche Vision gibt es für diese Technologie? Können Musikstücke per Gedanken gesteuert werden? Kann man ein Handy per Hirnströme ansteuern? Würde es auch bedeuten, dass die Gedanken von außen angesteuert werden könnten? Eine wichtige Grundlage zur Behandlung von Krankheiten wie Depressionen kann sie eindeutig liefern. Hier gab es schon vielversprechende Ansätze, Areale des Hirns zu stimulieren, um depressive Phasen zu lindern. Auch Alkohol– oder Drogensüchtige könnten so eine nachhaltige Therapie bekommen über Stimulanz der Neuronen. Außerdem soll so Gelähmten geholfen werden.
Fakt ist: Hirnregionen können schon heute erfolgreich in der Therapie von Nervenkrankheiten eingesetzt werden. So gelang es der französischen Hirnforscherin Denise Albe Fessard, Regionen des Zwischenhirns zu stimulieren, um den Tremor von Parkinson-Patienten zu unterdrücken. Die Technik basiert darauf, dass bestimmte Hirnregionen mit sehr feinen Elektroschocks stimuliert werden. Es handelt sich jedoch (noch) nicht um eine Informationsübertragung ins Gehirn. Und daran wird sich voraussichtlich noch eine ganze Weile nichts ändern. Der Forschung ist es bisher noch nicht gelungen, Gehirnströme 100% in verarbeitbare Informationen umzusetzen. Obwohl das Grundprinzip neuronaler Netze zwar erschlossen wurde, ist es noch weit entfernt von einer Simulation von künstlicher Intelligenz.
Das Startup Neuralink existiert bereits seit 2016, doch es ist sehr wenig über seinen Unternehmenszweck bekannt, außer dass es Gehirnimplantate für medizinische Zwecke entwickelt. Das Startup von E. Musk hat derzeit 11 Jobgesuche auf seiner Webseite, bei der es freie Positionen für Maschinenbauingenieure über Softwareingenieure bis hin zu Robotern und Histologietechnikern und Fachkräfte für „wearable“ anbietet.
Ist es jedoch in Zukunft wirklich möglich, Fähigkeiten ins Gehirn zu übertragen wie eine neue Fremdsprache? Dies hört sich nach Science-Fiction an, doch die Methoden und Studien werden ständig verfeinert. Vielleicht gelingt es dem Unternehmen in der Zukunft doch, den Progress bzw. Verlauf von Nervenkrankheiten für Patienten erträglicher zu machen.