In Spanien kam es zum erneuten Ausbruch von Corona-Infektionen. Die Regierung musste den Ausnahmezustand in einem Bezirk Kataloniens ausrufen und den Ort komplett abriegeln, nachdem der Lockdown vor zwei Wochen eigentlich aufgehoben worden war. Auch wirtschaftlich kämpft das Land und bittet um Kredite und finanzielle Unterstützung der EU.
Seit der Aufhebung des Ausnahmezustands vor zwei Wochen, erlitt Spanien nun einen starken Rückschlag in der Eindämmung des Coronavirus. Es kam zu einem der heftigsten Corona-Ausbrüche in Segrià, Katalonien, seit dem Ende des Ausnahmezustands. Laut den spanischen Gesundheitsbehörden wurden vergangenes Wochenende 4030 Neuinfektionen registriert, sodass die Regierung das Gebiet mit mehr als 200.000 Einwohnern abriegeln musste. Die Quarantäne begann am vergangenen Samstag um 12 Uhr. Einlass und Verlassen des Bezirks ist nur noch mit einer Sondergenehmigung möglich. Die Kontaktbeschränkungen wurden wieder verschärft: Treffen mit mehr als 10 Menschen und Besuche in Altenheimen sind verboten. Gedacht ist der Lockdown für zwei Wochen.
Auch im Nordwesten des Landes kam es zu einem erneuten Anstieg der Infiziertenzahlen. Der Landkreis A Marina in der galicischen Provinz Lugo soll zwischen Montag und Freitag fünf Tage lang abgeriegelt werden, um eine Ausbreitung des Virus zu verhindern, teilte die Regionalregierung von Galicien mit. Betroffen sind etwas mehr als 70.000 Menschen. Den Behörden zufolge gibt es aktuell 258
Coronafälle in Galicien, davon 117 in Lugo. Es wird vermutet, dass die Ausbrüche mit Bars zusammenhängen. Die Kontaktbeschränkungen galten bis Freitag, den 10. Juli. Zwei Tage später – am 12. Juli 2020 – sollen dort die Regionalwahlen stattfinden.
Die Regionen wurden zwar von der Außenwelt isoliert, innerhalb der Quarantänezone sei aber laut der katalanischen Gesundheitsministerin Alba Vergés noch kein Lockdown notwendig. Geschäfte und Restaurants dürfen weiterhin geöffnet bleiben und die betroffenen Anwohner können ihre Wohnungen jederzeit verlassen. Dennoch gilt die Aufforderung, Versammlungen und familiäre Feiern zu meiden oder auf ein Maximum von 10 Personen zu reduzieren. Der spanische Gesundheitsminister Salvador Illa teilt via Twitter mit, dass soziale Distanzierung und Abschottung wieder eingeführt würden, um die Infektionskette zu unterbrechen. Die spanischen Behörden verfolgen die Situation in Katalonien und Galicien sehr genau.
Spanien ist eines der am schlimmsten von der Coronapandemie betroffenen Länder Europas mit über 250.000 bestätigten Fällen und rund 28.000 Toten. Hinzu kommt neben der Belastung des Gesundheitssystems auch die wirtschaftliche Notlage des Landes. Spanien steht vor der schwersten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten. Der Neuanstieg der Infektionen erhöht den Druck auf das Land zusätzlich. Der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez geht aufgrund dessen in die Offensive und kämpft für den Beschluss des geplanten EU-Wiederaufbaufonds auf dem Gipfeltreffen Mitte Juli. Spanien erhofft sich finanzielle Zuschüsse und Kredite in Höhe von 140 Milliarden Euro. Dafür stimmte er sich zunächst mit seinen südeuropäischen Partnern ab und besuchte den sozialistischen Ministerpräsidenten António Costa in Lissabon und empfing den italienischen Regierungschef Guiseppe Conte in Madrid. Vor dem Gipfeltreffen will Sánchez auch die „sparsamen Vier“ persönlich aufsuchen. In einem Gespräch mit dem niederländischen Regierungschef Mark Rutte und dem schwedischen Ministerpräsidenten Stefan Löfven will er erklären, weshalb eine schnelle Lösung essentiell ist. Die „sparsamen Vier“ wollen den EU-Wiederaufbauplan nur unter Bedingungen durchführen. Unter anderem sollen die Hilfen auf zwei Jahre beschränkt werden und nicht als nichtrückzahlbare EU-Subventionen, sondern als günstige Kredite vergeben werden. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nahm am Donnerstag die Verhandlungen mit Rutte über den umstrittenen Aufbaufonds wieder auf. „Es gibt 27 Mitgliedstaaten, die müssen alle unter einen Hut gebracht werden“, erklärte Merkel und fügte hinzu: „Wir müssen einstimmig entscheiden, und ich glaube, dass das Treffen heute Abend deshalb sehr wichtig ist.“ Die „sparsamen Vier“ stehen dem Vorschlag der EU-Kommission bislang entschlossen entgegen. Laut Rutte sei der Beschluss eines Wiederaufbaufonds „ganz wichtig“. „Aber es ist auch wichtig, dass ein solcher Fonds zusammen mit Reformen durchgeführt wird, damit alle EU-Mitgliedstaaten auch stark sind, und bei einem folgenden Schlag ein solcher Fonds gar nicht notwendig ist“, so Rutte.
Kommende Woche Freitag und Samstag wird auf einem Sondergipfel über das Konjunkturpaket in Höhe von 750 Milliarden Euro zum Wiederaufbau der Wirtschaft in den von der Pandemie besonders betroffenen Ländern verhandelt. Besonders die strapazierten Länder in Südeuropa sollen davon profitieren.