Nach jahrelangen Diskussionen um die Kohleverstromung haben die Abgeordneten des Bundestags nun den endgültigen Ausstieg beschlossen. Per Hammelsprung wurde entschieden, dass die Bundesrepublik bis 2038 aus der Kohle aussteigen wird.
Der Bundesrat legte den Gesetzesentwurf für den Kohleausstieg vor und der Bundesrat stimmte Freitagnachmittag zu. Bis 2038 wird die Bundesregierung die Kohleverstromung einstellen. Das Gesetz sieht schrittweise den Rückzug aus der klimaschädlichen Stromerzeugung vor. Parallel dazu wurde ein Gesetz verabschiedet, das Hilfen in Höhe von 40 Milliarden Euro für die Kohleländer vorsieht. Ziel sei es, die Kohleregionen beim Umbau der Wirtschaft und dem Ausbau der Infrastruktur zu helfen und die Betreiber von Kohlekraftwerden finanziell aufzufangen und für die Schließung zu entschädigen.
Das Gesetz traf jedoch nicht bei allen Abgeordneten auf Zustimmung. Die Abstimmung kam erst per „Hammelsprung“ zustande. Dabei verlassen die Abgeordneten den Raum und treten durch drei verschiedene Türen wieder ein. Jede Tür steht für eine andere Abstimmungsmöglichkeit – Ja, Nein oder Enthaltung. Dieses Verfahren war notwendig, da laut Bundestagspräsidium einige Abgeordnete gegen das Gesetz waren und nicht klar war, ob bei der Abstimmung per Hand eine Mehrheit für den Entwurf erreicht wurde oder nicht. Letzten Endes stimmten 314 Abgeordnete für das Kohleausstiegsgesetz und 237 dagegen.
Der Bundesrat befasste sich umgehend mit der abschließenden Beratung über das neue Gesetz. Der Ausstieg aus der Stromerzeugung mit Kohle soll Deutschland dabei unterstützen, die Klimaziele für 2030 durchzusetzen. Mit der „Bepreisung des klimaschädlichen CO2-Fördermaßnahmen und gesetzlichen Standards für mehr Innovationen und Investitionen wollen wir Deutschlands Klimaschutzziel 2030 erreichen: 65 Prozent weniger Treibhausgase im Vergleich zum Jahr 1990“, so die Bundesregierung. „Die wohl energiepolitisch wichtigste Entscheidung“, wie Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) es bezeichnete und fügte hinzu: „Wir haben damit einen historischen Meilenstein erreicht.“ Spätestens 2038 sei der Kohlestrom rechtssicher, wirtschaftlich vernünftig und sozial ausgewogen beendet.
„Ich bin optimistisch, dass wir unsere Ziele in erheblichem Umfang bereits vor dem offiziellen Ausstiegsdatum schaffen können“, betonte Altmaier bei der Pressekonferenz am Freitag. Der Komplettausstieg könne demnach schon 2035 gelingen, falls Deutschland mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien schneller vorankommt. Allerdings reichte Kritikern dieses Zeitfenster nicht aus. Greenpeace kritisierte den Kohleausstieg bis 2038, denn er „kann und er muss schneller gehen“, teilte die Greenpeace-Aktivistin Lisa Göldner mit. „Stopp Kohle!“ stand auf den Schildern, mit welchen Göldner und 9 anderen Aktivisten am Freitag vor dem Reichstagsgebäude in Berlin demonstrierten. Sie kletterten aus Protest gegen das neue Kohleausstiegsgesetz auf das Dach des Reichstags und brachten ein Banner mit der Aufschrift „Eine Zukunft ohne Kohlekraft“ an. Auch die Umweltorganisation „Bund“ kritisierte das Vorhaben der Bundesregierung, denn „der Kohleausstieg vor 2030 ist möglich.“
„Ein ‘Weiter so‘ darf es nicht geben“, hieß es auf der Webseite des Umweltschützers. Der Ausstieg sei durchaus auch vor 2030 möglich, ohne dabei die Versorgungssicherheit zu gefährden. Der sogenannte „Abschaltplan“ beinhaltet Strategien, die das Klimaziel, die Versorgungssicherheit und die Energiewende begünstigen. Dabei sei es möglich mehr Kohlekraftwerke stillzulegen, als der schrittweise Plan der Bundesregierung es vorsieht. Auch Grünen-Chefin Annalena Baerbock kritisierte den Ausstieg bis 2038, denn er sei früher realisierbar. Linke-Energiepolitiker Lorenz Gösta Beutin sprach von einem „schwarzen Tag“ für das Klima.
Die Bundesregierung plant in den Jahren 2026, 2029 und 2032 die Folgen des Kohleausstiegs auf die Versorgungssicherheit und die Entwicklung der Strompreise hin zu überprüfen. Außerdem wird untersucht, ob die Reduzierung des Kohlestromversorgung vorgezogen werden kann, sodass der endgültige Ausstieg bis 2035 erfolgen kann. Realistisch gesehen bedeutet der Kohleausstieg bis 2035, dass die Klimaziele dennoch verpasst werden, da diese für 2030 avisiert sind. Am Wichtigsten scheint in diesem Zusammenhang, dass ausreichend Alternativen vorhanden sind, und dass der Weg frei gemacht wird für Solarstrom und Windenergie.