Man kann auf ehrliche Art reich und berühmt werden, oder auf die krumme Tour. Die Vorstände des einst himmelstürmenden Erfolgsunternehmens Wirecard AG, aus dem bayerischen Aschheim, haben sich wie man nun mit Überraschung feststellen muss, für den zweiten Weg, den unseriösen, entschieden.
Milliarden-Werte werden hier in der Abfolge weniger Tage in Grund und Boden getreten, die Notierung im XETRA-Dax ist nur noch auf dem Papier gültig und die Aktionäre haben Unsummen verloren. Durch Kurseinbrüche von über 80!! Prozent innerhalb einer Woche. Ein nie dagewesener Finanzskandal, den die Vorstände der Wirecard Bank absichtlich herbeigeführt haben. Indem sie versuchten, selbst die renommierte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG hinters Licht zu führen und falsche Bilanzen zu präsentieren und diese auch noch schön zu reden. Dass die Aufsichtsbehörden – allen voran die BaFin – geschlampt haben, dürfte keine große Überraschung mehr sein. Die Behörden ließen Wirecard mindestens 5 Jahre vor sich hinwurschteln, obwohl seit langer Zeit klar war, dass getrickst und gemauschelt wurde. Mit Firmenverflechtungen im In- und Ausland, mit dubiosen Treuhändern und manipulierten Märkten. Und je höher der Aktienkurs des Unternehmens stieg, desto gieriger wurden Markus Braun und Kollegen, desto mehr Lobhudeleien wurden über dem Erfolgsgaranten ausgesprochen.
Vorstands-Chef Dr. Markus Braun hat den Wirecard-Wahnsinn genauso mitzuverantworten wie seine Kollegen Matthias Wulff und Daniel Heuser. Ein weiterer Skandal ist nun die Tatsache, dass Braun erst einmal einen Großteil seines Aktienbesitzes liquidieren konnte, um daraus 155 Millionen Euro zu erlösen – jetzt, bevor der Kurs unter 10 und unter 5 Euro fallen wird. Daraus konnte er dann seine Kaution von 5 Millionen Euro bezahlen, die ihn davor bewahrt, in Untersuchungshaft auf den anstehenden Prozess zu warten. So konnte er erst einmal freikommen, musste zwar seinen Pass abgeben und sich wöchentlich bei der Polizei melden, aber wer weiß, wie seine wahren Pläne aussehen, wenn es um Kopf und Kragen geht in einem zu erwartenden Gerichtsprozess wegen Betruges, Vorteilnahme, Bilanzfälschung und Unterschlagung – um nur einige Aspekte der Strafvorwürfe zu nennen.
Die renommierte englische Wirtschaftszeitung „Financial Times“ ist der Wirecard AG seit fünf Jahren auf der Spur, weil diese bereits früh Verstöße und Unregelmäßigkeiten beim Unternehmen festgestellt hatte. Die Manager bei Wirecard spürten bereits früh den Atem ihrer Verfolger und Investigativ-Journalisten im Nacken und nannten das Ganze dann „falsche und irreführende Behauptungen“ oder „ungenaue, irreführende und diffamierende“ Medienberichte, was die Briten der breiten Öffentlichkeit präsentierten. Wirtschaftsprüfer und Finanzaufsicht ließen sich blenden und auch beeindrucken und schauten deshalb offenbar jahrelang nicht genau hin. Im Gegenteil: Sie gingen stattdessen gegen Financial Times-Journalisten vor. Die Krönung des Absurden war dann eine Aktion der Bafin: Die Aufsichtsbehörde stellte im April vergangenen Jahres Strafanzeige gegen zwei FT-Reporter und mehrere Börsenhändler. Ihre Begründung: Mit den Enthüllungsgeschichten hätten die Engländer einen Kursrutsch bei Wirecard auslösen wollen, um sich dann mithilfe von Brokern durch Wetten auf fallende Kurse bereichern zu können. Auch die Staatsanwaltschaft sprang auf diesen Zug auf und leitete Ermittlungen wegen Marktmanipulation ein. Wirecard konnte sich mal wieder als Opfer einer Verschwörung inszenieren.
Nun kommt auch noch ein weiteres Indiz dieser bayerischen Schmierenkomödie ans Tageslicht: In der Kasse gibt es ein Defizit von 1,9 Milliarden Euro. Geld, das niemand findet, angeblich auf asiatische Treuhandkonten eingezahlt, aber mit überwiegender Wahrscheinlichkeit gar nicht existent. Diese Transfers offenbar frei erfunden, um die Bilanzen zu schönen und einen milliardenschweren Geldfluss vorzugaukeln. Die Aktionäre ließen sich immer wieder aufs Neue beeindrucken und trieben den Aktienkurs von Wirecard auf immer neue Höchststände. Noch vor 2 Jahren, im August 2018, stand der Kurs bei 191 Euro pro Anteilsschein, ein Highlight, dem die Anleger, Fondsgesellschaften und institutionellen Investoren nur weinend hinterherschauen können. Der tagesaktuelle Kurs von knapp 12 Euro kündigte den totalen Ausverkauf und den möglichen Konkurs des Unternehmens an. Seit vergangenen Donnerstag, also in 4 Börsentagen, wurden mehr als 11 Milliarden Euro an Börsenwert vernichtet. Natürlich werden die geprellten Aktionäre Schadensersatzforderungen stellen, aber woher nehmen, wenn nicht stehlen?