Er war ein guter Mittelstürmer, war Deutscher Meister mit Stuttgart und Bayern und Weltmeister 1990. In seiner Zeit in England in der Premier League wurde er bewundernd „The Diver“ für seine Hechtkopfbälle getauft. Was die Gegenwart betrifft, kann man Jürgen Klinsmann nur raten: „Lass es!“ Trainer, oder auch Team-Manager, das ist nicht dein Job. Da hast du keinen Erfolg und stiftest nur Chaos. So, wie in Berlin bei Hertha BSC, wo Klinsi wie er liebevoll genannt wird, nach 76 Tagen hingeschmissen hat. Zurück bleiben große Verwirrung und ein riesiger Image-Schaden. Für den Verein, aber auch für den deutschen Fußball. Seine ehemaligen Kollegen und Mitspieler wie Lothar Matthäus zeigen sich empört, ob der groben Rücksichtslosigkeit von Klinsmann, dem es offensichtlich zuerst um seine Person und dann um den Verein gegangen ist. Matthäus äußerte sich beim Bezahlsender-SKY: „Jürgen ist jemand, der ein Machtmensch ist, der dann alles oder nichts spielt. Ich gehe davon aus, dass das entscheidend war“ (das er nicht das bekam, was er vom Verein forderte, und deshalb hinwarf). „Jürgen ist, wie viele Mittelstürmer, sehr egoistisch gewesen in seiner Laufbahn. An oberster Stelle war immer Jürgen.“ Und genau dieser Egoismus scheint ausschlaggebend, dass Klinsmann seinen Willen bzgl. Machtkompetenz nicht bekam und deshalb die Flinte ins Korn warf. Hingeworfen und abgehauen – nach Amerika in den Schoss seiner Gattin.
Das war ein Abgang ohne Stil. Aber auch wiederum typisch für Jürgen Klinsmann. Er hat in seinen Trainerstationen nie den Erfolg gehabt, den es braucht, um ein ganz Großer zu sein und um Millionen im Jahr auf dem Chefsessel zu verdienen. Bei der deutschen Nationalmannschaft gings es sang- und klanglos zu Ende nach der WM 2006, dann bei Bayern München der Abgang nach Hoeneß-Kritik und später eine eher erfolglose Zeit als Nationalcoach der USA. Dabei hatte er alle finanziellen Möglichkeiten, strukturierte alles teuer um und installierte Leute und schuf neue Positionen. So wie bei der Berliner Hertha, die er zu einem Vorzeige-Club etablieren wollte, mit dem Ziel internationaler Fußball und später sogar Champions-League. Dafür wurden fast 80 Millionen Euro investiert, in Spieler, die man hätte billiger einkaufen können und wo es heißt, sie sind nicht der Glanz, den man sich erhofft hat. Allerdings haben Experten bereits in der Vergangenheit gemunkelt, dass ein Investor wie Lars Windhorst eben selbst gar nicht erfolgreich genug gewesen ist, um dem Verein einen Stempel aufzudrücken. Um die Geschicke eines Proficlubs mitzugestalten. Hertha hat dankend die Kohle angenommen (200 Millionen Euro), um dann auf Shopping-Tour zu gehen. Unfassbar, dass dabei nur Durchschnittsspieler gekauft wurden, aber keine Stars.
Hertha hätte wissen müssen, wen sie mit Klinsmann verpflichten und dass dieser Mann Ecken und kanten hat, die ihn nicht zu einem Team-Player qualifizieren. Doch das brauchst du im Fußball-Geschäft, speziell in der 1. Liga, wenn du Beständigkeit und Erfolg miteinander verbinden willst. Großkotzig nach dem „American Way“ haben Klinsmann und sein Förderer Lars Windhorst die Messlatte sehr hoch gehängt und von einem „Big-City-Klub“ gesprochen, den sie in Hertha BSC sehen. Zumindest in den kommenden 3-5 Jahren. Komisch war, dass Hertha-Manager Michael Preetz nie in den Chor der fröhlichen Prognosen einstimmen wollte. Er hielt sich galant zurück, vielleicht auch aus Kalkül, weil er Schlimmes befürchtete. Wer sich die berufliche Vita von Investor Windhorst anschaut, findet ein paar Unternehmenspleiten und Kapitalvernichtung im großen Stil. Klinsmanns Forderungen dürften zur Dekadenz der gelebten Euphorie gepasst haben, so dass Preetz irgendwann gedacht haben wird, jetzt muss ich eingreifen und die Bremse ziehen, sonst stehe ich eines Tages selbst ohne Job da. Und das hat er getan – in Abstimmung mit dem Vereinsboss Gegenbauer – der dann offenbar die Kompetenzen Klinsmanns eingegrenzt hat. Das schmeckte dem guten Klinsi aber offensichtlich nicht, so dass er kündigte und eilig seine Rückreise nach Amerika vollzog. Nach mir die Sintflut, könnte man meinen, wenn man die Scherben des krachenden Abschieds von Klinsmann betrachtet. Eben Klinsi-like, ohne Rücksicht auf Verluste. Wer einen Jürgen Klinsmann demontiert oder beschneidet, der muss sehen, wie er mit dem Chaos klarkommt. Eine Mannschaft ohne Trainer, eine Saison, die sich nah an den Abstiegsplätzen abspielt und eine Fan-Gemeinde, die die Berliner Welt nicht mehr versteht. Vielleicht bekommt nun Bruno Labbadia als Trainer eine neue Chance im deutschen Profigeschäft. Er ist jedenfalls um einiges seriöser in seiner Arbeitsauffassung als sein Vorgänger, der nach 76 Tagen Reißaus genommen hat. Peinlich für einen Hauptstadt-Club!