Der Umgang mit Handys und PCs ist grenzwertig, hat bei vielen von uns krankhafte Züge angenommen und greift mehr und mehr in unser Verhalten und unsere Gewohnheiten ein. Zu viele Menschen machen sich abhängig von ihrem Mobiltelefon und können sich nicht vorstellen, auf ihr Smartphone längere Zeit zu verzichten. Zwar ging früher, also vor etwa 25 Jahren, auch alles noch ohne Handy, aber viele haben sich mittlerweile in totale Abhängigkeit von diesen kleinen Geräten gebracht. Selbst kleine Kinder werden von ihren Eltern auf diese Gadgets konditioniert, so dass es zu Heul-Attacken und Wutausbrüchen kommt, wenn Eltern ihren Kinder deren elektronische Spielzeuge auch mal zwischendurch wegnehmen. Eine vernünftige und sinnvolle Freizeitgestaltung kommt für viele so nicht mehr zustande, die jungen Leute zwischen 20 und 35 Jahren geben in Umfragen regelmäßig zu, vom Handy abhängig zu sein und dass sie einem Verzicht über längere Zeit nicht zustimmen würden. So krank ist unsere elektronische Cyber-Welt mittlerweile geworden – ein Verlust des mobilen Telefons gleicht für manchem einem Entzug wie bei Alkohol- oder Drogenmissbrauch.
Meine Freundin rastet sofort aus, wenn ich mal ihr Handy verstecke oder sie es nicht überall bei sich trägt. Zum Beispiel, wenn sie es zu Hause vergessen hat. Dann steht die Welt still, dann drehen sich alle Gedanken nur noch darum, wie man schnellstens zum Handy zurückkommen kann oder was man alles verpassen könnte. Neueste Nachrichten, Facebook-Posts, Instagram-Fotos oder wichtige Anrufe. Sie glaubt wie Millionen anderer User, dass das Mobiltelefon unentbehrlich sei und ein tiefer Einschnitt in das Alltagsleben stattfinden würde, wenn das Handy nicht „am Mann“ ist. Es entwickelt sich eine Art nervöse Unruhe dann bei ihr, die soweit führt, dass sie sogar einen Flug verpassen würde, um vor der Abreise zuerst das Mobilfon zu holen. Der Stress-Level steigt bei ihr massiv an und ein niedriger Akku-Stand signalisiert betriebsame Hektik, um Zugang zu einer Ladestation zu bekommen. Unter allen Umständen, und unter Missachtung sämtlicher Benimm- oder Verhaltensregeln. Wenn das kein Suchtverhalten, kein zwanghaftes Agieren ist, was dann?
Wie der STERN in einer aktuellen Ausgabe berichtet, haben sich verschiedene handyabhängige Menschen bereit erklärt, am 25.Dezember ein „Experiment“ zu wagen und 1 (einen) Tag! auf ihr Handy zu verzichten. Über so einen Schwachsinn kann ich als gereifter Autor und „Geistesmensch“ nur laut lachen und es zeigt mir, dass die soziale Verantwortung von Eltern beispielsweise so weit gehen muss, dass man den eigenen Kindern auf jeden Fall Konsum-Grenzen für Handy und Computer aufzeigen sollte, um die kindliche Entwicklung zu schützen. Zu groß sind die negativen Auswirkungen – besonders von Handys – auf das Verhalten, die Psyche und die gesundheitliche Entwicklung von Kindern.
Wie es in neuesten Erhebungen heißt, verbrachten im Jahr 2018 unter 30-jährige täglich fast 6 Stunden online an PC oder Mobiltelefon. Dabei schauen sie statistisch gesehen etwa 88 mal am Tag aufs Smartphone und verbringen etwa eine Stunde damit, verschiedene Seiten und Themen zu durchforsten (scrollen) und werden dabei auch noch gezielt von der Werbeindustrie geleitet, die den Handy-Konsum gewinnbringend für sich nutzt.
Der sogenannte Kontrollverlust über das eigene Verhalten in Bezug auf problematische Smartphone-Nutzung läßt sich mittlerweile auch wissenschaftlich untermauern, wie die modere Suchtforschung in der Psychologie zu verstehen gibt. Betroffenen fällt es demnach schwer, sich auf andere Dinge als das Handy zu konzentrieren und nicht jede angebotene App anzuklicken. Die kreative Produktivität wird durch Handyeinfluss permanent unterbrochen und schadet dem Menschen. Bisher wurde allerdings von der Weltgesundheitsorganisation WHO nur das krankhafte Computerspielen (Gaming Disorder) als Suchtkrankheit eingestuft und anerkannt, allerdings müsste man dieses bestimmt auch auf die meisten Social-Media-Nutzer übertragen. Um die User bei Laune zu halten, arbeiten Spiele-Designer und Programmierer von Instagram & Co mit verschiedenen Tricks. In der Apps- und Gamesbranche gibt es eine sogenannte Bibel, die beschreibt wie man Menschen dazu bringt, Dinge zu tun, die sie eigentlich nicht wollen. Also endlos in den Apps und Handy-Inhalten bleiben (push Nachrichten) und über Endlosspiele in eine Abhängigkeit zu geraten. Dabei kommen „glücksspielähnliche Elemente“ zum Einsatz, die zur Medienabhängigkeit führen können. Schlimm daran ist, dass auch Minderjährige so geködert werden.
Zu den größten Triebfedern des problematischen Smartphone-Verhaltens gehört die Furcht, etwas zu verpassen, was den Nutzern suggeriert wird. „Fear of missing out“ in der Fachsprache genannt. Überall schauen Konzerne wie Facebook oder Snapshat oder Instagram, wie man User noch enger an sich binden kann. Dazu werden die Kontakte im Netz ausgewertet und daran gefeilt, welche Menuführung, welche inhalte oder welche Farben eine bestimmte Signalwirkung auf die Kunden haben, damit diese länger auf bestimmten Seiten bleiben. Diese Entwicklung ist nicht nur problematisch, sondern fördert die Abhängigkeit.Wie heißt es mittlerweile in Insider-Kreisen: Ist digital nicht wirklich toxisch, also giftig? Nur dann, wenn man nicht zu viel davon bekommt. Die Menge macht’s.
Was helfen kann, ist gesellschaftliches Umdenken und eine massive Aufklärungsarbeit in Richtung Eltern, Erzieher und Lehrer. Es darf nicht so weit kommen, dass man Smartphone-Sucht bekämpfen muss, sondern die Tech-Konzerne müssten gesündere Plattformen kreieren. Und die Menschen zum Umdenken über ihr Online-Verhalten bewegen. Wenn das gelingt, sind handyfreie Zeiten und -Orte in Zukunft kein Muss, sondern Selbstverständlichkeit.