Boris Johnson hat die Unterhauswahlen in Großbritannien mit einer deutlichen Mehrheit gewonnen. Der Brexit ist ab jetzt unausweichlich.
Mit seinen Tories und dem einfachen Wahlspruch „Get Brexit Done“ hat Boris Johnson 364 Sitze (Stand am 13.12.19 vormittags) gewonnen. Die gegnerische Labour Partei lag weit hinter den Konservativen und bekam nur 203 Sitze. Mit Johnsons simpler Botschaft schien er viele Wähler auf seine Seite gezogen zu haben. Denn auch in traditionellen Labour-Regionen im Norden Englands gewannen die Tories die Mehrheit in zahlreichen Wahlkreisen. Johnson erzielte so insgesamt eine Mehrheit von 78 Sitzen – seit 1987 war der Erfolg der Tories nicht mehr so groß.
Gibt es jetzt Erholung vom Brexit-Chaos?
Fest steht: Der Brexit wird kommen. Doch eine leichte Geburt wird das nicht. Am
31. Januar will Großbritannien aus der EU austreten. Dazu muss das britische
Unterhaus allerdings erst einmal über den Austrittsvertrag abstimmen. Im
Anschluss braucht es noch die Zustimmung zu dem Austrittsabkommen vom
Europaparlament. Das könnte Mitte Januar der Fall sein, so dass Großbritannien
die EU Ende Januar verlassen würde.
Erstmal würde sich dann nicht viel ändern, denn in einer Übergangsphase sollen die EU und das Vereinigte Königreich für Klärung der künftigen Beziehungen sorgen. Doch gerade diese Verhandlungsphase wird von vielen Experten als schwieriges Unterfangen gewertet, denn die Zeit ist knapp. Bis Ende kommenden Jahres soll ein Freihandelsabkommen stehen, mit dem alle Beteiligten einverstanden sind. Sollte bis Ende 2020 keine Einigung stattfinden, droht ein harter Brexit, der ein noch viel größeres Chaos mit sich brächte.
Die Zukunft mit der EU
Laut EU-Ratspräsident Michel sei die EU bereit für eine neue Phase und in guter Hoffnung auf loyale Verhandlungen. Es sei nicht nur für Bürger wichtig für Stabilität zu sorgen, auch für britische und europäische Unternehmen sei Sicherheit bedeutsam. Welche Art der Beziehung mit London möglich ist, hängt im Wesentlichen von Johnson ab. Immerhin zeigte dieser sich nach der Wahl ungewohnt zurückhaltend und bodenständig und wies auf die große bevorstehende Verantwortung hin: „Was ich Euch noch sagen möchte ist, dass wir realisieren müssen, was wir für ein Erdbeben verursacht haben. Die Art und Weise, wie wir die politische Landkarte dieses Landes verändert haben. Wir müssen uns jetzt mit den Konsequenzen beschäftigen. Wir müssen auf die Herausforderung antworten, die uns das britische Volk gegeben hat.“
Erste Reaktionen aus der Wirtschaft
Zunächst einmal zeigte sich eine allgemeine Erleichterung, dass dem
dreijährigen Kampf um Gewissheit nun endlich ein Ende gesetzt werden soll. So
twitterte die CBI-Chefin
Carolyn Fairbairn, dass Johnson nun endlich den „Kreislauf der Unsicherheit“
durchbrechen solle.
Das Chaos der letzten Jahre hat an vielen Nerven
gezerrt. Auch das Institute of Directors zeigte zurückhaltende Erleichterung und die Hoffnung,
dass sich die Regierung „klar über die Herausforderungen für Unternehmen ist
und ehrgeizig, aber realistisch in ihren Antworten“ sein müsse. Bisher strebte
Johnson einen harten Brexit an. Er will, dass die Briten die Zollunion und den
Binnenmarkt verlassen und in Zukunft wirtschaftlich auf sich selbst gestellt
sind. Trotz seiner versöhnlichen Worte nach der gewonnenen Wahl steht der
schwierigste Part der Verhandlungen um den Brexit noch bevor. Ob die Gespräche
über die zukünftigen Beziehungen bis Ende 2020 erfolgreich sein werden, lässt
sich nicht sagen. Ist bis dahin noch nicht alles geklärt, wird Großbritannien
erneut in großer Unsicherheit einem ungeordneten Brexit gegenüber stehen.