Das in viele kleine Staaten gegliederte Europa mit seinen zahlreichen Rechtssystemen mag vielen Anlegern gefährlich erscheinen. Doch viele Private-Equity-Gesellschaften und die von ihnen gespeisten Arbitrage-Fonds sehen Chancen in der wirtschaftlichen Misere und dem Brexit.
Private-Equity-Gesellschaften halten rekordverdächtige Barreserven für Investments bereit. Tendenziell setzen sie auf Underperformer und billige Aktien in ganz Europa. Den Wert von Leveraged Buyouts treibt das in Richtung der Nach-Krisen-Höchststände. Im Unternehmenssektor könnten diese Deals aus Nachzüglern Stars machen und ereignisgesteuerten Hedgefonds den Turbo zuschalten.
„Es gibt so viel Potenzial in europäischen Unternehmen“, freut sich David Marcus, Leiter des Vermögensverwalters Evermore Global Advisors LLC in Summit, NJ und blickt auf seinen Global Value Fund, der in diesem Jahr um 15 Prozent angezogen hat. Sein Fazit: „Die Schlagzeilen sind schlecht, die Realität ist gut.“
Der Buyout-Boom kurz vor der Finanzkrise brachte die Lebensgeister europäischer Unternehmen in einen Dornröschenschlaf. Seither wurde kein solcher Appetit mehr seitens der Private Equity registriert. Nach Daten von Bloomberg summieren sich die ausstehenden und abgeschlossenen Transaktionen mit Zielstellung auf westeuropäische Unternehmen in diesem Jahr auf insgesamt 51 Milliarden US-Dollar, was die Buyout-Erholung verankert.
Zustande kommende Transaktionen könnten den Aktionären große Gewinne bescheren. So trug am 25. Juli der Verkauf des britischen Rüstungs- und Luftfahrtunternehmens Cobham Plc für 5,25 Milliarden Euro an die US-amerikanische Buyout-Gesellschaft Advent International Corporation der Aktie einen Tagesgewinn von 35 Prozent ein. Dem folgten angekündigte Deals für den deutschen Leuchtmittelhersteller Osram Licht AG und den Eigentümer der Legoland Themenparks.
Dabei könnte noch mehr anstehen. Die Thyssenkrupp AG erwägt angesichts des Interesses von Buyout-Gesellschaften, eine Beteiligung an seiner Aufzugsparte zu verkaufen. Derweil hat Altice Europe NV zahlreiche Interessensbekundungen von Private Equity-Gesellschaften für ihre Werbeplattform Teads erhalten.
Um 6,1 Prozent legte im ersten Halbjahr der EurekaHedge Event Driven Hedge Fund Index zu und zeigte damit unter Hedgefonds die Strategie mit der drittbesten Performance – verglichen mit 1,9 Prozent im Vorjahreszeitraum.
Nach Auffassung des Bankhauses BNP Paribas SA könnten die Substanzwerte in Europa mit ihrer unterdurchschnittlichen Entwicklung angesichts des Buyout-Booms in diesem Jahr einen erfreulichen Durchbruch hinlegen. Nur wenige Anleger mit Entscheidungschwerpunkt für den Allokationsstil suchten Unternehmen nach ihrem Akquisitionspotenzial aus. Doch die optimistische Überzeugung der Bank im Blick auf den Zyklus habe sie dazu veranlasst, eine neue Handelsstrategie in ihre jüngsten Analysen einzuführen.
Das Bankhaus empfiehlt einen Korb von Aktien, bestehend aus 30 Mitgliedern des Stoxx 600 Index, die reif für Leveraged Buy-outs sind. Der ist, regional betrachtet, auf Großbritannien ausgerichtet. Dort loten Pfund- und Aktienbewertungen derzeit mehrjährige Tiefstände aus. Dabei erkennt die Bank Ähnlichkeiten mit der Phase von Anfang 2006 bis September 2007, als der Equity Value Europe Index um 46 Prozent anstieg.
Vorsichtiger gibt sich der Londoner Hedgefonds Antler Capital Partners LLP, wo Gründer Georges Gedeon noch keine potenziellen Ziele ausgesucht hat. Er verweist auf das Verlustrisiko mit unterdurchschnittlichen Performern, die womöglich nie auf Buyout-Interesse stoßen. „Das Problem ist, dass es einen Grund gibt, warum ihre Bewertungen niedrig sind,“ sagte Gedeon, „so dass Sie Geld verlieren können, wenn Sie die Aktie halten, während Sie auf das Ereignis warten.“
„Der Brexit schreckt natürlich einige Leute ab“, sagt dazu Gunter Waldner, der bei Tyrus Capital in Private-Equity-Fonds investiert. „Aber da die Bewertungen besonders günstig sind und das Pfund um einiges nachgegeben hat, wird das Interesse vieler Leute immer größer.“