Görlitz. Nach einer langen schwachen Phase nimmt der Silberpreis derzeit wieder Fahrt auf. „Schon wegen der anhaltend hohen Produktionskosten kann Gold nur maßvoll fallen und langfristig gesehen eigentlich nur steigen“, kommentiert Herbert Behr, CEO der Golden Gates Edelmetalle GmbH.
Der Rekord des Fünfjahreshochs im zweiten Junidrittel hatte nicht sehr lange Bestand, löste ihn doch schon zur Hälfte des Monats August das Sechsjahreshoch ab.
Gold profitiert hier vor allem wieder von seiner Funktion als „Fluchtwährung“, die Sicherheit bietet, wenn andere Säulen zu wackeln beginnen. Auch Silber notiert zunehmend höher. „Silber war lange Zeit so unterbewertet, dass höchstens der späte Zeitpunkt des Nachziehens überraschen kann“, meint dazu Constantin Behr.
Allmählich erschwert die Anzahl der Ereignisse den Überblick über die Faktoren, die während des vergangenen Halbjahres zur Verunsicherung beigetragen haben.
Ganz vorne ist da der Handelsstreit zwischen den weltgrößten Handelsmächten zu nennen. Dazu gesellen sich weitere zoll- und wirtschaftspolitische Entscheidungen des Präsidenten der Vereinigten Staaten. Einfluss zeigten auch andere wegweisende Entschlüsse, die teilweise schon länger zurück liegen und erst mit einer gewissen Zeitverzögerung zum Tragen kamen. Erinnert sei dabei an die einseitige Kündigung des Atom-Abkommens durch die USA und die teilweise daraus resultierenden Spannungen am Golf. Sowohl in den USA als auch in der Türkei versuchen die Präsidenten, Einfluss auf die Notenbanken zu gewinnen und unterwandern damit die Zuversicht der Anleger. Die autoritäre türkische Staatsführung verschreckte mit antidemokratischem und nationalistischem Gehabe ihren Stabilitätsnimbus und entledigte sich zudem eines Teils eines tragenden Standbeins, des Tourismusmarktes. Damit schickte sie außerdem ihre Währung auf Talfahrt.
Die EU, trotz der vielen Akteure ein Monolith der Stabilität, wähnte den Krisenmodus als beendet, bis die italienische Regierung versprach, den Euro durch demonstratives Ignorieren der Stabilitätskriterien ein bisschen durchzuschütteln. Nun ist die italienische Regierung gescheitert, der Neuanfang noch im Unbestimmten. Zu alledem zeichnet sich allmählich ein ungeregelter Brexit ohne Vertrag ab – auch wenn dessen Folgen die Insel sehr viel nachhaltiger erschüttern werden als die verbleibende EU. Behinderter Handelsfluss und Zölle versprechen dem neuen Drittstaat absehbar sehr viel folgenreichere Zukunftsaussichten als die noch ungeklärten und möglicherweise unklärbaren Fragen zur Regelung des Backstop. Letzte Meldung war dann der Einbruch der Börsen in Argentinien und der Fall des Peso.
Nach all diesen kleinen Verwerfungen erscheint nun jedoch größeres Unbill am Horizont: Nach einem Jahrzehnt prosperierender Wirtschaft in Deutschland und der restlichen Welt zeigen sich erste Zeichen einer Eintrübung. Pessimisten sprechen bereits von einem Crash, und selbst renommierte Wirtschaftsblätter glauben, erste Warnsignale zu erkennen.
Die Edelmetallhändler rechnen von daher mit weiter steigenden Goldpreisen. Preistreiber ist eine enorm gestiegene Nachfrage. Die Lobbyorganisation World Gold Council berichtet von einem Anstieg um 8,1 Prozent auf 1.123 Tonnen für das zweite Quartal 2019, verglichen mit dem entsprechenden Vorjahresquartal. Die internationalen Notenbanken wurden dabei zu den bedeutendsten Käufern. Mit einer Aufstockung ihrer Bestände um 224,4 Tonnen hatten sie entscheidend zum Preisanstieg beigetragen. Zum Vergleich: Vor einem Jahr, im zweiten Quartal 2018, beschränkten sich die Nettogoldkäufe sämtlicher Notenbanken noch auf 152,8 Tonnen.
Momentan hat sich der Goldpreis auf einem Niveau von rund 1500 US-Dollar je Feinunze eingerichtet. Diese Marke hatten auch die Experten der Golden Gates Edelmetalle GmbH vorausgesehen und bereits in der Vergangenheit mehrfach in der Presse geäußert. Chinas Zoll-Reaktionen auf die jüngsten Äußerungen des US-Präsidenten beim G7-Treffen in Biarritz gaben dem Gold dann einen Schub auf bis zu 1535 US-Dollar. In Dollar gemessen legte die Notierung in den vergangenen 30 Tagen um 7,5 Prozent zu. Auf das letzte halbe Jahr gesehen notierte sie um 15,2 Prozent höher, seit Jahresbeginn kann sie auf eine Steigerung von fast 16 Prozent zurückblicken. Über ein ganzes Jahr gesehen konnten sich Anleger bis heute an einem Plus von fast 27 Prozent erfreuen. Grund genug, um die Bedeutung von Gold in der Prioritätenliste bei Geldanlagen an oberste Stelle zu setzen.