Der Ölkonzern Total hat in der vergangenen Woche mit der Produktion von Biotreibstoffen in einer der größten Bioraffinerien Europas begonnen. Die Anlage in La Mède nahe Marseille habe den Betrieb aufgenommen, teilte Total mit. Demnach können dort jährlich 500.000 Tonnen „Biodiesel“ und „Jet-Biodiesel“ für Flugzeuge hergestellt werden. Bauern und Umweltaktivisten liefen wegen der geplanten Einfuhr von Palmöl Sturm gegen die Raffinerie.
Biotreibstoffe werden unter anderem aus Pflanzenöl gewonnen, ein Beispiel ist Palmöl. Dessen Anbau machen Umweltschützer für die massive Vernichtung tropischer Urwälder verantwortlich, vor allem in Malaysia und Indonesien. Total hat angekündigt, jährlich bis zu 300.000 Tonnen Palmöl importieren zu wollen – zum großen Ärger auch der französischen Raps- und Sonnenblumenbauern. Total sagte zu, pro Jahr mindestens 50.000 Tonnen französisches Rapsöl zu verwenden.
In der Raffinerie sollen Biotreibstoffe auf verschiedener Basis gewonnen werden: 60 bis 70 Prozent sollen durch die Umwandlung von Pflanzenölen etwa aus Raps, Sonnenblumen, Soja, Palmen und Mais entstehen. Tierische Fette und Alt-Speiseöl (etwa aus Fritteusen) bilden die Grundlage zur Nutzung der weiteren Anlagenkapazität. Die größte französische Bauerngewerkschaft fordert ein Verbot von Palmöl-Einfuhren.
Die Raffinerie der Provence war 1935 in Betrieb genommen worden und arbeitete lange Zeit defizitär. Im April 2015 wurde beschlossen, die sogenannten klassischen Veredelungsaktivitäten Ende 2016 einzustellen. Zwischenzeitlich geschah die Umstellung der Produktion auf Biodiesel. Diese Umstellung ermöglichte den Erhalt von 250 der zuvor 470 Arbeitsplätze.
Die Anlage stellt eine der größten in Europa dar. Dieses Projekt ist umstritten, da erwartet wird, dass die Biodieselproduktion hauptsächlich über Palmöl erfolgt, was in Indonesien und Malaysia zur Entwaldung führt. Der geplante Verbrauch von 400.000 Tonnen Palmöl führt nach Schätzungen von Umweltschützern zur Zerstörung von mehr als 1500 km2 Tropenwäldern, das Lebensraumäquivalent von 1500 Orang-Utans. Außer Umweltverbänden protestierten auch französische Bauernverbände. Weil Palmöl bei allen Nachteilen 30 Prozent billiger ist als Rapsöl, befürchtet eine Reihe der Bauern den Verlust seiner Lebensgrundlage. Die jungen Landwirte und die Gewerkschaft der Landarbeiter (FNSEA) hatten bereits im Juni 2018 protestiert gegen die Genehmigung für Total, einen Großteil des Palmöls importieren zu dürfen. Dabei hatten sie 13 Raffinerien und Tankstellen in ganz Frankreich blockiert. Ihnen zufolge liefert französischer Boden genug Raps und Sonnenblumen, um eine nationale Energieversorgung zu gewährleisten.
Laut der belgischen NGO Transport et Environnement wurde 2017 mehr als die Hälfte des von der EU importierten Palmöls für die Herstellung von Biodiesel für Pkw und Lkw verwendet. Die Herstellung von einem Liter Biodiesel aus Palmöl bedeutet, dass dreimal mehr CO2 in die Atmosphäre freigesetzt wird als bei einem Liter Diesel. Das sagt eine Studie der Europäischen Kommission. Darüber hinaus trägt Palmöl „erheblich zum Verlust der biologischen Vielfalt bei (Sumatratiger, Orang-Utans)“, gibt ein Bericht des Allgemeinen Rates der EU für Umwelt und nachhaltige Entwicklung aus dem Dezember 2016 zu bedenken.