Die Bundesregierung sieht in einem internen Bericht des Wirtschaftsministeriums erhebliches Wachstumspotenzial für den Absatz von verflüssigtem Erdgas (LNG). Die Grundlage: Der World Energy Outlook 2018 (Internationale Energie Agentur, IEA) prognostiziert bis 2040 eine Verteilung von bis zu 60 Prozent des weltweit geförderten Erdgases in Form von LNG. Damit würde ein Viertel des Welt-Energiebedarfs durch das transportgerecht geschrumpfte Erdgas versorgt. Unabhängig von einem Pipelinenetz erlaubt die Verflüssigung dieses Energieträgers den Transport über weite Strecken, mit Schiffen oder Lastwagen, an die entlegensten Orte. Das ist von elementarer Bedeutung, denn wie bei anderen Bodenschätzen liegen die Förderorte meist fern der Bedarfsregionen. Am Ziel angekommen bietet LNG eine Vielzahl von Möglichkeiten: Zum Heizen ebenso wie als Motorkraftstoff, für Pkw, Lkw oder Schiffsdiesel. Mittlerweile verteilen rund 200 Tankschiffe das Flüssigerdgas rund um den Globus. Dabei steht derzeit einer Importkapazität von rund 850 Millionen Tonnen pro Jahr eine Exportkapazität nur rund 370 Millionen Tonnen gegenüber. Dieses Verhältnis verändert sich gerade. Seit 2015 sorgen sowohl Australien als auch die USA für eine signifikante Erweiterung der Kapazität. Das steigende Angebot dürfte LNG tendenziell verbilligen und näher an den Preis von Pipeline-Erdgas führen. Knackpunkt ist für die LNG-Logistik hingegen noch das flächendeckend fehlende Leitungsnetz.
Status Quo-Analyse: LNG in Deutschland 2019
Derzeit existiert in Deutschland keine ausreichende LNG-Infrastruktur. Allerdings ist das deutsche Gasnetz bereits jetzt direkt mit LNG-Importterminals in den Nachbarländern verbunden, wie beispielsweise mit dem niederländischen Terminal GATE in Rotterdam. Zudem setzen private Investoren auf die dynamische LNG-Marktentwicklung und planen den Bau von drei Importterminals an den Standorten Brunsbüttel, Stade und Wilhelmshaven. Darüber hinaus soll ein small-scale-Terminal in Rostock entstehen. Als eine der ersten investiert hier die Schweizer Investmentgesellschaft „Vista Holding Group“ in die Zukunft.
LNG-Infrastrukturausbau in Deutschland unterstützen
Die Bundesregierung verbessert vor diesem Hintergrund die Rahmenbedingungen für die Errichtung von LNG-Infrastruktur in Deutschland. Bisher trugen die Betreiber von LNG-Anlagen das hohe Kostenrisiko für den Leitungsnetzaufbau. Hier hakt die Verordnung ein und überträgt die Kostenpflicht zum LNG-Leitungsnetzaufbau zu 90 Prozent den Fernleitungsnetzbetreibern. Den Betreibern von LNG-Anlagen werden 10 Prozent auferlegt, nebst einer Pflicht zu Kommunikation und enger Abstimmung. Kommunikation und Kooperation soll sicherstellen, dass nur Leitungen gebaut werden, soweit und sobald LNG-Anlagen errichtet werden.
LNG und seine Bedeutung für Europa
LNG hat auch europaweit Bedeutung. Für Regionen ohne durchgängiges Erdgaspipelinesystem oder schlechter Anbindung ist LNG eine notwendige Versorgungsquelle. Als Beispiele seien da Spanien, Portugal oder Griechenland genannt. Zudem bietet LNG die Chance zur Steigerung der Diversifikation. Das erhöht die Versorgungssicherheit, insbesondere in den südöstlichen und östlichen EU-Mitgliedstaaten. Diese hängen derzeit allein an russischem Erdgas. Von der dynamischen Entwicklung des globalen LNG-Marktes profitieren auch Regionen wie Deutschland, die ein durchgängiges Pipelinesystem haben. Zwar steht LNG derzeit in starkem Preiswettbewerb mit den Pipelines. Die liefern Erdgas preiswert aus Norwegen, Russland oder den Niederlanden. Allerdings drücken fallende Preise für LNG auch den Preis für pipelinegebundenes Erdgas.
Entscheidung der privatwirtschaftlichen Investoren
Investitionen in die deutsche Gastransportinfrastruktur sind letztlich privatwirtschaftliche Entscheidungen, also auch Investitionen in den Ausbau der LNG-Infrastruktur in Deutschland. Deshalb sind aus Sicht der Bundesregierung die privaten Projektträger für die LNG-Projekte entlang der deutschen Küste gefragt, ihre Standort- und Investitionsentscheidungen zu treffen. Die erste Entscheidung soll bereits in diesem Jahr fallen.