Manche Ideen sind so einfach wie das Ei des Kolumbus. In Hamburg hat Gamesa, eine Siemens-Tochterfirma, einen neuen Energiespeicher vorgestellt: Der soll in 1000 Tonnen Vulkangestein 30 Megawattstunden Strom speichern können. Als Speichermedium für Wärme, die genau dann wieder zu Strom gemacht werden kann, wenn er gebraucht wird: mit der klassischen Dampfturbine. Die einfache Technologie ist mit 45 Prozent Effizienz besser als die Speicherung mit Wasserstoff und Brennstoffzelle.
Die Sonne scheint wann sie will sehr intensiv und der Wind weht manchmal, wenn gerade kein Strom gebraucht wird. Das ist das alte Dilemma der Energiewende. Auf dem Gelände einer Aluminiumhütte hat im Stadtteil Altenwerder die Siemens-Tochter Gamesa einen neuen Energiespeicher in Betrieb genommen. Heiße Luft heizt das Vulkangestein auf 750 Grad Celsius auf, erwärmt beispielsweise durch Windstrom in verbrauchsschwachen Zeiten. Zum Heizen könnte jedoch auch heiße Abluft aus der Aluminiumhütte verwendet werden. Um später die Energie wieder als Strom abzurufen, wird kalte Luft durch das heiße Gestein geblasen. Sie erzeugt damit Wasserdampf von 600 Grad Celsius – das klassische Antriebsmittel herkömmlicher Kraftwerksturbinen. Gamesa spricht davon, seine Wärmemenge etwa eine Woche lang speichern zu können. Das System speichert dabei eine Wärmekapazität von 130 Megawattstunden, vergleichbar mit 10 Tonnen Heizöl.
Die Hamburger Pilotanlage verfügt über eine 1,5-Megawatt-Dampfturbine. Ohne Nachladung liefert ein voller Speicher Energie, um damit einen 24-Stunden-Tag lang Strom zu erzeugen. Die Kapazität von 120 Megawattstunden ist danach noch keineswegs ausgeschöpft. Allerdings sinkt dann die Temperatur der abgerufenen heißen Luft unter 600 Grad Celsius – zu wenig, um noch die Turbine mit ihrer vollen Effizienz von etwa 45 Prozent zu betreiben.
Die Betreiber rechnen mit 30 Megawattstunden Strom, den sie mit Dampf von 600 Grad Celsius erzeugen können. Dabei rufen sie 67 von 120 Megawattstunden ab. Strom oder heiße Abluft aus der Aluminiumhütte bringen anschließend den Speicher wieder auf die volle Betriebstemperatur.
Dabei bietet der Speicher außerdem das theoretische Potenzial der Kraft-Wärme-Kopplung. Unter 600 Grad Celsius ist zwar Stromerzeugung nicht mehr interessant. Die sonst ungenutzte Abwärme der Stromerzeugung könnte jedoch Haushalten oder Hallenbädern als Warmwasser bereitgestellt werden.
Mit ihren 1.000 Tonnen ist das Hamburger Vorzeigeobjekt eine Demonstrationsanlage. Der soll nach Plänen der Gamesa 2020 eine Pilotanlage mit 10.000 Tonnen Gestein folgen, dann mit einer Kapazität von über einer Gigawattstunde. Ab 2022 will man die Anlage kommerziell verkaufen. Die Turbine der Pilotanlage soll 30 Megawatt Strom erzeugen können.
Ein ähnliches Konzept hat die norwegische Firma Energy Nest preiswert in Kooperation mit Heidelberg Cement entwickelt und realisiert. Hier speichert statt Vulkangestein ein besonders Wärme sammelnder Zement die Energie in hohen Mengen. Von Rohren durchzogen erlaubt er einfach sowohl Zufuhr als auch Ableitung der Wärme zur anderweitigen Verwendung. Zur Aufheizung wird ein spezielles Öl auf hohe Temperaturen erhitzt und durch ein dichtes Netz aus Stahlrohren gepumpt. Das System funktioniert aber auch mit heißer Luft, Wasser oder Wasserdampf. Auch hier kann die Wärme nicht nur direkt genutzt werden, sondern auch, um eine Turbine oder einen Stirlingmotor anzutreiben. Die erzeugen mit einem Generator Strom.
Größere Anlagen bringen physikalische Vorteile, vor allem im Hinblick auf Wärmeverluste. Der wichtigste Vorteil ist die Minimierung der Wärmeverluste. Das Vulkan-Speichergestein wird in einem Betongebäude eingelagert oder der Zementblock mit einer Wärmeisolierung umgeben. Die Wärme geht dabei nur über die Außenfläche verloren. Ein Gebäude von dreifacher Länge, Breite und Tiefe, hat die neunfache Außenfläche, aber das siebenaundzwanzigfache Volumen. Im Vergleich zum Inhalt vermindern sich da die Verluste also um zwei Drittel.