Nachhaltiges Investieren, nachhaltige Geldanlage ist angesagt. Eine Umfrage kam nun zu dem Ergebnis, dass breite Bevölkerungskreise sich nichts darunter vorstellen können. Für institutionelle Anleger hingegen gewinnt das Asset zunehmend an Bedeutung.
Überraschend unbekannt
„Wir arbeiten mit Nachhaltigkeit – seit 300 Jahren“: Dieser Slogan ziert immer wieder die Stände der Forstämter auf der alljährlichen Landwirtschaftsmesse „Grüne Woche“. Wie eine Umfrage aus dem April im Auftrag des Bundesverbandes deutscher Banken ergab, können viele Verbraucher mit der Bezeichnung „nachhaltige Geldanlage“ nicht wirklich etwas anfangen. 32 Prozent gaben an, den Begriff schon einmal gehört zu haben. Doch nur die Hälfte davon, 16 Prozent (ein Sechstel aller Befragten) weiß auch, was darunter zu verstehen ist. 54 Prozent haben von nachhaltigen Geldanlagen noch nie gehört, 14 Prozent machten keine Angaben. Nur 5 Prozent der Befragten haben aktuell in nachhaltige Geldanlagen investiert. Für die Studie waren 1038 Bundesbürger ab 18 Jahre befragt worden.
Mit zunehmendem Einkommen steigt der Anteil tendenziell an. Personen mit einem monatlichen Haushaltsnettoeinkommen von über 3000 Euro halten zu 10 Prozent nachhaltige Geldanlagen.
Unter institutionellen Anlegern ein gängiges Thema
Eine aktuelle Umfrage unter institutionellen Großanlegern zeigt hingegen, dass die große Mehrheit der Investoren inzwischen Nachhaltigkeitskriterien bei ihrer Anlagestrategie berücksichtigt. „Nachhaltigkeit gewinnt massiv an Bedeutung und wird zum Erfolgsfaktor im Asset-Management“, lässt Alexander Schindler verlauten, Vorstand bei Union Investment. Diese Zahlen bestätigt eine unlängst veröffentlichte Studie der Union Investment. Demnach berücksichtigen mittlerweile 72 Prozent der 201 befragten institutionellen deutschen Anleger Nachhaltigkeitskriterien in ihrer Investitionsstrategie. Das bedeutet einen Anstieg um sieben Prozent gegenüber dem Vorjahr und markiert den höchsten Wert seit Beginn der Befragung im Jahre 2009. Zwei Drittel der Befragten geben an, dass nachhaltige Kapitalanlagen das Weltklima entscheidend beeinflussen können. Die befragten Großanleger stehen für ein Vermögen von insgesamt mehr als sechs Billionen Euro.
Neben der Vermeidung von Klimaschäden schließen die Nachhaltigkeitskriterien für ethisches Investment die soziale Verantwortung von Unternehmen und eine gute Firmenführung ein. Nach den englischen Begriffen Environment (E), Social (S), Governance (G) hat sich der ESG-Ansatz in der Finanzbranche zur Abgrenzung Nachhaltiger Geldanlagen zum Standard entwickelt. So gibt etwa Mike Amey, beim Vermögensverwalter Pimco zuständig für die Nachhaltigkeitsstrategie an, die Allianz-Tochter verfolge schon immer einen langfristigen Anlageansatz.
Verschiedene Bundesländer steigen mit ins Boot
Dem Trend folgt auch eine Reihe deutscher Landesregierungen. Baden-Württemberg, Brandenburg, Hessen und Nordrhein-Westfalen gaben Anfang der Woche bekannt, die Mittel ihrer Pensionsfonds künftig nach einheitlichen nachhaltigen Standards anlegen zu wollen. Deshalb haben sie den Anbieter Stoxx Ltd., 100-prozentige Tochter der Deutschen Börse, mit der Entwicklung von zwei nachhaltigen Aktienindizes beauftragt.
Atomenergie-Konzerne sollen da künftig ausgeschlossen sein. Die Bundesländer wollen ihre Aktienportfolios nur noch in Unternehmen investieren, die in den Bereichen Ökologie, Soziales und Unternehmensführung zu den am besten bewerteten zählen, ermittelt anhand einer Reihe von Kennzahlen. Die Länder repräsentieren ein Volumen von insgesamt 3,6 Milliarden Euro.
Beifall des Ex-Weltbank-Chefökonoms
Beifall erhält diese Strategie von Lord Nicholas Stern, Ökonom der London School of Economics. Bei der Nachhaltigkeitskonferenz in Frankfurt forderte Stern einen Systemwechsel. Der ehemalige Chefökonom der Weltbank sieht den Finanzsektor in einer Schlüsselposition und in ESG-Investment den einzigen Weg, eine Klimakatastrophe noch abzuwenden. Neue Technologien, niedrige Zinsen und hohe Sparquoten sorgten für ausgezeichnete Rahmenbedingungen, um in nachhaltige Infrastrukturen zu investieren. Die öffentliche Hand könne die Investitionen nicht allein stemmen, bemerkte Stern. Deshalb sei die Finanzbranche gefordert, mehr denn je auf Nachhaltigkeit zu setzen.