Nachweisbar ist es nicht, ob ein Zusammenhang besteht: Zwischen jugendlichem Engagement der Fridays for Future-Bewegung für das Klima auf der einen Seite und der Mobilisierung von Jung- und Erstwählern mit dem breiten Erfolg grüner Parteien bei der Europawahl auf der anderen. Kinder, Jugendliche, Youtuber und Blogger haben in den vergangenen Wochen weltweit die Politik vor sich hergetrieben, trotz demographisch bedingter kleiner Anzahl. Dem Pariser Abkommen nahmen sie die Abstraktion, dem 1,5 Grad-Celsius-Klimaziel gaben sie viele Gesichter. Vor allem zeigten sie Präsenz und Interventionsbedürfnis einer Generation, die so unpolitisch schien dass sie bisher vernachlässigt werden konnte. Die Wahlergebnisse dürfte mittel- bis langfristig Aufwind und sonnige Zeiten für die klimaneutrale Stromproduktion bewirken.
Die Mühen der Ebene hatten zuletzt für merkliche Flaute am Windmarkt gesorgt: Das Nimby-Denken zahlreicher Anwohner (Not in my backyard/nicht in meiner Nachbarschaft) bremst seit einem Jahr Neubau von Windrädern ebenso wie Ausbau von Stromautobahnen. Prominente Vertreter der vor der Wahl stärksten Parteien waren den Ausbaugegnern beigesprungen: mit Gesetzen welche Projekte bis zur Unwirtschaftlichkeit verzögern. Selbiges war in den vergangenen Jahren mit dem Klimaschutz durch Sonnenenergie geschehen: Der Erfolg von Solaranlagen hatte die staatlichen Fördergeber derart verschreckt, dass Förderungen auf beinahe unrentables Niveau zurück gefahren wurden. Abgeordnete jedweder Parteien müssen sich in der nun anstehenden Legislaturperiode der permanenten Anklage einer neuen Lobby namens Klimakinder erklären.
Das Ergebnis der Europawahl lässt auf breiter Front eine Neuausrichtung europäischer Klimapolitik erwarten – mutmaßlich zu Gunsten klimaneutraler Stromerzeugung.
Allerdings darf nicht übersehen werden, dass auch die Fraktion von Kohleverfechtern, Klimaleugnern und nationalistisch argumentierenden Parteien zugelegt hat. Eine ganze Reihe davon war mit verkürzten und Besitzstand wahrenden Argumenten wie „Diesel schützen“ oder „Kumpel und Kohle fördern“ in den Wahlkampf gezogen. Klimaschädliche und wissenschaftsfremde Positionen dieser Art zeitigten im Wahlergebnis ebenfalls beachtliche Erfolge. Bei den Vertretern dieser Parteien muss mit Hintertreiben des Pariser Abkommens oder gar mit Ausstieg weiterer Länder gerechnet werden.
Die Fridays-for-Future-Bewegung fordert, den Ausstoß an Kohlendioxid bereits bis 2035 (statt 2050) auf Null zu reduzieren. Untrennbar wäre das verbunden mit einer hundertprozentigen erneuerbaren Energieversorgung bis schon 2035. Die Aktivisten verlangen die sofortige Abschaffung von Subventionen für fossile Energieträger als auch sofortige Abschaltung von einem Viertel der Kohlekraftwerke. Weiterhin konfrontieren sie die politischen Entscheidungsträger mit der Forderung einer Steuer auf alle Treibhausgasemissionen 180 Euro. In dieser Höhe beziffert das Umweltbundesamt die Kosten für zukünftige Generationen pro Tonne CO2.
Investoren in Wind- oder Solarenergie sind dabei doppelt Nutznießer: Selbst bei ungebremsten Klimawandel dürften stärkere Winde als auch heißere Sommer für höheren Nutzungsgrad und schnellere Amortisation der bereits installierten Anlagen sorgen.