Die Zeit schafft alle Wunden: Würden erneuerbare Energien immer genau so viel Strom liefern wie gerade gebraucht wird, wären Kohle- und Atomkraftwerke überflüssig. Doch Sonne und Wind führen ein Eigenleben und liefern wann sie wollen. Noch fehlen Stromautobahnen, die Produktionsspitzen besser mit Bedarfsspitzen in Einklang bringen könnten. Deshalb fördert die Bundesregierung in ihrem Energiekonzept Technologien für die Speicherung von Energie. Die Spannung im Netz stabil halten, egal, wie viel Strom produziert wird – das ist eine der Voraussetzungen und auch die Herausforderung der Energiewende. Weil Energiespeicherung eine der größten Fragen der Energieforschung ist, hat die Bundesregierung der Forschung in den nächsten Jahren bis zu 200 Millionen Euro in Aussicht gestellt. Bisher ist man auf eine überschaubare Anzahl an Konzepten fokussiert.
Herkömmliche Kraftwerke regulierten bisher ihre Produktion genau nach Bedarf. Speicherung elektrischer Energie in größeren Mengen war damit unnötig – leider auf Kosten des Klimas oder um den Preis der Schaffung eines Atom-Entsorgungsproblems.
Die natürlichen „Kraftwerke“ sind nicht beliebig bei Bedarf ein- oder ausschaltbar. Wind und Sonne stehen mitunter nicht zur Verfügung, wenn viel Strom benötigt wird. Bisweilen liefern sie elektrische Energie im Übermaß zu Zeiten, in denen wenig Strom nachgefragt ist.
Aufladbare Batterien, auch als Akkus bekannt, könnten nur einen Bruchteil der benötigten Kapazität speichern: teuer, geringe Speicherkapazität, hohes Gewicht. Grenzwertig geeignet für die verhältnismäßig geringe Strommenge in Autos, großtechnisch gesehen völlig ungeeignet. Das deutet auf die zentrale Frage: Wie ließe sich beispielsweise die Tagesstromproduktion eines Windparks in der Nordsee speichern?
Wenig Platz für Speicherseen
Pumpspeicherkraftwerke gibt es schon lange. Überschüssiger Strom wird verwendet, um Wasser in ein höher liegendes Reservoir zu pumpen. Überflüssiger Nachtstrom pumpt in den Alpen nachts Wasser vom tiefer liegenden Kochelsee in den höheren Walchensee. Wird dann wieder Strom benötigt, läuft das Wasser durch gewaltige Rohre zu Tal und treibt Turbinen an. So eine Anlage hat einen beachtlichen Wirkungsgrad: 75 Prozent der Energie, die zum Hochpumpen nötig ist, lässt sich als Strom zurückgewinnen. Akkus haben einen sehr viel geringeren Wirkungsgrad.
Leider sind solche Höhenunterschiede hierzulande selten oder die Nutzung aus Naturschutzgründen unerwünscht. Überlegungen zielen auch dahin, solche Pumpspeicherwerke unterirdisch zu bauen, oder in anderen Ländern, beispielsweise in Norwegen. Das würfe auf‘s neue die Frage auf, wie der Strom möglichst verlustfrei über weite Strecken transportiert werden kann.
Einfaches Konzept: Pressluft
Geringe Materialkosten fallen bei der Erzeugung von Luftdruck an, mit Hilfe von elektrischem Strom. Luft könnte in einem unterirdischen Speicher zusammengepresst werden. Beim Entweichen, kann die Luft eine Turbine antreiben. Dieses Verfahren erfordert, geologisch geeignete und dichte Erdspeicher zu finden.
Wasserstoff und Methan
Bestechend wirkt die Idee, Wasser mit Strom in seine Bestandteile aufspalten: Wasserstoff und Sauerstoff. Leider verbraucht dieses Verfahren mehr Strom, als der hoch begehrte Wasserstoff je an Energie liefern kann. Interessant wird die Idee dennoch, wenn beispielsweise eine Anlage Sonnen- oder Windstrom sowieso erzeugt und ansonsten angehalten werden müsste. Wasserstoff lässt sich direkt speichern. Lässt man ihn später mit Sauerstoff wieder zu Wasser reagieren, entsteht in einer Brennstoffzelle Strom. Das Abgas: Wasserdampf. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, den Wasserstoff mit dem Kohlendioxid der Luft zu Methan reagieren zu lassen. Methan kann wie Bio- oder Erdgas in Gaskraftwerken in Strom umgewandelt werden. Dabei geht jedoch ein relativ großer Anteil der Energie verloren, beispielsweise als Wärme. Es wird sehr viel weniger Strom erzeugt, als zuvor für die Wasserstoffherstellung benötigt wurde. Eine weitere Perspektive in der Nutzung verflüssigten Methans als Treibstoff direkt zum Antrieb von Kraftfahrzeugen und Schiffen.
Wärme als Energiespeicher
Wasser erhitzen oder kochen, wie in der Heizung oder Wärmflasche, ist eine der altbekanntesten Wärmespeichermethoden. Das Wasser wird in gut isolierten Behältern gespeichert. Bei Bedarf kann Wasserdampf eine Turbine antreiben. Hier stellt sich das Problem, wie gut so ein Boiler isoliert werden kann.
Erneuerbare Energien, Netze und Speichertechnologien spielen nach Ansicht der Bundesregierung eine Schlüsselrolle. Sie erarbeitet derzeit eine Effizienzstrategie. Deren Ziel ist es, den Primärenergieverbrauch bis 2050 um 50 Prozent gegenüber 2008 zu senken. Für Forschung und Entwicklung von Zukunftstechnologien stellt die Bundesregierung bis 2022 6,4 Milliarden Euro zur Verfügung.