Bonn. Oft gibt es Streit zwischen Vermieter und Mietern, wenn es um die Erhöhung der Miete oder der Nebenkosten geht. Denn nicht immer tragen zum Beispiel Modernisierungen dazu bei, dass die Wohnqualität verbessert wird. Dann kommt es zu Auseinandersetzungen zwischen den Parteien, wo in vielen Fällen nur die Gerichte entscheiden können, wer Recht bekommt. Doch die Rechte der Mieter werden immer mehr gestärkt, so dass in diesem Artikel die häufigsten Fragen von Mietern zum Thema Fahrstuhl-Einbau beantwortet werden. Welche Konsequenzen lassen sich daraus ableiten – und was muss ein Mieter tolerieren und was nicht?
Zu Beginn meines Mietverhältnisses war ein Aufzug vorhanden und dieser ist auch im Mietvertrag aufgeführt. Der Vermieter hat nun den Aufzug ausgebaut. Darf er das und welche Ansprüche stehen mir zu?
Ein Aufzug in einem Mietshaus, der zu Beginn eines Mietverhältnisses vorhanden ist, gehört vertraglich zur Mietsache und darf daher vom Vermieter nicht einfach ausgebaut werden. Sollte sich der Aufzug nicht reparieren lassen, muss der Vermieter einen neuen einbauen lassen. Das resultiert daraus, dass Mieter/innen einen gewissen Vertrauensschutz genießen. Der Vermieter kann die Mietsache nicht einfach nach Vertragsschluss verändern. Mieter/innen haben einen Anspruch darauf, dass die Mietsache den Zustand aufweist, den sie bei Vertragsschluss hatte. Nur bei wirtschaftlicher Unzumutbarkeit, bezeichnet als Opfergrenze, könnte etwas anderes gelten. Aber hieran sind harte Anforderungen geknüpft. Sie sollten Ihre Ansprüche auf Wiederherstellung des vertragsgemäßen Zustands notfalls gerichtlich geltend machen.
Das Amtsgerichts München hat 2015 in einem viel beachteten Fall entschieden, dass der Vermieter einen Aufzug nicht ohne Weiteres ausbauen darf. Hier hatte eine 81-jährige schwerbehinderte Mieterin auf Wiedereinbau geklagt. Nachdem der seit 1976 im Haus befindliche Aufzug zunächst wegen technischer Mängel außer Betrieb gesetzt und schließlich ganz ausgebaut worden war, war sie praktisch in ihrer Wohnung gefangen. Das Gericht stellte fest, dass der Aufzug zum mietvertraglich vereinbarten Zustand der Mietsache gehöre und daher wieder eingebaut werden müsse. Zudem sprach es der Mieterin 50% Mietminderung zu.
Stellen Einbau oder Anbau eines Aufzugs eine Modernisierung dar?
Der erstmalige Einbau oder Anbau eines Aufzugs ist in aller Regel eine Modernisierung. Was Modernisierungsmaßnahmen sind, ist in 555b BGB definiert. Danach liegt eine Modernisierung unter anderem vor, wenn der Gebrauchswert der Wohnung auf Dauer verbessert wird. Dabei kommt es nicht auf den Bedarf der einzelnen Mieter/innen an, sondern auf die „allgemeine Anschauung“. Durch den Aufzug wird die Erreichbarkeit der Wohnung verbessert, der Transport von Kinderwagen, Getränkekisten und Ähnlichem wird leichter und wer schlecht laufen kann, wird den Aufzug ebenfalls als Verbesserung ansehen. Ein Gebrauchsvorteil ist nicht anzunehmen, wenn es in einem Gebäude lediglich zwei Geschosse gibt. An die Feststellung, ob der Gebrauchswert erhöht wird, sind strenge Anforderungen zu stellen. Beim Anbau von Außenaufzügen ist auch von Bedeutung, ob dieser unter Umständen mit Gebrauchsnachteilen wie Verschattung oder Lärmbeeinträchtigung für die Mieter/innen angrenzender Wohnungen verbunden ist.
Insbesondere Neubauten ab den 70er Jahren verfügen über einen Aufzug. Aber auch bei Altbauten werden immer öfter Aufzüge nachgerüstet. Wird ein Aufzug neu in einem Haus eingebaut, dürfen alle Mieter/ innen diesen Aufzug nutzen. Selbst dann, wenn sie die Zustimmung zum Einbau nicht gegeben haben. Auch Mieter/innen einer unteren Etage müssen die Bauarbeiten für den Einbau eines Aufzugs dulden, selbst wenn sie später keinen Nutzen davon haben werden.
Lässt ein Vermieter erstmalig einen Aufzug einbauen, kann er die Miete nach der Modernisierung erhöhen. Er kann 11% (geplant mit Einführung des Mietenanpassungsgesetzes sind 8%) der Gesamtkosten auf die Miete aller Wohnungen verteilen. Das Recht zur Mieterhöhung und die Anforderungen an die Mieterhöhungserklärung nach Modernisierung richten sich nach 559 ff. BGB.
Sind Umbau oder Austausch einer Aufzugsanlage als Modernisierung zu werten mit der Folge einer 11%-igen Mieterhöhung?
Zunächst ist der Begriff der Modernisierung rechtlich vom Sprachgebrauch zu unterscheiden. Wird der Aufzug „modernisiert“, kann eine Maßnahme der Instandhaltung/ lnstandsetzung (Erhaltungsmaßnahme) oder eine modernisierende Instandhaltung oder eine Modernisierung oder eine bauliche Veränderung vorliegen. Die Abgrenzung der Maßnahmen hat höchst unterschiedliche finanzielle Konsequenzen für Mieter/innen.
- a) Erhaltungsmaßnahme: Streicht der Vermieter die Aufzugstür neu, handelt es sich um eine Maßnahme der Instandhaltung. Lässt der Vermieter die altersbedingt rissigen Seilzüge austauschen oder ersetzt er den in den meisten Kabinen befindlichen Spiegel, weil dieser einen Schaden hat, handelt es sich um eine Maßnahme der Instandsetzung. Instandhaltung und Instandsetzung sind keine Modernisierungsmaßnahmen. In beiden Fällen hat der Vermieter die Kosten zu tragen. Er gewährleistet damit den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache. Der Mieter braucht nichts zu zahlen.
- b) Modernisierende Instandsetzung: Muss der Vermieter zum Beispiel die altersbedingt rissigen Seilzüge des Aufzugs ersetzen, kann er die alten durch gleichwertige neue ersetzen. Dann handelt es sich um eine reine Instandsetzungsmaßnahme zu seinen Lasten. Entscheidet sich der Vermieter für neue moderne Seilzüge, die über dem technischen Standard der alten Seilzüge liegen, liegt eine modernisierende Instandsetzung vor. Der Vermieter kann in diesem Fall die Miete erhöhen. Dazu muss er vom Gesamtkostenaufwand der Maßnahme die Kosten abziehen, die er für die reine Erhaltungsmaßnahme hätte aufwenden müssen, also für die Erneuerung der vorhandenen Seilzüge in der gleichen Qualität. Erhaltungsmaßnahmen gehen zu seinen Lasten. In Abhängigkeit vom Alter des Aufzugs und seinem Zustand gilt regelmäßig ein hoher Anteil der bei einer Modernisierung aufgewandten Kosten als für Instandsetzungs- und Instandhaltungsmaßnahmen verwendet.
- c) Modernisierung bei Sanierung/Austausch alter Aufzüge: Ersetzt der Vermieter den vorhandenen Aufzug durch einen neuen modernen (betriebssicheren, komfortableren) Aufzug, obwohl der vorhandene Fahrstuhl eigentlich nicht reparatur- oder erneuerungsbedürftig ist oder saniert er den vorhandenen Fahrstuhl umfassend neu, dürfte es sich um eine Modernisierungsmaßnahme handeln. Der Vermieter handelt dann über den reinen Erhaltungsaufwand hinaus. Zugleich muss es sich dabei jedoch um eine Maßnahme handeln, durch die der Gebrauchswert der Mietsache nachhaltig erhöht oder/und die allgemeinen Wohnverhältnisse auf Dauer verbessert werden. Positive Aspekte dieser Art können darin bestehen, dass der Aufzug leiser fährt, insbesondere nachts nicht wahrnehmbar ist, Rollstuhlfahrer/innen einen barrierefreien Zugang ermöglicht, kindersicherer konstruiert ist, weniger Strom verbraucht, weniger -wartungsanfällig ist und/oder schneller und komfortabler fährt. Diese Aspekte müssen in der Modernisierungsankündigung und im Mieterhöhungsschreiben ausdrücklich ausgeführt werden, um den Mieter/innen eine umfassende Prüfung zu ermöglichen.
Ist der Einbau, Anbau eines Aufzugs auch dann eine Modernisierung, wenn er auf der halben Treppe hält?
Bei der Beurteilung, ob der Einbau eines Aufzugs auch dann als Wohnwertverbesserung gilt, wenn er nicht in jeder Etage, sondern zwischen den Etagen auf halber Treppe hält, sind die Gerichte unterschiedlicher Auffassung. Es gibt Gerichte, die einen solchen Aufzug nicht als Wertverbesserung anerkennen. Aber es gibt auch Entscheidungen, die den Einbau eines Aufzugs mit Halt nur zwischen den Wohnungsebenen als Modernisierung einordnen, obwohl man weiterhin zumindest einige Stufen laufen muss. Unterschieden wird auch zwischen Duldungspflicht und nachfolgender Mieterhöhung. Lassen Sie die Ankündigung und die Mieterhöhung prüfen, bevor Sie sich Ihrem Vermieter gegenüber äußern.
Bin ich verpflichtet, den Einbau eines Aufzugs als Modernisierung zu dulden, wenn sich dadurch der Flur meiner Wohnung verkleinert, weil der Eingang zu meiner 140 m2 großen Wohnung durch den Einbau des Aufzugs rund 2 m in den Wohnungsflur hinein verlegt wird?
Das Landgericht Berlin hat in einem vergleichbaren Fall die Mieter/innen zur Duldung des Einbaus des Aufzugs verpflichtet. Die Duldungspflicht ergab sich nach Auffassung des Gerichts aus 555d BGB. Denn durch den Fahrstuhl würde sich die Nutzbarkeit der Wohnung durch einen leichteren Zugang verbessen. Zwar wird durch die Modernisierungsmaßnahme der Grundriss der Wohnung geändert, die durch die Verlegung der Wohnungseingangstür bedingte Verkürzung des Flurs um ca. 1,60 m habe angesichts der Wohnungsgröße von fast 134 qm nur geringfügige Auswirkungen und begründe keine unzumutbare Härte. In dem zu entscheidenden Fall wurden Zuschnitt und die Nutzbarkeit der Wohnung nicht maßgeblich geändert. Es waren zudem keine zum Aufenthalt bestimmten Räume betroffen. Anders wird dies sicher bei einer kleineren Wohnung und bei von der Grundrissänderung betroffenen Räumen zu beurteilen sein. Urteile sind immer Einzelentscheidungen, von denen Sie sich nicht entmutigen lassen sollten. Mit Grundrissänderungen einhergehende Modernisierungen sind immer besonders kritisch zu hinterfragen. Der Bundesgerichtshof(BGH) hat 2008 in einem Urteil ausgeführt, dass die Beurteilung, ob eine Umbaumaßnahme innerhalb der Wohnung, die mit einer Grundrissänderung verbunden ist, zu einer Verbesserung der Mietsache führt, stets unter Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls vorzunehmen ist.
Hat die Aufteilung des Kostenaufwands auf die Mieter/innen zu gleichen Anteilen zu erfolgen oder muss der Vermieter nach unterschiedlichem Nutzungsvor teil differenzieren?
Wie oben dargestellt, kann der Vermieter die aufgewendeten Kosten für den Aufzugseinbau umlegen. In 559 Absatz 3 ist geregelt, dass die Kosten angemessen zu verteilen sind, wenn Modernisierungsmaßnahmen für mehrere Wohnungen durchgeführt wurden. Das ist bei einem Aufzugseinbau der Fall. Der Vermieter hat dabei einen Ermessensspielraum. Sein Ermessen muss sich daran orientieren, dass er keine Mieter/innen unangemessen benachteiligen und keine Mieter/innen unangemessen bevorteilen darf. Der Vermieter kann die Mieterhöhung gleichmäßig auf die Wohnfläche aller Wohnungen umlegen, er kann aber auch einen anderen Umlagemaßstab wählen.
Stellt ein Aufzugseinbau oder -anbau immer eine Wertverbesserung mit der Folge einer Mieterhöhung dar?
Ein Aufzug ist nicht immer als Weltverbesserung anzusehen, der eine Mieterhöhung rechtfertigt. Die Rechtsprechung ist insoweit nicht einheitlich und differenziert nach dem jeweiligen Einzelfall.
Vermieter, die Baumaßnahmen durchgeführt haben, stellen sich meist auf den Standpunkt, dass es sich um eine Modernisierung handelt, und legen die Modernisierungskosten um. Die Kosten einer Baumaßnahme können aber nur dann auf eine Wohnung umgelegt werden, wenn es sich um eine Wertverbesserung handelt. Das Landgericht Berlin hat 2017 zum Beispiel entschieden, dass für eine Wohnung im 1. Obergeschoss ein Aufzug keine Weltverbesserung darstellt, wenn der Fahrstuhl weder im Keller noch im 1. Obergeschoss einen Haltepunkt hat. Nach Auffassung des Landgerichts liegt eine Wertverbesserung für die jeweilige Wohnung nur dann vor, wenn die Wohnung durch den Einbau besser, schneller oder barrierefrei zu erreichen ist, der Gebrauchswert der Wohnung somit nachhaltig erhöht und die allgemeinen Wohnverhältnisse auf Dauer verbessert werden. Dies war bei diesem Aufzug nicht der Fall. Die entsprechende Mieterhöhung war daher unberechtigt. Keine Rolle spielt dagegen, ob die jeweiligen Mieter/innen vom Aufzug Gebrauch machen oder lieber weiterhin die Treppe benutzen wollen.
Vor mehreren Wochen stoppte ein vor rund 20 Jahren errichteter Aufzug wegen technischer Probleme ungefähr 40 Zentimeter, bevor er das Bodenniveau erreicht hatte und die Türen öffneten sich. Meine über 80-jährige Mutter übersah die Höhendifferenz, stürzte und verletzte sich schwer. Kann sie vom Vermieter/ Betreiber wegen einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht Schadenersatz verlangen?
Über die Ansprüche der Mutter kann nur im Einzelfall entschieden werden. Es kommt darauf an, ob der Aufzug bislang störungsfrei funktionierte und beispielsweise auch die erforderlichen Wartungen regelmäßig durchgeführt wurden. Das Oberlandesgericht Frankfurt/Main wies in einem ähnlichen Fall sämtliche Ansprüche der verletzten Mieterin (hier gegen den Betreiber) zurück. Dieser konnte nachweisen, dass der Aufzug regelmäßig fachkundig gewartet wurde und es nur einmal zur Halteungenauigkeit gekommen war. Daher war die technische Störung für den Betreiber unvorhersehbar und unvermeidbar. Anderes gilt nur dann, wenn er keine regelmäßigen Wartungen durchführt oder von technischen Störungen weiß, diese aber nicht beseitigen lässt. Das Gericht war zudem der Auffassung, dass von einem Aufzugbenutzer verlangt werden kann, dass er darauf achtet, ob der Aufzug auf Bodenniveau angehalten hat oder nicht. Schließlich sei das grundsätzlich deutlich erkennbar.