Dividendenfonds lassen bei Investoren weltweit die Kasse klingen und erfreuen auch konservative Anleger Jahr für Jahr aufs Neue. Wie titelte die WirtschaftsWoche in einer ihrer letzten Ausgaben: „Lukrative Langeweile gegen wackelige Märkte.“ Und damit trifft die Aussage den berühmten Nagel auf den Kopf: Auch wenn die Anlageform noch so unattraktiv erscheint, die Ausschüttungen daraus sind grandios und damit mehr als eine Alternative zu den Niedrigzinsen. Unabhängig von der Kursentwicklung können Dividendenfonds eben noch ausschütten, wo Aktien oder Fonds keine oder nur schlechte Ergebnisse bringen. Und darüber hinaus bleibt festzustellen: Ohne die fälligen Dividenden würde ein Index wie der DAX weit schlechter notieren als bei derzeit etwa 10.892 Punkten (Stand: 14.12.18)
Man muss die Zahl einmal in Relation setzen, um ihre wahre Größe zu erkennen: 1,25 Billionen US-Dollar. So viel schütteten Unternehmen 2017 weltweit an ihre Anleger aus. Das ist mehr, als alle Mexikaner im vergangenen Jahr an Wirtschaftsleistung erbracht haben. Denn Mexikos Bruttoinlandsprodukt 2017 beträgt nach Daten des IWF 1,15 Billionen US-Dollar. Und damit belegt das Land immerhin Platz 15 im weltweiten Nationenranking. Es sind riesige Summen, mit denen die Unternehmen dieser Erde ihre Anteilseigner bei der Stange halten wollen. Allein die Top-Ten-Konzerne nach Dividende von Royal Dutch Shell bis Johnson &Johnson kehrten 2017 rund 120 Milliarden US-Dollar aus. Das entspricht etwa der Wirtschaftsleistung Kuwaits. Alles in allem markiert das vergangene Jahr ein Rekordhoch bei den Dividenden. Die Gewinnausschüttungen der Unternehmen sind um beachtliche 7,7 Prozent gestiegen. Und mit einer ähnlichen Wachstumsrate soll es auch in diesem Jahr weitergehen. Die Tendenz jedenfalls ist klar. Immer mehr Unternehmen schütten immer mehr Dividende aus. Für die Anbieter von Fonds, die sich auf hohe Ausschüttungen spezialisiert haben, ist das fraglos eine gute Nachricht. Denn ihr Anlage-Universum vergrößert sich und wird vielfältiger. Längst zählen nicht mehr nur Verbrauchsgüterhersteller oder Telekomkonzerne zu den großen Dividendenzahlern, sondern auch Technologieriesen wie Apple oder Microsoft. Das hat dazu geführt, dass auch die Zunft der Dividendenfonds heute so vielgestaltig ist wie noch nie.
Lust neu entfacht
Einen entscheidenden Impuls für die Entwicklung der Produktgattung lieferte die Fondstocher der Deutschen Bank vor 15 Jahren. Denn im April 2003 brachte die DWS einen weltweit anlegenden Aktienfonds auf den Markt, der sich an der Dividendenrendite der Unternehmen orientiert. Das Platzen der Dotcom-Blase und die Talfahrt an den Märkten waren den Anlegern noch bestens in Erinnerung. Viele hatten mit vermeintlichen „Highflyern“ Geld verloren. Die Lust auf eine Rückkehr an den Aktienmarkt hielt sich in Grenzen. Mit dem DWS Top Dividende wollten die Frankfurter diese Lust neu entfachen. Der Fonds sollte bewusst ein konservatives Angebot für Aktienanleger sein. Statt Spekulation auf künftiges Wachstum sollte der Fokus auf die Stabilität der Geschäftsmodelle und die Kapitaldisziplin der Firmen gerichtet sein.
Renaissance der „Langweiler“
Man war, kurz gesagt, an eher „langweiligen“ Unternehmen interessiert, die dafür zuverlässig eine attraktive Dividende zahlten. Für die etablierten Fondsmanager des Hauses klang das vielleicht zu sehr nach Old Economy. Auf jeden Fall übernahm keiner aus der alten Riege die Leitung des Fonds, sondern eine Newcomerin: Sonja Schemmann. Der damalige Aktienchef Klaus Kaldemorgen traute ihr den Job zu, und die gebürtige Hamburgerin legte los. Bereits im Jahr der Auflage erzielte sie mit dem DWS Top Dividende einen Wertzuwachs von mehr als 20 Prozent. Und zwei Jahre nach dem Start verwaltete Schemmann schon fünf Milliarden Euro in dem Portfolio. Heute ist der Top Dividende mit mehr als 17 Milliarden Euro Anlagevolumen der mit Abstand größte Aktienfonds Deutschlands und einer der absoluten Anlegerlieblinge. Dass diese Erfolgsstory so weiterging, ist das Verdienst von Thomas Schüßler. Der promovierte Physiker übernahm im Herbst 2005 das Ruder. Schemmann, die heute den Nachnamen Laud trägt, war überraschend zum britischen Konkurrenten Schroders gewechselt. Ihr Nachfolger Schüßler hielt Kurs mit dem Fonds — und bewies etwa während der Finanzkrise ein gutes Händchen, als er sich frühzeitig von Bankaktien trennte.
An der Grundidee eines stabilen, ausschüttungsstarken Portfolios hat sich bis heute nichts geändert. So betont Marcus Poppe, der seit 2016 Co-Manager des Fonds ist: „Wir sind vom langfristigen Erfolg einer defensiven Anlagestrategie, vor allem über den kompletten Konjunkturzyklus hinweg, überzeugt.“ Die Manager setzen bewusst auf Unternehmen, die keine Wachstumswunder sind, sondern sich durch solides Wirtschaften und planbare Einnahmen auszeichnen. „Besonderen Wert legen wir auf die Nachhaltigkeit und kontinuierliche Steigerung der Ausschüttung“, so Poppe. Mit seinem defensiven Ansatz geriet der DWS-Fonds in den vergangenen beiden Jahren gegenüber der stärker auf Wachstum setzenden Konkurrenz ins Hintertreffen. Mit einer entsprechenden niedrigeren Fünf-Jahres-Performance von rund 40 Prozent schafft er es aktuell nicht in die Spitzenreiter-Liste. Es ist offensichtlich: Dividendenstrategien erfreuten sich in den vergangenen Jahren zunehmender Beliebtheit. Denn zum einen sorgte die Geldpolitik dafür, dass Sparer auf Tages- und Festgeldkonten so gut wie keine Zinsen mehr bekommen. Bei sicheren Anleihen das- selbe Bild. In diesem Umfeld bieten Unternehmensbeteiligungen mit regelmäßigen Gewinnausschüttungen einen der letzten Lichtblicke. „Dividenden sind die neuen Zinsen“ — so oder ähnlich fassten es Fondsanbieter und Berater in Worte. Zum anderen sorgten jahrelang steigende Aktienkurse dafür, dass den Dividendenfonds viel frisches Geld zufloss. Die Anlagevehikel profitierten zu einem nicht unwesentlichen Teil davon,‘ dass sie zwei Arten von Investoren bedienen können. Erstens solche, die nach regelmäßigen Erträgen suchen. Denn die bekommen sie auf ihr Depotkonto gebucht, sofern sie die ausschüttende Anteilsklasse eines Dividendenfonds wählen. Zweitens werden die Anleger bei diesen Produkten fündig, die etwas vorsichtiger in den Aktienmarkt einsteigen wollen. Denn wie Untersuchungen immer wieder zeigen, schwanken Dividendenaktien weniger stark als der Gesamtmarkt und Aktien ohne Dividende.
Turbo für die Gesamtrendite
Dazu kommt, dass die regelmäßigen Ausschüttungen der Unternehmen über längere Zeit betrachtet einen erheblichen Anteil an der Gesamtrendite einer Aktie ausmachen. Besonders augenfällig wird das, wenn man den deutschen Standardwerteindex DAX betrachtet: Rechnet man die Dividenden wie üblich mit ein, entwickelte sich das Kursbarometer in den vergangenen 20 Jahren knapp dreimal so gut wie der Index ohne reinvestierte Ausschüttungen. Eine Faustregel von Investoren besagt, dass rund die Hälfte der Aktienerträge aus reinvestierten Dividenden stammt.
Zu beachten ist bei all den aufgeführten Portfolios, dass die stattlichen Erträge, die die Anleger mit ihnen vereinnahmen können, auch durch den Einsatz von Derivaten erzielt werden. So handeln beispielsweise die Manager der Dividend-Maximiser-Fonds von Schroders mit Optionen. Dabei wird das Recht, Aktien zu einem bestimmten Preis zu kaufen oder zu verkaufen, gegen Zahlung einer Prämie veräußert. Dieses Zusatzgeschäft kann bei den Schroders-Fonds neben den Dividenden bis zur Hälfte der Auszahlungen beitragen. Auch bei den in Europa und weltweit anlegenden Equity-Target-Income-Fonds von Amundi erzielen die Fondsmanager Extra-Erträge durch das Vereinnahmen von Optionsprämien. Das ist nötig, um den ambitionierten Zielertrag zu schaffen, den das Fondsmanagement Jahr für Jahr neu festlegt. Für dieses Jahr liegt der Zielertrag beim Europa-Fonds beispielsweise bei 6,75 Prozent und beim global anlegenden Pendant bei sieben Prozent. Leben müssen Anleger bei dieser Art von Fonds aber offenbar damit, dass die mehrjährige Wertentwicklung nicht an die Ergebnisse der besten klassischen Dividendenfonds heranreicht. Diese empfehlen sich, wenn der langfristige Vermögensaufbau im Vordergrund steht. Dann ist es auch sinnvoll, die Ausschüttungen zu reinvestieren oder gleich eine thesaurierende Anteilsklasse zu nehmen. Nur so profitiert man vom Zinseszins über viele Jahre. Auch die wahre Größe dieses Effekts wird oft verkannt.