Uerdingen. Was man nicht kennt, interpretiert man oft falsch. So, wie die Schmerzen während der weiblichen Regel, die viele Frauen für eine lästige Begleiterscheinung halten, wo aber oftmals eine „Verwachsung“ dahinter steckt. Denn die Endometriose gehört zu den häufigsten Unterleibserkrankungen bei Frauen, allerdings ohne dramatischen Auswirkungen. Also kein Grund zur Sorge. Hierbei passiert es, dass schleimhautähnliches Gewebe das Endometrium, außerhalb der Gebärmutter wächst – und das bereitet Schmerzen.
Nahezu jede Frau kennt Schmerzen vor oder während der Regelblutung. Bei etwa vier Millionen steckt jedoch eine Endometriose dahinter, eine chronische, aber gutartige Unterleibserkrankung. Diese ist nicht so leicht zu erkennen, und bis zur richtigen Diagnose vergehen im Schnitt bis zu sechs Jahre. Bei den Betroffenen wächst gebärmutterschleimhautähnliches Gewebe auch in der Bauchhöhle, zum Beispiel an den Eierstöcken und Eileitern, auf Organen wie Darm oder Blase. Im monatlichen Zyklus blutet es genauso wie die Gebärmutter. Dadurch können sich Entzündungen, Zysten und Vernarbungen bilden. Die Gründe für die Entstehung der Erkrankung sind bis heute nicht vollständig geklärt. Es gibt aber verschiedene Theorien. Dr. Olaf Buchweitz, Gynäkologe und Leiter des Endometriosezentrums der Frauenklinik an der Elbe in Hamburg, erklärt: „Ein Ansatz ist, dass abgestoßene Gebärmutterschleimhaut während der Menstruation durch die Eileiter in die Bauchhöhle gelangt und dort anwächst. Ein anderer, dass sich eine Endometriose aus fehlgeleiteten Stammzellen entwickelt, die sich im Bauchraum in Gebärmutterschleimhautzellen umwandeln. “ Auch das Herauswachsen der Schleimhaut aus der Gebärmutter, genetische Faktoren sowie eine Fehlfunktion des Immunsystems werden diskutiert.
Die Erkrankung kann bei den Betroffenen starke Beschwerden verursachen. Doch die Symptome sind vielfältig und unterscheiden sich von Patientin zu Patientin. Das erschwert die Diagnose. „Schmerzen, die vor oder während der Menstruation auftreten und über ein leichtes Ziehen im Unterbauch hinausgehen, können auf eine Endometriose hindeuten“, so der Experte. „ Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, beim Stuhlgang oder Wasserlassen sind ebenfalls Hinweise. “ Allerdings stehen die Beschwerden nicht immer in direktem Verhältnis. Kleinere Endometrioseherde können also zum Beispiel starke Probleme verursachen, während Frauen mit ausgedehnten Herden unter Umständen gar keine Schmerzen haben.
Häufig kommen Ärzte der Erkrankung dann erst aufgrund eines unerfüllten Kinderwunsches auf die Schliche. Denn eine unbehandelte Endometriose kann es Frauen erschweren, schwanger zu werden. Besteht der Verdacht einer Erkrankung, prüft der Arzt bei einer Tastuntersuchung, ob das leichte Bewegen der Gebärmutter Schmerzen bereitet und ob er für eine Endometriose typische Verhärtungen findet. Ein Ultraschall kann darüber hinaus größere Herde und Zysten sichtbar machen. „Den Beweis bringt aber letztlich nur die diagnostische Laparoskopie, also eine Bauchspiegelung“, erklärt Dr. Buchweitz. Dabei wird ein dünner Stab mit integrierter Kamera, das sogenannte Laparoskop, über einen kleinen Schnitt im Nabel in die Bauch höhle geschoben. Vorteil: Der Gynäkologe kann auffällige Veränderungen auf einem Monitor betrachten und Gewebeproben entnehmen. Oft ist auch gleich die vollständige Entfernung der Endometriose möglich.
Dieser minimalinvasive Eingriff wird durch moderne Geräte immer schonender. „Die deutsche Firma Richard Wolf hat ein Laparoskop mit nur fünf Millimeter Durchmesser entwickelt. Vor einigen Jahren waren die Geräte noch etwa doppelt so groß. Doch durch diese Verkleinerung ist auch der Schnitt zum Einführen des Laparoskops deutlich kleiner geworden, sodass es seltener zu Komplikationen wie Blutungen oder Wundheilungsstörungen kommt“ , erläutert er. „Außerdem arbeitet dieses Gerät mit der 4K-Technik. Dadurch haben die Bilder eine besonders hohe Auflösung.“ So können selbst kleinste Herde aufgespürt werden.
Die Laparoskopie wird von der Krankenkasse bezahlt und meist ambulant durchgeführt, die Patientin ist narkotisiert. Die weitere Therapie richtet sich nach der individuellen Situation und dem Grad der Erkrankung. Oft kommen dabei Hormone zum Einsatz, um die Schleimhautherde ruhigzustellen. Und auch bei der Nachsorge spielen Hormone eine entscheidende Rolle, um das Risiko des Wiederauflebens alter und das Entstehen neuer Herde zu minimieren. Bleibt die Erkrankung unbehandelt, ist schwer vorherzusagen, wie sie sich weiter entwickelt. „Im ungünstigsten Fall kann sie lebensgefährliche Organbeschwerden hervorrufen“ , weiß der Mediziner. Deshalb sollte man sich regelmäßig vom Frauenarzt untersuchen und mögliche Schmerzen abklären lassen. Kliniken und Praxen, die auf Endometriose spezialisiert sind, sind zu finden unter www.patient-im-fokus.de. Kontaktinformationen von Selbsthilfegruppen gibt es auf www.endometriosevereinigung.de.