Hamburg. Es hätte ihm damals 1986 schon richtig gut gehen können, als sein Vater ihm den Verlag für die berühmten Falk-Stadtpläne vererbte. Die vielen Millionen an Wert, die der Filius daraus beim Verkauf erlöste, konnten ihm ein sorgenfreies Leben bescheren. Aber was machte der damals knapp 18-jährige junge Mann daraus? Er wollte sich zum ganz großen Finanzinvestor und Entrepreneur aufschwingen und die Wirtschaft von hinten aufrollen. Der „neue Markt“, eine Sparte des Aktienmarktes, sollte die Basis sein, wurde aber ein Flop. Inklusive einer Betrugsanzeige. Doch anstatt sich nach Gefängnis und Bewährungsauflagen geläutert zu geben, rutscht er erneut auf die schiefe Bahn ab, indem er Bilanzen fälscht. Nun wurde er zum zweiten Mal in U-Haft genommen. Mit einem Ausgang, der noch offen ist. Man sieht: Reichtum schützt nicht vor Dummheiten und Übermut.
Die erste Begegnung mit der Justiz und den bösen Folgen von krimineller Energie glaubte Alexander Falk noch als Kavaliersdelikt abtun zu können. Als er zum ersten Mal in den Knast wandert, verklärt der Unternehmer Alexander Falk das noch als „Abenteuerurlaub“, als Gelegenheit zur inneren Sammlung „wie in einem Kloster“. Er boxt die Zellenwand blutig. Macht Klimmzüge. Arbeitet als Gefängnisgärtner. Wälzt nebenbei Klassiker wie Victor Hugos „Die Elenden“, jene berühmte Geschichte eines von der Justiz geknechteten Aufrechten. Heute, 15 Jahre später, sitzt der Hamburger Firmenerbe, Ex-Internetmillionär und Kurzzeitbankier erneut in U-Haft. Zum ersten Mal dorthin gebracht hatte ihn eine Betrugsstrafsache im Kontext der New Economy, nun wirft die Justiz ihm im selben Fall gar „versuchte Anstiftung zu einem Tötungsdelikt“ vor. Hat Falk einen Killer beauftragt? Es wäre eine Wendung, mit der seine Lebensgeschichte endgültig die epische Tiefe von Hugos Roman hätte.
Schon die Anfänge passten dazu. Falk wächst als Spross von Nachkriegsaufsteigern auf, die den großen hanseatischen Dynastien nacheifern. Vater Gerhard geht gern mit dem Filius surfen. Er stirbt beim Strandsegeln auf Sylt, als der Sohn neun Jahre alt ist: Herzinfarkt. Falk studiert wenig, surft viel. hat er Verantwortung für die väterliche Firma, fällt er harsche Urteile über sie: „unmodern“, „ein Horror“. 1996 stößt er den Kartenverlag für 50 Mio. D-Mark ab. Bald werde niemand mehr gedruckte Pläne brauchen, analysiert er früh wie richtig. Falk steckt das Geld in frühe Internetfirmen, bringt einige davon für rund 200 Mio. Euro Erlös an den Neuen Markt. Kurz vor dessen Niedergang stößt er das Unternehmen an eine Londoner Firma ab. Zuvor bläst er die Umsätze künstlich auf, weshalb er 2008 zu vier Jahren Haft und später zu 209 Mio. Euro Schadensersatz verurteilt wird.
Nach seiner Freilassung kehrt er zurück in seine Altonaer Stadtvilla. Just dort nimmt er am 4. September 2018 um 9.30 Uhr seinen Tee ein, als Zivilpolizisten zugreifen. Die erneute Festnahme hat mit der alten Sache zu tun: Die Justiz verdächtigt Falk, einen Auftragstäter gedungen zu haben, der 2010 einem Frankfurter Wirtschaftsanwalt ins Bein schoss. Dieser hatte für den Londoner Käufer von Falks Firma die Schadensersatzklage vorangetrieben. Offenbar stützt sich die Justiz auf die Aussage eines ehemaligen Knastgenossen von Falk. Der Unternehmer lässt mitteilen, er trete den Vorwürfen „entschieden entgegen“. Die Saga ist noch nicht zu Ende. Denn das Amtsgericht Frankfurt a. Main hat wegen Fluchtgefahr eine Aussetzung der Haft abgelehnt. Also bleibt der Sprössling des einstig berühmten Vaters weiter seit September in Haft. Da konnten auch die besten Anwälte mit einer Haftbeschwerde nichts ausrichten. Zumal die Beweise einer Tatbeteiligung offenbar erdrückend sind – es gibt eine Zeugenaussage und einen belastenden Telefonmitschnitt.