Berlin. Noch ist es ein stiller Wunsch, aber dieser könnte vielleicht schon bald in Erfüllung gehen: Die Großen der Branche wie mobile.de oder autoscout24 mit ihren Plattformen vom Markt der Gebrauchtwagen zu verdrängen und selbst Primus werden. Diesen Plan haben Daimler und VW, nachdem deren gemeinsame „Babies“ DriveNow und Car2go sehr gut eingeschlagen sind. Aber es wird nicht leicht, die Platzhirsche, die jahrelang erfolgreich und online-erprobt sind, zu verdrängen. Der Markt jedenfalls ist riesengroß, so dass ein weiterer Konkurrent sicherlich einige Umsatz-Millionen für sich abzweigen könnte. Noch kennt kaum jemand den Namen „Heycar“, was sich aber schon bald mit der Millionenspritze von Daimler ändern könnte.
Jahrzehntelang haben sich die Großen der Autoindustrie nichts gegönnt. Jetzt haben sie ihre Zuneigung zueinander entdeckt. Erst kauften Audi, BMW und Daimler gemeinsam für rund zweieinhalb Milliarden Euro den Kartendienst „Here“ — und beteiligten anschließend die Zulieferer Bosch und Continental. Dann bildeten die deutschen Hersteller mit US-Konkurrent Ford ein Gemeinschaftsunternehmen, das an Autobahnen Ladesäulen für Elektroautos aufstellt. Zuletzt warfen BMW und Daimler ihr milliardenschweres Mobilitätsgeschäft mit DriveNow und Car2Go zusammen.
Der Erfolg dieser Allianzen ist noch ungewiss, schon starten die Wettbewerber den nächsten Vorstoß, sich zu verbrüdern. Daimler will sich an Volkswagens Gebrauchtwagenplattform Heycar beteiligen. Die Verhandlungen seien so gut wie abgeschlossen, heißt es im Umfeld der Gespräche. Der Daimler-Anteil soll zwischen 20 und 30 Prozent liegen, bewertet wird Heycar mit rund 250 Millionen Euro. VVV und Daimler kommentierten die Einstiegspläne nicht. Auch BMW äußert sich nicht. Die Münchener gelten ebenfalls als interessiert an einem Einstieg, die Gespräche sind jedoch noch in einem frühen Stadium.
Der Gebrauchtwagenmarkt ist groß, und er ist lukrativ. 7,3 Millionen Gebrauchte wurden 2017 in Deutschland verkauft, gut doppelt so viele wie Neuwagen (3,4 Millionen). Das Geschäft bindet Kunden. Denn wer bei einem VW- oder Mercedes-Händler kauft, der gibt dort in der Regel auch den Service in Auftrag, bestellt Ersatzteile und — daran sind die Hersteller besonders interessiert – finanziert den Kauf über eine der Autobanken.
Derzeit verdienen andere an dieser Wertschöpfungskette noch ordentlich mit. Die Onlinegebrauchtwagenplattformen Mobile.de und Autoscout24 dominieren den Markt; große Händlergruppen zahlen jährlich Millionenbeträge, um ihre Autos dort zu bewerben. Und der üppig finanzierte und hoch bewertete Neuling Auto1 („Wir kaufen Dein Auto“) lockt Privatkunden.
Bei einem Treffen von VW-Händlern kam vor etwa zweieinhalb Jahren die Idee auf, eine eigene Internetautobörse aufzubauen — finanziert über Verkaufsprovisionen und nicht über Werbehonorare. Gleich zum Start im Herbst 2017 öffnete Heycar-Chef Markus Kröger (43) die Plattform auch für andere Marken.
Gegenwärtig werden dort gut 300 000 Autos angeboten, verglichen mit Marktführer Mobile.de noch eine überschaubare Zahl, dort stehen in Deutschland 1,4 Millionen Fahrzeuge zum Verkauf. Wenn es Heycar gelingt, in Deutschland ordentlich Boden gutzumachen, wollen die Partner damit auch ins Ausland expandieren.
Um die Plattform zu verbreitern, verhandelt Wolfsburg nicht nur mit anderen Herstellern, sondern auch mit großen Händlergruppen. Wer viele Autos einstellt, darf sich beteiligen. Die Händler erhalten keine Stimmrechte, werden aber am Gewinn beteiligt, ohne Verluste mittragen zu müssen. Bleibt als letzte Hürde das Kartellrecht. Das dürfte indes keine größeren Probleme bereiten, glaubt ein Beteiligter. Gegenüber Mobile.de und Autoscout24 seien die Großen ausnahmsweise mal die Kleinen.