Teheran. Die meisten privaten Börsenspekulanten setzen auf Aktien, dabei bieten Rohstoffe oft ganz hervorragende Renditen. Wie das Rohöl, welches zwischen Mai 2017 und Juni 2018 um mehr als 50% im Preis gestiegen ist. Das zeigt deutlich, dass man auch mit kurzfristigen Anlagestrategien sehr erfolgreich sein kann. Eine weltweit hohe Nachfrage, die Spekulationen auf einen weiteren Preisanstieg und die gedeckelte Produktion der Ölförderländer sind Gründe für den starken Anstieg beim Preis. Mit sogenannten „Hebelpodukten“ konnten sich Spekulanten bei Brent oder WTI Rohöl eine goldene Nase verdienen. Und der Aufwärtstrend hält an.
Der Austritt der USA aus dem Atomabkommen mit dem Iran hat den Ölpreis weiter steigen lassen. So kletterte die führende europäische Sorte Brent zwischenzeitlich auf 78 Dollar. Das ist der höchste Stand seit dreieinhalb Jahren. Zuvor hatte US-Präsident Donald Trump das 2015 geschlossene Abkommen einseitig aufgekündigt und neue Iran-Sanktionen verhängt. In dem Abkommen hatte sich der Iran verpflichtet, sein Atomprogramm unter internationale Kontrolle zu stellen. Die USA hatten ihrerseits den Verzicht auf Sanktionen erklärt, die vor allem die Ölexporte des Landes beschränkten.
Inwieweit der Preisauftrieb anhält, hängt auch davon ab, ob der politische Konflikt mit dem Iran weiter eskaliert. Eugen Weinberg, Leiter der Rohstoffanalyse bei der Commerzbank, rechnet damit, dass der ohnehin schon stark spekulativ befeuerte Ölpreis zumindest vorübergehend auf über 80 Dollar klettern könnte. „Die Lage auf dem Ölmarkt ist extrem angespannt“, sagt Weinberg. Preisdämpfend wirke hingegen, dass die Sanktionen nicht sofort griffen und mittelfristig die Ausfuhren des Iran von anderen Ölexporteuren wie Saudi-Arabien kompensiert würden. „Wegen der umfangreichen Wetten aufsteigende Ölpreise glaube ich, dass die Wahrscheinlichkeit für einen Rückfall derzeit höher ist als für einen weiteren Preisanstieg.“ Fundamental seien 75 Dollar jedenfalls nicht mehr gerechtfertigt. Deshalb rechnet Weinberg zum Jahresende wieder mit 65 Dollar, auch aufgrund der schwächeren globalen Konjunktur.
Denn höhere Ölpreise steigern zwar auf der einen Seite die Gewinne der Ölkonzerne. Auf der anderen Seite belasten sie aber nicht nur Unternehmen wie Lufthansa, die enorme Mengen an Treibstoff verbrauchen. Auch andere Firmen und Verbraucher haben höhere Kosten, zum Beispiel über steigende Heizöl- oder Benzinpreise. Das erhöht die Inflation, könnte die Notenbanken zu einer restriktiveren Geldpolitik zwingen und bremst zugleich das Wirtschaftswachstum. Deka Bank-Chefvolkswirt Ulrich Kater hält das derzeitige Ölpreisniveau „konjunkturell und inflationsmäßig noch für verkraftbar“. Weitere deutliche Erhöhungen könnten jedoch einen „Ölpreisschock“ auslösen, warnt Kater.