Berlin. Der amerikanische Systemgastronomie-Konzern „YUM!Brands“, besser bekannt in unseren Breiten als Fastfoodriese „Kentucky Fried Chicken“ (KFC), dem auch die Pizza Hut-Kette gehört, ist ein Multimilliarden-Konzern, der allein in Deutschland fast 170 Filialen betreibt. Da das Geschäft so gut läuft, und der Verkauf von gebratenem Hähnchenfleisch boomt, plant der Konzern sein Filialnetz in den nächsten Jahren auf 500 auszubauen. Dafür braucht man fleißige und loyale Mitarbeiter, die den Hauptbestandteil von Erfolg oder Misserfolg ausmachen. Denn ohne eine Schar emsig arbeitender Angestellter kann das Unternehmen in seinen 14-Stunden-Schichten nicht das Pensum abwickeln, welches erforderlich ist, um die Kassen lukrativ klingeln zu lassen. Derzeit werden allein in Deutschland über 240 Mio. Euro Jahresumsatz gemacht. Und mit den neuen Filialgeschäften, die man nach und nach dazukaufen will, wird laut Geschäftsleitung in Düsseldorf, dem Sitz der KFC-Verwaltung, ein Umsatz von 1 Milliarde Euro per annum angepeilt. Große Ziele mit riesigen Expansionsfantasien. Doch eines schmälert den bis dato wunderbaren kaufmännischen Erfolg der Firmenkette: In der Belegschaft rumort es zuweilen mächtig, weil die Arbeitsbedingungen, das Gehaltsgefüge und Urlaubs- und Freizeitreglungen offensichtlich nicht den gewöhnlichen deutschen Standards entsprechen und die Mitarbeiter sich immer öfter gegen die Bedingungen am Arbeitsplatz auflehnen. Liegt es daran, dass der neue polnische Eigentümer, der auch die Berliner Filialen im letzten Jahr erworben hat, andere Jobstandards zugrunde legt, oder schlichtweg deutsche Arbeitsrichtlinien unterläuft?
Durch einen Zufall ist das Transatlantic-Journal Zeuge eines Gespräches unter Mitarbeitern von KFC in Berlin geworden, die sich angeregt über das Thema Zufriedenheit am Arbeitsplatz unterhielten. Auf Nachfrage unserer Reporterin erklärten sich die angesprochenen Mitarbeiter bereit per Email über Probleme am Arbeitsplatz zu berichten und auch Kollegen aus anderen Filialen darauf anzusprechen. Die Ergebnisse daraus wurden ausgewertet und hier zusammengefasst, um den schönen Schein von Expansion, Erfolg und Umsatzsteigerung einmal kritisch zu beleuchten.
Dies sind die schwerwiegendsten Probleme, mit denen sich KFC-Mitarbeiter täglich auseinandersetzen müssen und die ihnen den Arbeitsalltag oft unnötig erschweren, und ein sehr zweifelhaftes Licht auf unternehmerischen „Ehrgeiz“ werfen:
- Das Unternehmen reagiert gar nicht oder verspätet auf technische Probleme in den Filialen, lässt fällige Reparaturen gar nicht oder verspätet ausführen, bis Mitarbeiterbeschwerden sich häufen, und Krankmeldungen drohen. In diesem Fall ging es um eine defekte Lüftungsanlage in der Küche der Filiale am Breitscheidplatz, die wochenlang nicht repariert wurde und Mitarbeiter ungesunde Frittierfette täglich einatmen mussten, so dass einige wegen gesundheitlicher Beeinträchtigungen sich krank meldeten. Erst ein anonymer Hinweis, dass man das Gewerbeaufsichts- und Gesundheitsamt einschalten wolle, führte zur Beseitigung der Mißstände seitens der Filialleitung.
- Mitarbeiter müssen regelmäßig schwere Versandpakete mit Waren und Zutaten aus dem Keller in die Küche schleppen, obwohl das Tragegewicht mit bis zu 10 Kg die meist weiblichen Mitarbeiter überfordert und zu Rückenproblemen führt, was teilweise in Krankmeldungen mündet.
- Krankmeldungen mit längeren Fehlzeiten führen zu Gehaltskürzungen, obwohl das gegen geltendes Arbeitsrecht verstößt.
- Um Geld zu sparen, versucht die Geschäftsleitung regelmäßig, Löhne niedriger einzustufen, indem willkürlich Steuerklassen der Mitarbeiter geändert werden. Oder Gehaltsabrechnungen enthalten Fehler – sie weisen beispielsweise weniger Stunden als die tatsächlich geleisteten aus.
- Keine Gleichbehandlung von Mitarbeitern, was z.B. Bonuszahlungen bei Umsätzen „über Soll“ betrifft. Beliebte Mitarbeiter bekommen sie, unbeliebte werden übergangen.
- Mitarbeiter müssen oft 12-15 Tage durchgehend arbeiten, erhalten dafür dann oft nur 1 Tag Urlaub als Ausgleich. Gesetzliche Regelungen mit entsprechenden Ausgleichsregelungen werden ignoriert.
- Die Kosten für subventionierte Mahlzeiten werden auch dann vom Gehalt abgezogen, wenn der Mitarbeiter gar nicht im Unternehmen isst, sondern eigene Verpflegung mitbringt.
- Die Urlaubsregelung wird vom Unternehmen vorgegeben, ohne dass Mitarbeiter alleine über den Zeitpunkt des Urlaubs entscheiden können. Urlaubsanfragen bleiben unbeantwortet, die Filialleitung fordert Mitarbeiter auf, zu bestimmten Terminen Urlaub einzureichen.
- Die Willkür der Geschäftsleitung entscheidet über Freizeit oder Überstunden. Auch hier gilt: Unbeliebte Mitarbeiter werden regelmäßig zu Überstunden verdonnert, im Weigerungsfall droht die Kündigung.
- Gewerkschaftliche Regelungen des Arbeitsalltages (mit mehr als 30 Mitarbeitern pro Filiale im Schichtdienst) sind unerwünscht.
- Mitarbeiter, die zum Marinieren der Hähnchenteile eingeteilt sind, dürfen mangelhafte Waren (z.B. unangenehm riechendes Rohfleisch) nicht aussortieren, sondern müssen mit Marinade Gerüche überdecken und das Fleisch in den Verkauf geben. Besonders eklatant: Mitarbeiter aus der Küche raten Kollegen , die ansonsten auf Firmenverpflegung zurückgreifen würden, vom Verzehr von Ekel-Fleisch ab, wenn sie schlechte Fleischqualität feststellen.
- Arbeitszeiten werden willkürlich durch Überstunden verlängert, selbst in den freien Tagen erhalten Mitarbeiter regelmäßig Nachfragen, ob sie arbeiten wollen, weil nicht genügend Personal eingestellt wurde.
- Das Personal darf kein Trinkgeld behalten, welches ihm für engagiertes, schnelles Bedienen der Kunden zugesteckt wird. Bei Zuwiderhandlung werden Mitarbeiter entlassen. Ohne vorher abgemahnt worden zu sein. Stattdessen verlangt die Filialleitung, dass alle Trinkgelder gesammelt werden, damit davon dann einmal jährlich eine Feier bezahlt wird. Doch im letzten Jahr gab es überhaupt keine Firmenfeier und die Trinkgelder versickerten an unbekannter Stelle. Traurig aber wahr.
Wie zu erfahren ist, herrscht eine große Fluktuation unter den Mitarbeitern, weil große Unzufriedenheit herrscht.
Wer sich diese Vorwürfe durchliest, kann sich einen Eindruck verschaffen, dass Gewinnmaximierung auf dem Rücken der Arbeitnehmer erreicht werden soll. Der Vorwurf, dass schwere arbeitsrechtliche Verfehlungen bei KFC an der Tagesordnung sind, ist nicht von der Hand zu weisen und ruft nach ernsthaften Untersuchungen durch das Gewerbeaufsichtsamt. Nur solange keiner der Mitarbeiter den Mut hat, sich zu beschweren, kann der Konzern anscheinend machen was er will, denn laut Aussage der Mitarbeiter gibt es diese Beschwerden seit längerem, und gehören seit Jahren zum Arbeitsalltag von Kentucky Fried Chicken dazu.
Transatlantic-Journal bleibt am Thema dran und wird das Unternehmen um eine Stellungnahme bitten.
Spätestens um 10 Uhr morgens öffnen sich die Türen bei Kentucky Fried Chicken für hungrige Kunden, die quasi zum Frühstück bereits das knusprige Hähnchenfleisch an eine der 4 oder 5 Kassen in den Filialen von KFC bestellen können. Dass die Qualität des Fleisches nach letzten Tests von Stiftung Warentest weiß Gott nicht die beste ist, soll hierbei erst einmal keine Rolle spielen. Viel wichtiger ist, dass bis zur Ladenöffnung bereits 1 oder 2 Mitarbeiter/innen Fleisch und Zubehör aus dem Keller hinauf in die Köche geschleppt haben, egal ob Kisten dabei 1 kg oder auchmal 10 kg Gewicht haben. Die mehrfache Reklamation durch weibliche Angestellte, dass die Kisten zu schwer seien, bügelt die Filialleitung normalerweise mit den Worten ab, dass einer eben auch die unangenehmen Jobs erledigen müsse. Anstatt das fitness-studio-gestählte
Security-Personal dafür abzustellen, legt es die Firma lieber darauf an, dass Mitarbeiter/innen sich den Rücken verschleißen oder ernsthafte Bandscheibenprobleme davontragen. Wer dann allerdings einen Krankenschein einreicht, dem droht das Unternehmen bei zu langer Ausfallzeit mit Lohnkürzung und schlechterer Dienstplangestaltung.