Walldorf. Kritik und Drohungen hagelte es, als bekannt wurde, dass SAP-Chef Bill McDermott 2016 ein Gehaltspaket von über 15 Mio. Euro zugesprochen worden war. Es gebe „rote Linien“, die Konzerne nicht überschreiten sollten, echauffierte sich Hans-Christoph Hirt vom britischen Investor Hermes. Seine erheblichen Bedenken gegenüber dem Vergütungssystem seien einfach ignoriert worden – das werde er nicht durchgehen lassen. Tatsächlich kam es auf der Hauptversammlung im vergangenen Jahr zum Showdown: Hasso Plattner, SAP-Gründer und Chef des Aufsichtsrats, der über die Vergütung des Vorstands entscheidet, verteidigte die hohen Boni seiner Führungsmannschaft vehement gegen den Groll der Anleger. Doch fast die Hälfte der Aktionäre watschte ihn ab und verweigerte dem Kontrollgremium die Entlastung. Eine Blamage.
Keinerlei Aufsehen erregte dagegen der kleine Wettbewerber Software AG. Dabei bekam Firmen-Chef Karl-Heinz Streibich mit knapp 15 Mio. Euro fast genauso viel wie McDermott. Außerdem hat er mit einem Gehaltsplus von 216 Prozent sogar den größten Sprung im Ranking der bestverdienenden Konzernchefs in Deutschland gemacht. Da spielt das Top-Management der TecDax-Firma mit 900 Mio. Euro Umsatz in der gleichen Gehaltsklasse wie der Dax-Konzern mit 22 Mrd. Euro Umsatz.
Im Windschatten der prominenten Großkonzerne tut sich viel Bemerkenswertes. Die Daten stammen von den Vergütungsexperten der Unternehmensberatung HKP Group, die für das Geschäftsjahr 2016 neben den Vorstandssalären der 30 Dax-Konzerne auch die jeweils 50 Unternehmen im MDax und SDax und die 30 TecDax-Vertreter betrachtet haben. Es ist der umfangreichste und auch aktuellste Überblick, da die Zahlen für 2017 erst mit den Bilanzen in den nächsten Monaten veröffentlicht werden.
Das Terrain hatten bislang die Automanager besetzt. Doch nach dem vorzeitigen Abgang von Ex-VW-Chef Martin Winterkorn, der 2015 mit 16,6 Mio. Euro auf Platz eins thronte, wird zumindest sein Nachfolger Matthias Müller erst einmal nicht mehr in solche Sphären vordringen. Er ist mit 7,8 Mio. Euro zwar schon von Platz 38 auf Platz 16 geklettert. Aber sein Aufsichtsrat hat ein neues Vergütungssystem eingeführt und dabei festgelegt, dass das Gehalt des Vorstandsvorsitzenden bei 10 Mio. Euro gedeckelt wird.
Damit folgt der vom SPD-geführten Land Niedersachsen maßgeblich mitbestimmte Konzern einem Appell, der in der Öffentlichkeit regelmäßig auch von Politikern geäußert wird. Allerdings gibt es keinen Konsens darüber, ob eine Obergrenze von 10,5 oder auch nur 2 Mio. Euro angemessen wäre.
Mehr Lohngerechtigkeit haben solche Pauschalwerte kaum zur Folge. Genauso wenig wie die in diesem Zusammenhang gerne berechneten Quotienten, mit denen die Kluft zwischen Vorstands- und Mitarbeiterber Zügen gemessen wird. „Als Vorgabe für die gesamte deutsche Wirtschaft sind solche Kennzahlen vollkommen nichtssagend und irreführend“, sagt Michael Kramarsch, Gründer und Managing Partner von HKP. Allerdings seies absolut sinnvoll, dass Aufsichtsräte bei individuellen Entscheidungen in ihrem Unternehmen die Gehälterrelationen im Blick behalten.
Die Kontrolleure sind dafür verantwortlich, das richtige Maß an Anreiz für ihre Top-Führungskräfte zu finden, um diese zu bestmöglichen Ergebnissen anzuspornen. Den Rahmen dafür geben nicht allein interne Kennziffern vor, sondern auch gesetzliche Vorgaben und Richtlinien für gute Unternehmensführung auf deutscher wie auf europäischer Ebene. Viele Gehälter müssen darüber hinaus dem internationalen Vergleich standhalten.
Ihre komplexen Vergütungsstrukturen haben 129 der 160 im Trans-Ranking betrachteten Unternehmen veröffentlicht. Immer häufiger werden solche Abmachungen allerdings bei den Hauptversammlungen von Aktionären infrage gestellt. Als Hermes-Manager Hirt seinen Protest vorbereitete, entdeckte er bei SAP eine „rote Linie“ im Klein- gedruckten. Demnach könnte Konzernchef McDermott theoretisch bis zu 41 Mio. Euro verdienen.