Mainz. Die gute Nachricht vorweg: Geld ist genug da. Die Koalition verspricht den Kommunen, bis 2021 die Kosten für die Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen weitgehend zu übernehmen. Gott sei Dank! Wenn kommunale Leistungen gestrichen werden müssen, weil die Pflichtaufgabe Flüchtlingsunterbringung nicht mehr anders zu finanzieren ist, dann legt das die Axt an den sozialen Frieden. In finanziell Not leidenden Städten wäre das ohne Bundeshilfe zu befürchten.
Positiv klingt auch, dass die Bundesregierung sich sowohl zur Hilfe für Flüchtlinge bekennt als auch zu den Grenzen des Machbaren. Es sollen nicht wieder 10 000 Menschen pro Tag nach Deutschland kommen wie im Herbst 2015, sondern ungefähr 500. Das schafft Planungssicherheit und eine wichtige Voraussetzung für erfolgreiche Integration, denn die hängt maßgeblich davon ab, wie viele Personen wir aufnehmen.
Richtig ist auch, dass die Regierung künftig die Entscheidung über ein Bleiberecht von Asylbewerbern in sogenannten Ankerzentren treffen will. Alle beteiligten Institutionen arbeiten an einem Ort zusammen, die Verfahren werden schnellstmöglich durchgeführt, und nur die Bewerber, die auch bleiben dürfen, kommen von dort in die Kommunen. Von der Gruppe der abgelehnten jungen Männer aus Ländern, in denen keine Fluchtgründe bestehen, geht für die öffentliche Sicherheit und ein soziales Miteinander in den Kommunen die größte Gefahr aus. Wenn wir uns tatsächlich auf die Integration der Menschen konzentrieren können, die vor Krieg und Verfolgung geflohen sind, schaffen wir alles andere sehr viel leichter. Schmerzlich vermisse ich aber eine Lösung für das Problem der langjährig geduldeten Flüchtlinge. Bäckereien und Handwerker beklagen sich darüber, dass hervorragende Mitarbeiter abgeschoben werden, weil sie keinen Asylanspruch haben, obwohl sie bestens integriert sind und dringend gebraucht werden. Für diese Menschen müsste ein Einwanderungsgesetz eine Tür zu dauerhaftem Aufenthalt öffnen.
Gravierend ist die Lücke im Wohnungsbau. Zwar soll die Förderung des sozialen Wohnungsbaus verstetigt werden. Aber eine wirksame Mietpreisbremse fehlt im Vertrag. Menschen mit niedrigen und teilweise auch mittleren Einkommen werden also weiter aus den Städten verdrängt, während die Kommunen Flüchtlinge unterbringen müssen. Da brennt die Lunte an sozialem Sprengstoff. Und die Koalition schaut tatenlos zu. Eine weitere Leerstelle ist der Bildungsbereich. Wie wir in den Kitas und den Schulen die Flüchtlingskinder in stark wachsender Zahl fördern und integrieren sollen, interessiert die Koalition nicht. Dabei können wir die Stellen von Erzieherinnen und Grundschullehrern schon heute kaum noch besetzen, hier drohen Mangelverwaltung und Qualitätsverlust. Nur mit Geld allein lässt sich der Personalmangel nicht beheben — denn neue Fachkräfte kann niemand mit einem Fingerschnips herbeizaubern.
Das Beispiel der Essener Tafel zeigt eindringlich, dass unsere Hilfssysteme Grenzen der Belastbarkeit haben. Ausgerechnet die Helfer zu kritisieren, wie die Kanzlerin es getan hat, hilft sicher nicht. Wir dürfen nicht zulassen, dass die Integration zulasten derjenigen geht, die es schon bisher schwer hatten in unserem Land. Der Koalitionsvertrag hilft dabei leider nicht genug.