Essen. Ein Umsatzplus von zwölf Prozent! Der Vorsteuergewinn sogar 32 Prozent höher als zuletzt! Die Erwartungen der Analysten „erheblich übertroffen“! So lobt sich die BASF SE selbst für ihr abgelaufenes Geschäftsjahr. Eigentlich wird der Konzern seine Bilanz für 2017 erst am 27. Februar vorlegen, aber mit der ersten Erfolgsmeldung wollte man in Ludwigshafen nicht so lange warten — und pustete die wichtigsten Zahlen vorab schon Ende Januar hinaus.
Kein Zweifel: 2017 ist für den größten Chemiekonzern Europas deutlich besser gelaufen als das Vorjahr. Aber wie schrieb schon der Philosoph und Theologe Sören Kierkegaard? Mit dem Vergleichen endet nur allzu oft das Glück und beginnt die Unzufriedenheit. Im Fall von BASF hängt das Ausmaß der Freude über die neueste Bilanz ganz entscheidend davon ab, welches Vergleichsjahr man heranzieht.
Für das vergangene Geschäftsjahr meldet Konzernchef Kurt Bock einen Gewinn vor Steuern und Zinsen von 8,3 Mrd. Euro. Das ist in der Tat erheblich mehr als 2016, als BASF nur auf 6,3 Mrd. Euro kam. Doch mit dem neuesten Gewinnsprung landet der Konzern nur dort, wo er vor sechs Jahren schon einmal stand. 2011 verbuchte BASF einen Vorsteuergewinn von sogar 8,6 Mrd. Euro also 300 Mio. Euro mehr als 2017.
Besonders peinlich daran: Im Mai 2011 trat Bock sein Amt als neuer Vorstandschef an. Mit der Hauptversammlung im Mai gibt er seinen Posten an seinen Stellvertreter Martin Brudermüller ab. Man kann also mit vollem Recht sagen: Die Bock-Jahre waren für BASF verlorene Jahre, wenn man sich die Gewinnentwicklung zwischen 2011 und 2017 anschaut.
Bocks größter Fehler war eine falsche Strategie: Der ehemalige Finanzvorstand wollte BASF zum großen Öl- und Gasproduzenten umbauen. Er tauschte viele Aktiva mit dem russischen Monopolisten Gazprom und nahm dabei erhebliche Umsatzund Gewinnverluste in Kauf. Zwischen 2011 und 2012 brach der Vorsteuergewinn um fast 2 Mrd. Euro ein. Die sinkenden Öl- und Gaspreise machten Bock einen dicken Strich durch seine Investitionsrechnung.
Inzwischen korrigiert der Konzern seine verfehlte Generallinie -allerdings, ohne es richtig zuzugeben. Die BASF SE bringt ihre Öl- und Gastochter Wintershall in ein Joint Venture mit dem russischen Oligarchen Michail Fridman ein. Später geht es an die Börse. Aus der Gewinn-und Verlust-Rechnung von BASF verschwinden die heftig schwankenden Rohstofferlöse, sobald das gemeinsame Unternehmen steht. Zum Kerngeschäft gehören sie dann ausdrücklich nicht mehr. Dabei hatte Bock Erdöl und Gas noch im Mai letzten Jahres als „guten Bestandteil unseres Portfolios“ gepriesen.
Nun muss der neue Chef Brudermüller zeigen, welchen Weg BASF künftig einschlägt. Eine andere Strategie muss her — aber die alten Kämpen reden dabei weiter mit. Jürgen Hambrecht, der 2011 mitverantwortlich für die falsche Weichenstellung war, leitet weiter den Aufsichtsrat. Und als dessen Nachfolger soll Bock dieses wichtige Amt übernehmen — nach der vorgeschriebenen Abkühlungsphase von zwei Jahren. Man fragt sich, womit sich der Westfale diese Belohnung verdient hat.