Bremerhaven. Es ist fast 20 Jahre her, da ging für Peter Dill und Egbert Miebach ein Traum in Erfüllung. Dill, früher Geschäftsführer und Partner bei der Boston Consulting Group, und sein Schulfreund wurden Unternehmer. Gemeinsam mit Andreas Jacobs, Spross der gleichnamigen Kaffee- und Schokoladendynastie, kauften sie Deutschlands größten Fischspezialisten Deutsche See. Das 1939 gegründete Unternehmen aus Bremerhaven verarbeitet Meerestiere und beliefert Handel und Gastronomie. Damals war die Deutsche See Teil der Restaurantkette Nordsee.
Das könnte der Fischverarbeiter bald wieder werden. Denn Dills und Miebachs Traum endet: Miebach ist schwer erkrankt, die Deutsche See steht zum Verkauf.
Wie es weitergehen soll, ist mangels familieninterner Nachfolgekandidaten schon seit einigen Jahren ein Thema. Nun spitzt sich die Lage zu. Geschäftsführer Hartwig Retzlaff hat das Unternehmen zum Jahreswechsel verlassen. Dill, der bereits 2014 kürzertrat und Miebach nach dem Ausstieg von Jacobs zum Hauptgesellschafter machte, muss den Laden inzwischen wieder schmeißen. Die Suche nach einem neuen Eigner verläuft schleppend.
Dabei haben Dill und Miebach jahrelang einen guten Job gemacht. Die Deutsche See setzte laut jüngster Bilanz im Geschäftsjahr 2015/16 fast 400 Millionen Euro um und erwirtschaftete einen Überschuss in Höhe von 5,7 Millionen Euro.
Allerdings ist der Markt im Inland weitgehend abgefischt, einen Rivalen, den man übernehmen könnte, gibt es nicht. Und eine Expansion ins Ausland ist der Firma nie gelungen.
Dafür ist die Preisvorstellungvon rund 120 Millionen Euro ziemlich sportlich. Zahlreiche Interessenten haben bereits abgewunken, einen Käufer kann Stefan Edlich, Partner des mandatierten Hamburger M&A-Spezialisten MCF Corporate Finance, bisher nicht präsentieren.
Immerhin, im November konnte Miebach einen kleinen Anteil verkaufen. Seither hält der frühere Hero-Manager Lutz Peters 10,6 Prozent. Dass nun ein dritter Gesellschafter mit am Verhandlungstisch sitzt, dürfte den Verkauf hingegen nicht erleichtern.
Und so erscheint eine Wiedervereinigung mit Nordsee, von der Restaurantkettenchef-Robert Jung schon 2016 öffentlich träumte, tatsächlich möglich. „Bei einer vernünftigen Bewertung wäre das spannend“, gibt ein interessierter Investor zu Protokoll. Fischeinkäufer, -vermarkter und -verkäufer wären in einer Hand. Das könnte in einem Private-Equity-Haus Synergieträume reifen lassen.
Leicht wird das Unterfangen nicht. Der rund 350 Millionen Euro Umsatz schwere Fastfoodanbieter gehört heute dem Molkereiunternehmer Theo Müller und dessen Aufsichtsratschef Heiner Kamps; der hat einen Minderheitsanteil von 20 Prozent und macht weiter mit Müller gemeinsame Sache.
Wer sich Nordsee angeln will, muss deutlich mehr als 300 Millionen Euro mitbringen. Ganz schön viel Geld für eine erneute Hochzeit.