Nach der Highschool studiert Son Wirtschaft in Berkeley. Computer haben es ihm angetan. Seine erste Firma importiert Space-Invaders Spielkonsolen aus Japan. „Masa hat sein ganzes Leben als CEO gearbeitet“, sagt Finanzchef Kazuhiko Fujihara, der ihn seit über 16 Jahren kennt. Er wollte niemandem dienen.
Nach dem Abschluss kehrt der Japaner zurück in die Heimat und kämpft sich nach oben. Das Startkapital für SoftBank stammt vom Elektronikkonzern Sharp, der ihm eine Erfindung abkauft: ein digitales Taschenwörterbuch.
Ende der 90er transformiert Son Soft-Bank, das anfangs vor allem mit Software handelte und Elektronikmagazine herausgab, in einen Internetkonzern. Er imitiert die Ge schäftsmodelle von US-Vorbildern wie Ebay und Yahoo oder holt sie als Joint-Venture-Partner nach Japan.
Mit seinem Copy-and-Paste-Modell ist Son erfolgreicher als manche Vorbilder: Seine Version von Yahoo etwa, über die man anders als beim kränkelnden Original auch Autos kaufen oder Wohnungen mieten kann, ist heute die beliebteste Website Japans – und hat noch nie einen Yen Verlust gemacht.
Als die New-Economy-Blase 2001 platzt, fällt aber auch Sons Reich in sich zusammen. Vorerst. Denn ein Deal aus dieser Zeit macht ihn später zur Legende. 2000 trifft er in China den Ex-Lehrer Jack Ma und vertraut ihm 20 Millionen Dollar für das Start-up Alibaba an. Heute ist der 29Prozent-Anteil, den SoftBank schon teilweise versilbert hat, 126 Milliarden Dollar wert. Ma und Son sind Freunde geworden und wirken im Aufsichtsrat der Unternehmen des jeweils anderen. Masayoshi Son wusste schon mit 20 genau, was er mit 60 tun wollte. Für seine Firma hat er einen 300-Jahres-Plan aufgestellt. Finanzchef Kazuhiko Fujihara muss lachen, wenn er von seinem Boss erzählt. Der ehemalige MazdaManager, ein fröhlicher Mann mit grüner Elefantenkrawatte, sitzt in einem Konferenzraum in der SoftBank-Zentrale in Tokio.
„Masa ist verrückt“ Fujihara kann sich noch gut daran erinnern, wie es war, als Son vor ihm zum ersten Mal aufdrehte. „Ich dachte: Masa ist verrückt“, sagt er. Es war 2006, und Masa stellte in Tokio seine Ziele für das Mobilfunkgeschäft vor. SoftBank hatte gerade für 15 Milliarden US-Dollar Vodafone Japan übernommen und drängte mit aller Macht ins nationale Handygeschäft. Son versprach, in zehn Jahren würde er mehr Gewinn erwirtschaften als Marktführer NTT Docomo, der ehemalige Staatsmonopolist. Das klang nach Größenwahn – erst recht im konservativen Japan. SoftBank war nach dem Zukauf hoch verschuldet und die abgeschlagene Nummer drei. Die Leute verspotteten Son.
Aber er lieferte. SoftBank jagte der Konkurrenz mit Sonderangeboten Millionen Kunden ab, 2008 sicherte sich Son die Japanrechte für den exklusiven Vertrieb des iPhones. Er war eng mit Steve Jobs befreundet, besuchte ihn sogar am Sterbebett.
Das heimische Telekom-Geschäft wuchs zu SoftBanks Cashcow heran. Die üppigen Gewinne bilden bis heute das Fundament. Ohne die so gewonnene Bonität und die Milliarden aus dem Alibaba-Deal wäre die Shoppingtour der vergangenen Jahre nicht möglich gewesen.
Neben dem charmanten Chefverkäufer Son war es vor allem Fujihara, der SoftBank während des aggressiven Wachstums mit Finanztricks aus der Autoindustrie liquide hielt: Die Kunden konnten die teuren Handys leasen, SoftBank verflüssigte die so generierten Verbindlichkeiten am Kapitalmarkt.
„Bei SoftBank tanzen wir gern Freistil“, sagt CFO Fujihara – die drückende Verschuldung macht’s nötig. Nach dem Scheitern der Fusionsverhandlungen mit der Deutschen Telekom braucht Sons Mobilfunker Sprint nun schnell Milliarden, um sein Geschäft auszubauen. Sonst kann die Nummer vier auf dem US-Markt nicht mehr mithalten.
Dabei mangelt es Son nicht an Ideen, für die er Geld braucht.
„Ich bin so aufgeregt“, sagte Son im Juli auf einer Bühne in Tokio, „Schlaf erscheint mir nur noch als Zeitverschwendung.“ Er träumt von der totalen Digitalisierung, schwärmt von einer Zukunft, in der sich Billionen von Sensoren an Heizungen, Fenstern oder Düngemaschinen befinden und die gesammelten Daten von überall via Satellit ins Netz speisen. Dort würden sie von Algorithmen analysiert, die daraus etwa einen Plan für eine effizientere Energienutzung ableiten.
Bei anderen Auftritten philosophiert er über selbstfahrende Autos oder smarte Roboter, die den Menschen ein arbeitsloses Leben im Luxus ermöglichen. Er sieht die Menschheit an der Schwelle zu einer Epoche, in der selbstlernende Com- puter ihre Schöpfer intellektuell übertrumpfen werden.
Es sind die gängigen Techutopien unserer Zeit, doch anders als die meisten Entrepreneure möchte Son nicht allein in einer Zukunftsdisziplin zur Spitze gehören. Stattdessen knüpft er ein Netz aus Investments und Eigenentwicklungen, das SoftBank die Kontrolle über die Infrastruktur der nächsten, intelligenten Ära sichern soll. Das Datenmaterial zum Training der Algorithmen sollen die vielen Beteiligungen liefern, etwa das Karten-Start-up Mapbox oder Plenty, eine Firma, die Biogemüse und -Obst in US-Großstädten anbaut.
Sons Vision für SoftBank fußt auf den Säulen Robotik, künstliche Intelligenz sowie dem Internet der Dinge. Die Überzeugung von der gegenseitigen Abhängigkeit dieser drei Segmente ist der fantastische Kitt seiner Börsenstory.
Die Gefahr dieses Techkonglomerats: Passen die Einzelteile doch nicht zusammen, ist Sons Konstrukt bloß ein überambitioniertes Sammelsurium von Investments, das allein in seinem Kopf Sinn ergibt — dann droht ein Absturz, wie Son ihn schon 2001 erlebte.
Was ihm die Investoren derzeit noch hoch anrechnen, ist sein Geschick beim Geldverdienen. Mit Japans Yahoo oder Arm erzielt er solide Gewinne. Im Herbst wurde bekannt, dass der Vision Fund bei Uber mit einem üppigen Rabatt von 30 Prozent auf die bisherige Bewertung einsteigen will.