Essen. So schnell kann ein Gefallener wieder aufstehen. Nur ein Jahr nachdem Jens-Michael Wegmann wegen einer Armbandaffäre als Bereichsleiter beim Ruhrkonzern ThyssenKrupp den Dienst quittieren musste, hat er wieder einen Topjob. Seit Anfang Dezember verdingt er sich als Chief Operating Officer (COO) beim Stahlhändler Klöckner & Co (KlöCo) in Duisburg. Seinen Fehler, von einem Geschäftspartner ein goldenes Schmuckstück (für die Gattin) anzunehmen, hat er reumütig eingestanden. Weiter geht’s.
Wegmann hat Stärken als Manager, er ist ein Sparfuchs, eine willkommene Tugend im niedrigmargigen Handelsgeschäft. Hilfreich für seine Anstellung waren aber wohl auch gute alte Beziehungen, die seinem neuen Arbeitgeber helfen sollen, einen großen Plan zu verwirklichen.
Seit Langem schon trachtet KlöCo-Chef Gisbert Rühl danach, die Stahlhandelsdivision von ThyssenKrupp (13,7 Milliarden Euro Umsatz) zu übernehmen. Rühl ist deswegen in der Vergangenheit mehrfach bei ThyssenKrupp-Lenker Heinrich Hiesinger in Essen vorstellig geworden.
Man kam aber nicht zusammen. Das lag vor allem an unterschiedlichen Preisvorstellungen. Die Summe, die der KlöCoMann zahlen wollte, lag unterhalb des Werts, mit dem der Werkstoffhandel bei ThyssenKrupp in den Büchern steht. Hiesinger hätte also einen Teil abschreiben müssen. Das konnte er sich wegen der schwachen Eigenkapitalausstattung des Konzerns nicht leisten.
Nun aber haben sich die Dinge auf beiden Seiten verändert. ThyssenKrupp steht wieder solider da. Außerdem ist Hiesinger dabei, seine Stahlsparte mit der von Tata Steel zusammenzulegen. Strategisch ergibt es nun also überhaupt keinen Sinn mehr, einen Stahlhandel zu betreiben, der Jahr für Jahr Wert vernichtet.
Zudem könnte Hiesinger mit einem Verkauf seinen Großaktionär Cevian (rund 15 Prozent) befrieden, der zuletzt in sehr deutlichen Worten dessen Qualität als Manager infrage gestellt hat: Hiesinger habe „nicht geliefert, was er versprochen hat“, so lautet der Vorwurf der PrivateEquity-Firma.
Rühl will die Gunst der Stunde nutzen und demnächst einen Vorschlag machen, den Hiesinger kaum ablehnen kann. Ihm schwebt ein Gemeinschaftsunternehmen unter Führung der umsatzmäßig nicht mal halb so großen KlöCo vor. Den möglichen Wertunterschied der beiden Firmen will Rühl mit Bargeld ausgleichen.
Der Vorteil für Hiesinger: Er brauchte das Geschäft nicht mehr als Teil des Konzerns bilanzieren und würde durch die entstehenden Kostenvorteile die schmale Ebit-Marge (1,6 Prozent) aufpolstern.
Eine weitere Brücke für Hiesinger hat KlöCo-Aufsichtsratschef Dieter Vogel mit dem neu geschaffenen Posten des COO im KlöCo-Vorstand gebaut. Sollte das Joint Venture von ThyssenKrupp und KlöCo zustande kommen, würde Wegmann wahrscheinlich den Zusammenschluss organisieren.
Als es an die Besetzung der Stelle ging, soll Vogel den Namen Jens-Michael Wegmann als einen der ersten auf die Liste mit den Vorschlägen gesetzt haben. Er weiß schließlich, dass Heinrich Hiesinger nach wie vor große Stücke auf den Patenonkel eines seiner Kinder hält.