Madrid. Die Erde muss immer mehr Menschen ernähren. Bis 2050 ist ein Anstieg der Nahrungsmittelproduktion um 70 Prozent notwendig, um die steigende Nach frage zu befriedigen. Zugleich muss der Nährwert deutlich erhöht werden, um Krankheiten wie Adipositas (Fettleibigkeit) oder Diabetes zu bekämpfen. Adipositas ist heute ein immer ernsteres Problem, das sowohl in Industrie- als auch in Entwicklungsländern steigende Kosten für die medizinische Versorgung und durch Arbeitsausfälle verursacht. Hierdurch rücken Lebensmittelqualität und Nachhaltigkeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette – von der Lebensmittelherstellung bis zu Verpackung, Transport, Abfallmanagement, Recycling und Vertrieb – in den Mittelpunkt. Die Umstellung auf eine effiziente und ökologisch unbedenkliche Produktion setzt weltweit umfangreiche Investitionen voraus.
Die Palette der nachhaltig wirtschaftenden Unternehmen umfasst Firmen, die die Verschwendung von Lebensmitteln und Wasser bekämpfen, die C02-Emissionen und sonstige Umweltbelastungen abbauen sowie Unternehmen, die für mehr Lebensmittelsicherheit und eine gesündere Ernährung sorgen. Sind Rendite und Klimaschutz vereinbar?
Für Investoren bieten die Herausforderungen nachhaltiger Lebensmittelproduktion reichhaltige Chancen. Im Fokus der Investoren sind Unternehmen, deren Geschäftsmodell auf ressourcenschonender Produktion basiert, aber auch Firmen, die strengere Vorschriften beispielhaft umsetzen und sich auf verändernde Verbraucherwünsche einstellen.
Investoren sollten sich nicht lediglich darauf beschränken, im Geschäftsbericht eines Unternehmens das Kapitel über soziales und nachhaltiges Engagement zulesen, sondern vielmehr die Arbeitsweise und das Geschäftsfeld betrachten.
Mehr denn je muss die Lebensmittelbranche Umweltbelastungen und gesellschaftliche Trends beherzigen und sich zugleich auf die Nachfrage- und Angebotsentwicklung der Zukunft einstellen.
Bis zu einem Drittel der für den menschlichen Verzehr bestimmten produzierten Nahrung geht verloren oder landet direkt im Abfall. Die Kosten für den Anbau und die Produktion belaufen sich auf eine Billion US-Dollar. Hinzu kommen die Schäden durch Bodenerosion und Grenzkonflikte, sowie hervorgerufene Gesundheitsschäden durch chemische Substanzen in Höhe von 700 Mrd. Dollar. Diese vergeudeten Lebensmittel sind für die Emission von Treibhausgasen (THG) im Volumen von 3,3 Milliarden Tonnen Kohlendioxidäquivalent verantwortlich. Das sind sieben Prozent der gesamten THG-Emissionen eines Jahres. Unter dem Gesichtspunkt der nachhaltigen Lebensmittelproduktion ist die Verschwendung von Nahrung zweifellos ein zentrales Thema.
Für die Nahrungsmittelproduktion werden derzeit 38,4 Prozent der Landmasse der Erde genutzt. Das sind zwölf Prozent mehr als noch vor 50 Jahren, dennoch ist die Effizienz der Produktion gesunken. So liegt das Wachstum in den Schwellenländern bei 1,5 Prozent jährlich und ist damit nur halb so hoch wie in der Vergangenheit. Übernutzung des Bodens und exzessiver Einsatz von Düngemitteln hat zum Verlust ertragreicher Anbauflächen geführt. Die Rodung der Wälder zur Gewinnung neuer Ackerfläche verstärkt den Treibhausgaseffekt. Entwaldung trägt knapp 10 Prozent zu den weltweiten Treibhausgasemissionen bei.
Intensive Formen der Nahrungsmittelproduktion sind direkt und indirekt mitverantwortlich für eine extrem hohe Belastung von Luft, Wasser und Boden. 2011 verursachte die Landwirtschaft weltweit Emissionen von 5,3 Mrd. Tonnen Kohlendioxidäquivalent, fast doppelt so viel wie im Jahr 1961. Zugleich hat der Verpackungsabfall dazu beigetragen, dass im Pazifik ein regelrechter Kontinent aus Plastik entstanden ist, eine „Müllhalde des Pazifik“ etwa doppelt so groß wie Frankreich. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erleiden jedes Jahr drei Millionen Menschen Vergiftungen durch Pestizide, die in etwa 20.000 Fällen tödlich verlaufen.
Adipositas gehört zu den größten Gesundheitsrisiken, denen sich Gesellschaften in Industrie- wie Entwicklungsländern heute stellen müssen. Weltweit hat sich die Adipositasquote in den vergangenen zwanzig Jahren mehr als verdoppelt – eine Folge des steigenden Wohlstands und einer konsumorientierten Lebensweise. 1995 gab es weltweit geschätzt 200 Millionen adipöse Erwachsene. 2014 litten bereits mehr als 600 Millionen Erwachsene unter Übergewicht. Die Mehrheit der Weltbevölkerung lebt derzeit in Ländern, in denen Adipositas mehr Todesfälle verursacht als Untergewicht oder Mangelernährung.
Mexiko führte 2013 eine Mehrwertsteuer von acht Prozent auf verarbeitete Lebensmittel mit hohem Fett- und Zuckergehalt ein, um eine regelrechte Adipositas-Epidemie zu bekämpfen. Ähnliche Lebensmittel- und Zuckersteuern werden auch in Großbritannien, Ungarn, Finnland, Norwegen und Australien erhoben bzw. in Erwägung gezogen, um den Verzehr von Junkfood und stark zuckerhaltigen Getränken einzudämmen.
Das dürfte für neue Produkte auf dem Lebensmittelmarkt sorgen. Zugleich herrschen in einigen Regionen der Dritten Welt Hungersnöte und Unterernährung. Das Verständnis für die Zusammenhänge der Ernährungsproblematik wird erhebliche Auswirkungen auf die künftige Entwicklung nachhaltiger Produktionsweisen haben.
Ein knappes Fünftel der Weltbevölkerung lebt in Gebieten, in denen Wasser schon eine knappe Ressource ist. Weltweit werden 70 Prozent des Wassers zur Bewässerung für die Nahrungsmittelerzeugung genutzt. 250 Kubikkilometer gehen dabei jedes Jahr verloren, was dem dreifachen Inhalt des Genfer Sees entspricht. Der Klimawandel und immer häufiger auftretende extreme Wetterverhältnisse sorgen für mehr Dürreperioden und haben erhebliche Auswirkungen auf die Wasserversorgung. Für den Nahen Osten und Nordafrika lassen Prognosen bis 2050 einen Rückgang des verfügbaren Frischwassers um 50 Prozent erwarten. Das Wasserangebot zu erhöhen ist eine weitreichende und langfristige Aufgabe für nachhaltige Nahrungsmittelproduzenten.
Die Regulierung des Nahrungsmittelsektors hat in den letzten Jahren in allen Bereichen zugenommen: Emissionsbegrenzungen, Trinkwasserqualität, Düngemittelstandards, Pestizidverbote oder Grenzwerte für toxische Chemikalien in Nahrungsmitteln sind einige Beispiele. Internationale Abkommen wie das im Dezember 2015 von 196 Nationen unterzeichnete Pariser Abkommen für C02-Emissionen wirken sich erheblich auf die nationalen Umweltgesetze aus. In einigen Ländern drängt die öffentliche Meinung die Regierungen zu Maßnahmen gegen Umweltverschmutzung und Klimaschäden. In den Niederlanden war beispielsweise die Urgenda-Stiftung mit einer Klage erfolgreich, die den Staat zwang, etwas gegen die Klimawandel zu unternehmen.
Ähnliche Anstrengungen zur Anhebung der Standards für sichere Lebensmittel und zur Bekämpfung der Umweltverschmutzung gibt es in vielen Schwellenländern. China hat einen Aktionsplan „Sauberes Wasser“ aufgestellt, um bis 2030 höchste Effizienzstandards beim Wasserverbrauch umzusetzen. Chinesische Behörden fördern den Einsatz umweltverträglicher Düngemittel und wollen erreichen, dass der Einsatz von Pestiziden ab 2020 nicht mehr steigt.
Die Vorlieben der Verbraucher ändern sich, und durch die bessere Aufklärung über Gesundheitsfolgen steigt das Interesse an gesunden, natürlichen und biologischen Lebensmitteln. Weltweit achten finanziell besser gestellte Verbraucher auf eine gesündere Ernährung, die Herkunft ihrer Lebensmittel und die Vertriebswege, auf denen diese zu ihnen gelangen. Besonders im Westen geben die „Millennials“ verantwortungsbewussten und nachhaltigen Nahrungsmittelherstellern den Vorzug.
Der Wandel im Verbraucherverhalten zeigt sich seit einigen Jahren im Trend zu Bio-Lebensmitteln. In den USA lag die Wachstumsrate bei der Erzeugung biologischer Nahrungsmittel zwischen 2002 und 2011 bei 240 Prozent. Der Vergleichswert für nicht biologisch erzeugte Nahrungsmittel lag bei drei Prozent. Für schadstofffreie Verpackungen sowie für Nahrungsmittel ohne künstliche Farbstoffe und aus nachhaltigem Anbau zahlen Verbraucher bereitwillig einen Aufschlag. Diese Tendenz dürfte sich verstärken. Die Verbraucherwünsche werden zweifellos für ein Wachstum der nachhaltiger Branchen sorgen.
Bei nachhaltigen Lebensmitteln haben Verbraucher schnell das Klischee des Ökobauern mit seinen glücklichen Kühen im Kopf. Investoren suchen jedoch Unternehmen mit Geschäftsmodellen, die einen tatsächlichen Wandel des ganzen Sektors bewicken: Technologie- und Logistikfirmen, Ernährungssicherheit, recycelbare Verpackungen, moderner Transport und Lagerung zur Vermeidung von Verderb, intelligente Bewässerungssysteme.
Jeder Investor sollte sich das Unternehmen anschauen und fragen: Worin besteht die wichtigste Geschäftstätigkeit und wie wird sie ausgeübt?
Für Investoren ist ein Blick auf die Anwendung der ESG-Kriterien in einem Unternehmen Gin wichtiger Ansatz für die Beurteilung, ob es nachhaltig wirtschaftet. Zudem zeigt sich, dass sich der Aktienkurs dieser Unternehmen erfreulich entwickelt. Die ESG-Kriterien sind zudem ein Filter, der wenig nachhaltige Produkte und ethisch fragwürdige Branchen (Palmöl, Waffen, Asbest etc.) auszuschließen.
Umweltschäden, die Folgen extremer Wetterereignisse und die steigenden Kosten chronischer Krankheiten, die mit dem Verzehr moderner Lebensmittel ‚zusammenhängen, nehmen weltweit zu. Die Herausforderung für Unternehmen in der Lebensmittelbranche besteht darin, nachhaltigere Produktionsweisen zu finden, in sie zu investieren und dabei zugleich ihre Methoden unter ESG-Gesichtspunkten zu verbesserrr. Hier bieten sich für Aktionäre auf kurze wie auf lange Sicht große Chancen. Von Produktionsverfahren mit geringerer Umweltbelastung bis hin zu gesünderen Essgewohnheiten stehen Investoren viele verschiedene Möglichkeiten offen, an der Wertschöpfung über die gesamte Nahrungsmittelkette zu partizipieren.
Zugleich sorgen das Tempo und die Komplexität des regulatorischen Wandels dafür, dass der Wettbewerb aufgemischt wird wie nie zuvor. Etablierte Unternehmen können sich nicht mehr auf ihre bestehende Position verlassen und neue Marktteilnehmer erhalten die Chance, schnell Fuß zu fassen. Im Westen geben die „Millennials“ verantwortungsbewussten und nachhaltigen Nahrungsmittelherstellern den Vorzug.
Der Wandel im Verbraucherverhalten zeigt sich seit einigen Jahren im Trend zu Bio-Lebensmitteln. In den USA lag die Wachstumsrate bei der Erzeugung biologischer Nahrungsmittel zwischen 2002 und 2011 bei 240 Prozent. Die Vergleichswert für nicht biologisch erzeugte Nahrungsmittel lag bei drei Prozent. Für schadstofffreie Verpackungen sowie für Nahrungsmittel ohne künstliche Farbstoffe und aus nachhaltigem Anbau zahlen Verbraucher bereitwillig einen Aufschlag. Diese Tendenz dürfte sich verstärken. Die Verbraucherwünsche werden zweifellos für ein Wachstum der nachhaltiger Branchen sorgen.
Bei nachhaltigen Lebensmitteln haben Verbraucher schnell das Klischee des Ökobauern mit seinen glücklichen Kühen im Kopf. Investoren suchen jedoch Unternehmen mit Geschäftsmodellen, die einen tatsächlichen Wandel des ganzen Sektors bewirken: Technologie- und Logistikfirmen, Ernährungssicherheit, recycelbare Verpackungen, moderner Transport und Lagerung zur Vermeidung von Verderb, intelligente Bewässerungssysteme.