Frankfurt/Main. Anleger sollten bei ihrer Geldanlage nicht nur die traditionellen Investmentstrategien in Betracht ziehen. Die offizielle Brexit-Erklärung, das Warten auf erste Umsetzungen politischer Strategien der Trump-Regierung sowie die Wahlen in Europa führen weltweit zu ansteigender Unsicherheit.
Investoren können in diesem Umfeld auf Absolute-Return-Fonds ausweichen, die unabhängig von den zugrunde liegenden Marktbedingungen positive Renditen anstreben. Dazu nutzen sie eine Vielzahl von Instrumenten über verschiedene Anlageklassen hinweg. So könnte neben einer Mischung von Vermögenswerten im Portfolio auch eine Kombination aus kurz- und langfristigen Aktienpositionen enthalten sein. Zu den verschiedenen Anlagetechniken zählt auch das Short-Selling von Aktien, gegenüber denen Fondsmanager negativ eingestellt sind.
Absolute-Return-Produkte sind so weniger abhängig von Marktbewegungen. Sie sind nur gering mit reinen Long-Aktien- oder Rentenfonds korreliert und gleichzeitig weniger volatil, durch das begrenzte Abwärtsrisiko. Selbst bei niedrigen Renditen und überbewerteten Aktienmärkten können einige Absolute-Return-Fondsmanager Werte generieren.
Die Investitionsentscheidungen, gerade im Long-Short-Bereich, erfordern jedoch ein erfahrenes Management. Neben einer Bottom-up-Analyse sind bei Leerverkäufen Geduld und das Eingestehen von Fehlern unabdingbar. Es genügt nicht, zu warten, bis andere Leerverkäufer Positionen aufbauen: Hat man ein überbewertetes Asset identifiziert, sollte man zusätzlich auf einen Katalysator warten, der den Kurs fallen lässt. Beschleuniger, wie beispielsweise die Optionen anderer Leerverkäufer oder die Gewinnwarnung eines Konkurrenten verstärken die Überbewertung noch. Dann ist der Zeitpunkt günstig, um mit Leerverkäufen zu beginnen. Die zweite wichtige Verhaltensweise beim Short-Selling ist, sich Fehler einzugestehen. Statt an einer Position festzuhalten, die Verluste bringt, lohnt es sich, schnell zu verkaufen.
Nach der Selektion der Titel müssen Fondsmanager diese gewichten. Inkrementalismus ist eine Möglichkeit, Positionsgrößen zu bestimmen. Dabei wird das bestehende Portfolio schrittweise an die Nachrichtenlage und die Entwicklung des Aktienkurses angepasst.
Wie sich eine Schritt-für-Schritt Strategie umsetzen lässt, kann am Beispiel des Jupiter Global Absolute Return SICAV und der jüngst investierten Position A.P. Moeller-Maersk erläutert werden. Maersks Aktienkurs war analog zu den rückläufigen Frachtsätzen und Ölpreisen Anfang 2016 eingebrochen. Das Absolute Return-Team ging im Mai 2016 eine Long-Position in diesen Titel ein, da das Fondsmanagement die Bewertung als ungerechtfertigt sah. Die ersten Monate machte die Position Verluste, was jedoch ermöglicht sie weiter auszubauen.
Im November sprach das Unternehmen dann eine Gewinnwarnung aus. Der Aktienkurs brach ein und das Absolute Return-Team überlegte, die Papiere zu verkaufen. Aber der Bericht enthielt nichts ausdrücklich Neues. So nutzte das Management die Schwächephase und kaufte mehr Anteile. Innerhalb weniger Wochen veränderte sich die Auffassung des Marktes im Hinblick auf die Aktie. Durch den Zusammenbruch eines großen Konkurrenten ergaben sich neue Geschäftschancen für Maersk. Zudem gab es Neuigkeiten über eine neue Schifffahrtsallianz zwischen drei japanischen Firmen, was die Angebotsdynamik am Markt zugunsten des Unternehmens veränderte. Anfang Januar dieses Jahres hatte sich die Aktie wieder von ihren Tiefständen erholt.
Im Nachhinein hätte das Absolute Return-Team den Anteil der Unternehmensanteile am Fondsvermögen im Anschluss an die Gewinnwarnung auch stärker steigern können. Die zweite Möglichkeit wäre gewesen, den Anteil nach der Verlustmeldung auf null zu senken. Die Entscheidung, schrittweise aufzustocken, liegt zwischen einer Über- und einer Unterreaktion.
Inkrementalismus kann Fehler begrenzen und unter Umständen die Kurzsichtigkeit anderer ausnutzen, wenn der Markt auf Informationen zu wenig oder zu stark reagiert. Ein weiterer Vorteil ist, dass dieser Ansatz dazu zwingt, seine ursprüngliche Haltung jedes Mal, wenn eine Anpassung der Position in Erwägung gezogen wird, zu kontrollieren und neu zu überprüfen. Ein gradueller Ansatz begrenzt möglicherweise auch den eigenen Markteinfluss: Das Streben nach Marktliquidität ist weniger wahrscheinlich, was in Bezug auf die Transaktionskosten von Vorteil sein kann.
Der Nachteil des Inkrementalismus ist, dass er Opportunitätskosten verursachen kann. Wenn sich eine Sicht auf eine Aktie als richtig erweist, wäre es eigentlich vernünftig gewesen, gleich zu Beginn eine größere Position einzugehen. Auch die Verwaltungskosten können steigen, da Manager eher 40 kleine Deals machen statt eines großen.
Zudem ist es weniger wahrscheinlich, dass auf Informationen, die der ursprünglichen Anlagethese eklatant widersprechen, auch drastisch reagiert wird, was insbesondere bei Short-Positionen wichtig wäre. Gibt es Anzeichen für eine Fehlentscheidung, ist es sinnvoll, die Position zu schließen.
Bei Absolute-Return-Strategien hat Stabilität jedoch einen besonderen Stellenwert, weshalb entgangene Erlöse bis zu einem gewissen Grad in Kauf genommen werden können. Gleichzeitig regt Inkrementalismus dazu an, seine Arbeit kontinuierlich zu überprüfen. So werden Probleme identifiziert und Verluste eingedämmt.