Köln. Ihre Spur zieht sich durchs ganze Land und verläuft nicht nur in den Großstädten, sondern auch durch Randgebiete, kleinere Ortschaften und Vorstädte: Gemeint sind die organisierten Verbrecherbanden, meist ausländischer Herkunft oder sogenannte Deutsche mit Migrationshintergrund, wenn man den Kriminalstatistiken glauben darf, die per Telefon deutsche Rentner und Senioren ausfindig machen und dann mittels des berühmt gewordenen „Enkeltricks“ um meist mehrere tausend Euro bringen. Manchmal geht es auch um die gesamten Ersparnisse einzelner Personen, meistens Seniorinnen, die sich die Gauner nach vorherigem Telefonterror erschleichen.
Mit dieser üblen Masche werden immer mehr ältere Menschen im Land ausfindig gemacht und dann systematisch betrogen. Zwar wird in den Medien wie Zeitung und vor allem Fernsehen mittlerweile regelmäßig vor diesen Trickbetrügern gewarnt, aber wer will es den oft hochbetagten Menschen übel nehmen, dass diese nicht in der Lage sind, sich solche Sachverhalte gut zu merken, um dann angemessen darauf zu reagieren. Viel mehr sollten die nächsten Angehörigen wie Kinder und Enkel es sich zur Aufgabe machen, ältere Familienmitglieder immer wieder aufzuklären und zu warnen. Der Ablauf bei diesem Betrugsmasche ist immer dieselbe: Die gut organisierten Banden, meist in Callcentern zusammengeschlossen und nach striktem Muster agierend, suchen sich in Telefonverzeichnissen ältere Menschen aus, anhand derer Vornamen man rückschließen kann, dass es sich um Personen älterer Generationen handelt. Also um altdeutsche Namen wie Gerda, Helga, Edeltraut oder Marianne bei den Seniorinnen, oder Heinz, Hans, Siegbert oder Erich bei den Männern. Dann wird versucht, Telefongespräche dieser Leute abzuhören indem man sich illegal Zugang zu den Verbindungen beschafft, um auf diese Weise Gesprächsdetails und Namen anderer Personen zu erfahren, die man bei späteren fingierten Anrufen verwenden kann.
Solche Telefonate erfolgen dann gespickt mit Details, die nur Beteiligte kennen können, und machen es so den Gaunern leicht, authentisch zu klingen und auch als „echte Verwandte“ identifiziert zu werden. Dann ist es meist ein Leichtes, die überrumpelten Senioren dazu zu bringen, ihre Ersparnisse oder zumindest größere Geldbeträge an wildfremde Personen zu übergeben, die im Auftrag des Enkels oder anderer Familienangehöriger geschickt werden. Ist ein Abhören von Telefongesprächen technisch nicht möglich, wird ein Gesprächsleitfaden ausgearbeitet, nach dessen Vorgaben ein Anruf mit verstellter Stimme bei einem der Senioren getätigt wird, in dessen Verlauf der Anrufer oder die Anruferin sich als Enkel oder entfernter Verwandter ausgibt. Die Tatsache, dass sich der oder die Angerufene nicht erinnern kann, wird genutzt, um eine um Jahre zurückliegende Gesprächs- oder Kontaktsituation zu beschreiben, die tatsächliche verwandtschaftliche Verbindungen widerspiegeln soll.
Durch geschicktes Insistieren und Nachhaken wird der Angerufene so verwirrt, dass er echt oder unecht nicht mehr unterscheiden kann. Dabei wird eine vermeintliche Notsituation als Anlass genommen, um beim Angerufenen nach Geld zu fragen. Meist in der Größenordnung von mehreren tausend Euro. Mehrere Anrufe erfolgen dann immer in kurzen Zeitabständen, um die Bereitstellung des geforderten Geldes zu besprechen und um die angerufene Person zu drängen, sich nur noch um die Beschaffung des Geldes von der Bank, am Geldautomaten oder auch aus dem privaten Versteck zu kümmern. In der Regel wird 5 bis 6 mal in der Stunde angerufen, um dem Opfer keine Zeit zu geben, in Ruhe nachzudenken oder andere Familienmitglieder zu kontaktieren. Wenn dann das Geld in bar zu Hause bereit liegt, wird eine Kontaktperson, meist weiblich, losgeschickt, um das Geld im Haus des Opfers abzuholen. Wurde das Geld erst einmal übergeben, ist es auf Nie-Wiedersehen verschwunden und der Ärger der Betrogenen riesengroß. In fast jedem Bundesland gibt es bei der Kriminalpolizei mittlerweile Arbeitsgruppen namens „Enkeltrick“, die sich mit diesen Betrugsvergehen beschäftigen.
Es werden auch viele Verdächtige festgenommen und verurteilt, doch oft handelt es sich dabei um reisende Tätergruppen, die sich über Prepaid-Handys mit ihren Opfern in Verbindung setzen, diese bestehlen und dann weiter ziehen. So wird eine Festnahme oder Ortung der Täter deutlich erschwert. Die Täter sind oft Personen aus dem europäischen Ausland, oder sie wohnen im Land und nutzen den Sprachvorteil, dass sie als Nicht-Deutsche am Telefon nicht identifiziert werden können. Interessant in diesem Zusammenhang war die Aussage eines türkischstämmigen gefassten Täters, der auf die Frage nach seiner Motivation und seinem Unrechtsempfinden gegenüber den wehrlosen alten Menschen antwortete: „Unsere Großeltern wurden als Gastarbeiter in den 60er-jahren in Deutschland um einen gerechten Lohn betrogen, also betrügen wir jetzt die Deutschen um ihr Geld.“ Dieses zeigt deutlich, wie es um die Integrationsbemühungen und um ein geordnetes soziales Miteinander in Deutschland bestellt ist.