Leipzig. Eines erst einmal vorne weg: Je mehr die Nachfrage nach Bioware aus deutscher Landwirtschaft steigt, desto schwieriger wird es, einerseits Produktionsflächen zu besorgen und andererseits die Herstellung von Bio-Futtermitteln als auch Bioprodukten zu überwachen und zu kontrollieren. Das nutzen die Produzenten von Waren mit dem Biosiegel schamlos aus. Mehr und mehr. Die vielen schlechten Nachrichten aus der Landwirtschaft über den Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln, Genmanipulationen und gesundheitsschädlichen Produkten haben viele Konsumenten in Deutschland verunsichert. Immer mehr von ihnen treibt es in die Arme der Bio-Produzenten, die angeblich ökologisch einwandfrei den Anbau gesunder Lebensmittel garantieren. Doch dieses Märchen von der heilen BIO-Welt glauben mittlerweile nur noch hartgesottene Öko-Verfechter. Denn die Realität sieht ganz anders aus. Immer öfter kommen landwirtschaftliche Produkte auf den Markt, die mit Bioware nichts zu tun haben. Traurig aber wahr. Damit es nicht sofort auffällt, lassen deutsche Biounternehmen mittlerweile weit weg in Osteuropa anbauen, ernten und verarbeiten.
Dass dort der biologische Anbau völlig anders interpretiert wird als bei uns, stört erst einmal niemand, solange die Nachfrage so groß ist nach Bio-Produkten, dass sie in Deutschland durch deren Bauern nicht befriedigt werden kann. Dann bleibt nur der Ausweg in Richtung Osteuropa-Anbau. Angeblich sollen klimatische und ökonomische Bedingungen zu einer besseren Qualität der Produkte beitragen. Bio, das war einst der Gegenentwurf zur industriellen Landwirtschaft. Gute Nahrung aus ökologisch kontrolliertem Anbau, ohne chemischen Pflanzenschutz, ohne Kunstdünger, aus artgerechter Tierhaltung. Klasse statt Masse. Jetzt verschwimmen die Grenzen. Denn die deutschen Verbraucher geben Milliarden Euros dafür aus (2016 ca. 9,5 Milliarden), dass sie das gute Gefühl gesunder Ware inklusive einkaufen, wenn sie überteuerte Produkte aus dem Bioladen erstehen.
Da in Deutschland aber überhaupt keine Ackerflächen vorhanden sind, um der Nachfrage nach BIO zu entsprechen, treibt es mittlerweile auch deutsche Anlagefirmen und Fondsanbieter so weit, dass sie mit Fondsgeldern Ackerflächen in z.B. Rumänien ankaufen, um dort Platz für die Bio-Produktion zu schaffen. Im ersten Moment scheint das sinnvoll und auch eine Marktlücke, aber beim genauen Hinsehen kommen andere Fakten zutage. Vereinzelt geben auf Nachfrage Verwalter von landwirtschaftlichen Betrieben Osteuropas zu, dass ohne den Einsatz von Pestiziden keine adäquaten Mengen produzierbar sind. Und spätestens hier endet der Traum vom sauberen Bioprodukt. Besonders übel stößt es unabhängigen Prüfern auf, dass osteuropäische Bioware in Deutschland bei der Ankunft umetikettiert wird, um den Eindruck deutscher Bioware zu vermitteln. Damit werden Verbraucher vorsätzlich getäuscht und betrogen, denn der höhere Preis wird für deutsche Bioprodukte von deutschem Anbau erhoben.
Ähnlich verboten geht es bei der deutschen Ei-Produktion mit dem Vermerk Bio-Ei zu. Besonders ein führender Hühnerhof in Ostdeutschland hat sich in letzter Zeit mit Negativ-Schlagzeilen hervor getan. Bei anonymen Überprüfungen wurde die artgerechte Tierhaltung angezweifelt, hygienische Zustände entsprachen nicht den Standards und die Fütterung von Millionen von Hennen geschah mit Futtermitteln, deren Zusätze nicht mit den Richtlinien der Bioproduktion zu vereinbaren waren. Das Meiste davon kommt aus der Ukraine, meistens Mais, von dem niemand weiß, unter welchen Bedingungen dieser angebaut und gedüngt wurde. Interesse an Information – Fehlanzeige. Hauptsache die Hühner legen ausreichend. Immerhin sprechen wir von jährlich etwa 80 Millionen Hühnereiern für den deutschen Markt. Dementsprechend werden also Bio-Eier verkauft, die keine sind. Und auch hier wird der Kunde betrogen. Der einzige Weg, um halbwegs sicher zu gehen, dass die Bioprodukte unbedenklich hergestellt und tatsächlich dem Bio-Standard entsprechen, ist, direkt beim Hersteller, also beim deutschen Bauern zu kaufen. Dort ist es oft auch möglich, Lebens -und Anbaubedingungen von Vieh und Gemüse zu überprüfen, weil Landwirte oft den Blick „hinter die Kulissen“ erlauben. Dann ist es gerechtfertigt Preise zu bezahlen, die deutlich über dem Supermarkt-Niveau liegen. Alles andere scheint – deutlicher denn je – Beschiss zu sein.