Köln. Eigentlich sind neue Trends gerne gesehene Innovationen, die unseren Alltag bereichern, uns zum Nachdenken bringen oder einfach ein neuartiges Zeitgefühl zum Ausdruck bringen. So auch die neue Hipster-Kultur als ein in den Medien verbreiteter, zumeist etwas spöttisch gebrauchter Name für ein Milieu, deren Angehörige ihrem Szenebewusstsein – bei Gleichgültigkeit dem Mainstream gegenüber – extravagant Ausdruck verleihen. Meist handelt es sich um Jugendliche bis junge Erwachsene der urbanen Mittelschicht. Die Bezeichnung ist der gleichnamigen avantgardistischen Subkultur des mittleren 20. Jahrhunderts entlehnt. Man versteht sich zwar als Subkultur, aber ist inzwischen eher dem Mainstream zuzuordnen. Hipster könnte man als neues Lebensgefühl verstehen, welches den aalglatten Modetrends aus den Hochglanzmagazinen und Yellowpressberichten die kalte Schulter zeigt, das „Establishment“ ignoriert und selbstbewusst neue, eigene Wege geht. Hipster präsentieren einen eigenen Modestil, eine Melange aus altmodisch und modern, kultivieren lange Bärte und coole Hüte, und flippige Drinks in einem typischen Hipster-Ambiente. Dazu tragen die Vertreter dieses Trends gerne dicke Hornbrillen oder klassische RayBan-Modelle, Jutebeutel und individuellen Hairstyle (undercut genannt) – wenn möglich gepaart mit Vollbart. In fast allen Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts gab es diese neuen Trends als Ausdruck gesellschaftlichen Empfindens: Hipster könnte man mit Mots oder Poppern der 80er vergleichen. Vor allem nicht uniform zu den Etablierten, lieber ein stylisches Übereinkommen mit den eigenen Leuten, die den neuen gradlinigen, aber neutralen Lebensstil verkörpern.
Dabei sind Hipster ein eigenes „Völkchen“ mit eigenen strengen Regeln, was Optik und Accessoires betrifft; Jeans mit hochgekrempelten Hosenbeinen, möglichst schlanke Fesseln, Stelzen wie man früher scherzhaft sagte, denn dicke Beine gehen gar nicht. Holzfällerhemd, nicht alt, sondern modisch, und der angesprochene Jutebeutel. Aber auch hier keine Billig-Version, sondern möglichst einzigartig in Gestaltung und mit Abzeichen oder Aufdrucken anderer „Kulturkreise“. Wer zu den Hipstern gehört, sagt von sich selbst: Ich bin trendy, weil ich diesen speziellen Geschmack habe und verkörpere, nicht einfach aus dem Internet kopiert, sondern als Lebenseinstellung und Spiegel meiner personality. Ah ha. Haben wir verstanden. Des Weiteren legt der Hipster Wert darauf, urbane Viertel zur Hipster-Region umzustylen und öde verkommene Stadtviertel in Großstädten mit Gleichgesinnten zu bevölkern. In Szenecafes werden auffällig viele Tablet-PCs und Notebooks in Position gebracht, chic ist, den kostenlosen Wlan-Empfang zu nutzen und ein geschäftiges Treiben am besten in Business-Manier zum Besten zu geben. Hipster sind on vogue mit ihrem ganzen Auftreten und einem Habitus, der sie von den anderen Szene-People abgrenzt. Da man im Allgemeinen mit Handy oder Tablet viel beschäftigt ist, bleibt keine Zeit für Konversation.
Eher gelangweilt soll der Gesichtsausdruck sein, dazu schlürft man lässig seinen Matetee und dokumentiert wenig Interesse am sozialen Miteinander. Lieber feiert man den Individualismus mit sich selbst, grübelt über den nächsten Job im Medien-Business oder trifft es am besten, wenn man von der Kohle der Eltern so lange wie möglich leben kann. Dafür ist man gegen Nichts und für Nichts, grüßt jovial seinesgleichen im whatsapp-Dialog und hält sich mit politischen Statements zurück. Eigentlich ist der Hipster ein Anti-Typ, der sich als Vorbild die Weißen der Unterschicht aussucht – white trash genannt. Witzig beim Auftreten der Hipster ist allerdings, dass diese sich gar nicht als solche zu erkennen geben wollen und den Hipster-Style verleugnen, frei nach dem Motto: Ich bin ich, aber kein Hipster. Der Kopfhörer klebt auf dem schön gescheitelten Haupthaar, das Handy immer am Ohr oder in Betrieb, Lederband am Handgelenk und wenn nicht der Mate-Drink, dann der Becher mit coffee-to-go: markante Erkennungszeichen, die ihn aus der Masse hervorheben und für jedermann zu erkennen geben. Irgendwo sind alle Hipster, die ein bisschen anders sein wollen als die Masse, aber keiner will es letztendlich zugeben. Schließlich ist Hipster auch nur ein Klischee, dem alle auf ihre Art irgendwann den Mittelfinger zeigen.