Essen. Es gibt eine Zeitung in Deutschland, die hat sich einen Namen als meistgelesenes Boulevard-Blatt Deutschlands bzw. Europas gemacht. Mit täglichen Millionenauflagen und Lesern im 2-stelligen Millionenbereich punktet das Massenblatt mit reißerischen Überschriften und marktschreierischen Texten bei seinen Lesern.
Ekelhaft, wie sich die Redakteure und Schmutzschreiber des Hamburger Verlages bemühen, neue Überschriften zu kreieren, die den Rahmen der Toleranz nicht selten überschreiten. Da kommt der Fall des Unternehmers Anton Schlecker gerade recht, um ihn und seine Familie an den Pranger zu stellen und öffentlich bloß zu stellen. Den Mann, der es als Firmengründer geschafft hat, aus einem einzelnen Drogerie-Laden im Jahr 1975, eröffnet in Ehingen, ein Imperium von mehr als 10.000 Drogeriemärkten in Deutschland und Europa aufzubauen. Erst gefeiert, respektiert und als Arbeitgeber ausgezeichnet, wird einer der großen deutschen Unternehmer nunmehr schamlos angegiftet und seiner Ehre beraubt. Indem man versucht, aus seiner Tätigkeit als Kaufmann und Beschaffer von mindestens 50.000 Arbeitsplätzen eine kriminelle Geschichte zu basteln, nur weil der Mann am Ende seiner beruflichen Laufbahn, die dem Staat Hunderte Millionen an Steuern eingebracht hat, die erfolgreiche Führung seines Imperiums aus der Hand geben mußte und in die Insolvenz gegangen ist. Und im Tenor dieses „Blattes“ diskutieren jetzt Tausende im Lande über die Verfehlungen dieser bekannten Unternehmer-Familie. Wer von uns kann nicht nachvollziehen, dass dieser Mann versucht, vor dem Hintergrund drohender Zahlungsunfähigkeit noch wenigstens Einiges zu retten, damit ihm etwas bleibt am Ende des Insolvenzverfahrens. Alle die, die jetzt mit erhobenem Zeigefinger dastehen und ihm sogar Insolvenzbetrug vorwerfen, sollten sich einmal fragen, ob sie nicht auch in manchen Situationen ihres Leben versucht haben, Geld vor dem Fiskus zu retten, z.B. durch das Nicht-Anmelden der Putzfrau oder beim Ausfüllen der Steuererklärung. Alles nur Kleinigkeiten, aber dennoch vor dem Gesetz ganz klar als Steuerhinterziehung oder schlimmstenfalls Betrug bezeichnet. Und all diese Schreihälse, die in ihrem Leben selbst nie eine derartige Karriere wie A. Schlecker machen werden, kommen nun aus ihren Löchern und demontieren den ansonsten respektablen Ruf des Drogeriekönigs a.D. Schlecker hat seiner Familie vorsorglich Gelder übertragen und versucht seine Möglichkeiten auszuschöpfen, die ihm blieben, um Teile seines von ihm erworbenen Vermögens zu retten.
Haben wir nicht ähnliche Situationen überall im Land, wenn es z.B. um die Erbschaftssteuer geht? Ein Familienmitglied vermacht uns Geld und Besitz, aber dann kommt das Finanzamt und hält die Hand auf, um seinen Teil über den gesetzlichen Freibetrag hinaus einzufordern. Wer würde nicht alles dafür tun, um die Steuerlast möglichst klein zu halten und hier und dort versuchen, doch noch den ein oder anderen Betrag vor dem Fiskus zu retten. Nichts anderes tat Schlecker – zwar in größerem Stil, aber… Da geht es ja erst richtig los: wie viel sehr vermögende Personen, Millionäre und Milliardäre, gibt es in Deutschland, die irgendwann zu Erblassern werden. Wer möchte da annehmen, dass all diese Leute einfach mal einen Großteil ihres Besitzes klaglos abgeben. Da wird genau wie im Fall der Familie Schlecker rechtzeitig begonnen, Vermögenswerte irgendwie und über hundert Ecken aus der Hand der Finanzbeamten zu reißen und zu behalten. Also, am besten sollten sich alle, die hier betroffen sind, an die eigene Nase fassen und dem Sensationsjournalismus eine Abfuhr erteilen.