Frankfurt/Main. Wer glaubt, zu viel Miete zu bezahlen, sollte nach München schauen. Dort gibt es ein Objekt in der Stollbergstraße, das ist fünf Meter lang, keine drei Meter breit und fensterlos. Es kostet trotzdem 14 Euro Miete pro Quadratmeter im Monat. Es ist ein Tiefgaragenstellplatz.
Der Parkplatzirrsinn hat Deutschland fest im Griff: Jedes dritte Auto, das in der Großstadt unterwegs ist, fährt laut einer Studie der Prognos AG nur herum, weil sein Fahrer eine Lücke sucht. 560 Millionen Stunden im Jahr sind die Deutschen demnach allein mit dem Aufspüren von Abstellplätzen beschäftigt.
Das ist vertane Zeit — aber eben auch ein Markt für diejenigen, die Abhilfe versprechen. Rund ein Dutzend Start-ups in Leipzig, Berlin oder München sind entstanden, die das Zivilisationsproblem Parkplatznot lösen wollen.
Ampido ist eines davon. Als die Universität Köln ihr Parkhaus abreißen ließ, fragten die Studenten Adalbert Rajca, 34, und Yasotharan Pakasathanan, 33, bei Anwohnern nach, ob sie deren Garagen tagsüber nutzen könnten, weil die ohnehin meist leer standen. Bei den Kommilitonen fand das Angebot Anklang, und die Garageneine Einfahrt, was ein Parkplatz? Vor allem aber ist die Frage unbeantwortet, wem die Daten am Ende gehören.
Außerdem bleibt das Grundproblem bestehen: Nur weil gerade ein Parkplatz frei geworden ist, heißt das nicht, dass er noch unbesetzt ist, wenn der Autofahrer mit der App das Signal bekommen hat und seinen Wagen zur vermeintlichen Lücke lenkt. So könnte die gut gemeinte Hilfe schnell zu neuem Frust führen.
Silvan Rath geht deshalb einen anderen, schnelleren Weg. Sein Start-up Parktag liest Handydaten aus und berechnet so die Wahrscheinlichkeit, an bestimmten Stellen einen Parkplatz zu bekommen. Das System schlägt also Alarm, bevor die Lücke überhaupt frei geworden ist. „Ein Smartphone produziert stündlich ein Gigabyte an Daten von 13 Sensoren. Die werten wir aus“, sagt er. Bricht das WLAN ab, hat der Besitzer wohl gerade das Büro verlassen. Registriert das Gerät Erschütterungen, wird er zum Auto laufen, ändert sich der Luftdruck, sitzt er drin und fährt gleich los — ein Platz wird frei. „Die Fehlerquote liegt bei zwei Prozent. Alle Daten werden ohnehin ständig erhoben. Wir nutzen sie nur“, relativiert Rath mögliche Datenschutzbedenken.
In Berlin funktioniert das System schon leidlich, in anderen Städten fehlt die kritische Nutzermasse. „Niemand wird sich künftig extra eine App nur fürs Parken herunterladen“, glaubt Rath, „das muss in Mobilitätssoftware integriert sein.“
Bis dahin bleibt Platz für simplere Geschäftsmodelle. Wie das des US-Startups Luxe. Hier übernimmt ein Fahrer den Wagen des Kunden, der per App zum gewünschten Ort beordert wurde, und parkt ihn irgendwo. Per Smartphone bestellt man sein Auto bei Bedarf wieder zurück. Kosten für den Dienst: rund fünf Dollar die Stunde.
Doch was ist, wenn der gebuchte Parkplatz von einem anderen weggeschnappt worden ist? Die App hat für solche Fälle eine Denunzierfunktion: Der Nutzer solle ein Foto schießen, die Zentrale des Startups kümmere sich um einen Abschleppwagen, während der Kunde einen Ersatzstellplatz bekomme.
Die Idee könnte den Markt grundlegend verändern: Parkhauskonzerne wären dann bloß noch Anbieter von Parklücken, abhängig von verschiedenen Plattformen. Die Parkplatzbetreiber müssten Provisionen bezahlen.
Die Konkurrenz um das Geschäft mit abgestellten Autos ist groß. Siemens etwa setzt auf Sensoren an den Straßen, die einen freien Parkplatz erfassen. Das dürfte allerdings mühsam werden, da die Kommunen zu wenig Geld für die notwendigen Investitionen haben. Schon jetzt ist Parkraumbewirtschaftung für sie häufig ein Minusgeschäft.
Auch die deutschen Autokonzerne mischen im Kampf um die Lücke mit. BMW und Mercedes basteln an Lösungen, bei denen Fahrzeugsensoren die Parksituation im Vorbeifahren scannen. Experten rechnen damit, dass mindestens sechs Prozent aller Autos als Datenlieferanten vonnöten wären, bis ein solches System funktioniert. Zumal die Fehlerquote hoch ist.