Köln. Edeka liebt bekanntlich nicht nur Lebensmittel, sondern auch die Konkurrenz, die das Unternehmen selbst gerne verspeist. Aber nun auch Nazis? Der weihnachtliche Edeka-Werbespot ist diesmal mit Nazi-Symbolen verseucht. Dies will die Direktorin der Hamburger Landeszentrale für politische Bildung herausgefunden haben. Einer der Vorwürfe: In dem Spot taucht die Zahl »3849« auf, als Teil einer Autonummer. Die Zahl als Ganze wirkt unverdächtig, aber sie enthält »84« und »39«, beides bedeutet angeblich irgendwas. Mir ist sofort Nena eingefallen. Nenas Songtitel 99 Luftballons enthält ja dreimal 33, das Jahr von Hitlers Machtergreifung. Nena will drei »Dritte Reiche« — so viel Nazi schafft nicht mal Edeka. Außerdem wird in dem Spot Mensch ärgere Dich nicht gespielt. Dieses Spiel transportiere den Geist der Neuen Rechten. Meiner Ansicht nach ist die Direktorin eine aus dem grönländischen Eis aufgetaute Nazi-Agentin, die den Antifaschismus lächerlich machen soll. Beweis: Sie heißt mit Vornamen »Sabine«, und wofür die Buchstaben »SA« stehen, weiß nun wirklich jeder.
Ich habe mich früher hin und wieder über Genderforschung lustig gemacht, dies bereue ich insofern, als ich dabei die Soziologie vernachlässigt habe. Das fiel mir wieder auf, als ich, wie so oft, zur Entspannung in der Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie blätterte, Juli-Nummer. Sie brachten einen Aufsatz über Geburtsvorbereitungskurse, in denen diese Kurse und auch die Hebammen des Sexismus in einem besonders schweren Fall angeklagt wurden. Geburtsvorbereitungskurse, in denen es naturgemäß vor allem um das Gebären geht, würden »Geschlechterdifferenzierungen legitimieren«. Den Frauen wird von den Hebammen beigebracht, dass es einen »objektiven« Unterschied zwischen Männern und Frauen gebe, obwohl doch jede fortschrittliche Soziologenperson weiß, dass »Männer« und »Frauen« in Wirklichkeit nicht existieren. Das ist alles nur ein Spukbild, welches von bösen Männern in die Welt gesetzt wurde. Böse Männer, und nur diese, scheint die Natur also tatsächlich und objektiv hervorgebracht zu haben.
Die Kurse seien, so die Anklage, »stark auf weibliche Körperlichkeit fokussiert«, mehr noch, es wird »über die weiblichen Geschlechtsteile gesprochen«. Dabei wäre doch, sage ich, gerade zwei Wochen vor der Geburt der ideale Zeitpunkt gekommen, um die Hochschwangeren über Erektionsprobleme und Bartpflege zu informieren. In den Kursen werde den Frauen eingeredet, dass entzündete Brustwarzen, etwa durch Stillen, ein »Frauenproblem« seien. Jedes Kind weiß, dass auch Männer Brustwarzen besitzen, und wenn die Männer sich beim Stillen etwas mehr einbringen würden, dann wären die auch entzündet. Fazit des Aufsatzes: »Durch die biologisierte Form der Geburtsvorbereitung wird die Frau als eine Art Gefäß für das Heranreifen des Kindes gedeutet.« Gedeutet, das heißt, auch Schwangerschaft ist aus soziologischer Perspektive bloß eine sexistische Konstruktion, die Frauen bilden sich das nur ein. Konsequenterweise fordern die Autorinnen die Abschaffung von Geburtsvorbereitungskursen, für diese gebe es »keinerlei Notwendigkeit«. Da kommt eine neue Debatte auf uns zu. Die Hoffnung, dass so etwas nicht den Weg in die Parteiprogramme von Grünen und SPD findet, habe ich längst aufgegeben, die CDU zieht dann nach. Die Autorinnen fordern außerdem, die Sprachregeln weiter zu verschärfen, Wörter wie »Mutterkuchen«, »bemuttern« oder »Muttermilch« seien aus feministischer Perspektive abzulehnen.
Als Ersatz stehen immerhin »Personenkuchen«, »bemenschen« und »Elternmilch« bereit. »3849 Liter Elternmilch« ist dann aber wieder eine Nazi-Botschaft.